Die Plattform, auf der sein rund 400 Kilo schweres Upright-Piano steht, ruht auf einer satten grünen Sommerwiese. Während unweit davon ein Skilift gemächlich seine Runden dreht, verfängt sich im Hintergrund der Szenerie ein dicker Wolkenfetzen in einem Felsmassiv. Der Konzertsaal an diesem Abend ist der Gipfel des 2100 Meter hohen österreichischen Berggipfels Wildkogel, mit einem atemberaubenden Blick in die Ferne. Joe Löhrmann lässt sich die letzten goldgelben Sonnenstrahlen des Tages ins Gesicht scheinen, begrüßt seine Gäste und macht wieder einmal das, wofür er am meisten brennt: Menschen, die Ruhe der Natur und die Klänge seines Instruments miteinander zu vereinen.
Der musikalische Werdegang des heute 40-jährigen Hannoveraners beginnt im Alter von fünf Jahren, als er zunächst spielerisch die weißen, und schwarzen Tasten des Familien-Klaviers erkundet. „Ich hatte dann mit acht Jahren einmal die Woche Unterricht, allerdings nur, bis meine Klavierlehrerin mich nach ein paar Jahren herausgeworfen hat, weil ich nur selten das geübt habe, was ich sollte.” Im Gegensatz zu anderen jungen Menschen in seinem Alter braucht der Nachwuchspianist keinerlei Einfluss von außen, um sich mehr und mehr in sein Instrumental zu verlieben. „Ich habe mich mal kurz an der Blockflöte versucht und kann ein paar Akkorde auf der Gitarre spielen, aber am Klavier habe ich mich immer zu Hause gefühlt.” Löhrmann ist zirka 14 Jahre alt, als er gemeinsam mit der Schulband die Theater-Gruppe sowie das Eltern-Lehrer-Kabarett bei den Auftritten begleitet. „Ich denke man kann sagen, dass das meine ersten Auftritte waren.” Löhrmann erinnert sich: „Ich wollte die Musik eigentlich nicht zu meinem Beruf machen. Ich hatte Angst, das könnte mir die Lust am Klavierspielen nehmen.”
Der heutige Berufsmusiker lässt sich also zunächst zum Automobilkaufmann ausbilden. Eine Zeit, in der ihm immer bewusster wird, dass sein persönliches Glück in diesem Beruf nicht zu finden ist. „Ich war einfach nicht glücklich mit den Abläufen, Mustern und Prozessen, in die ich mich eingliedern sollte.” Vielleicht war es also gerade die Erfahrung, nun zu wissen, was er in seinem Leben nicht wollte, die den Anstoß dazu gab, herauszufinden, was ihn wirklich glücklich machen würde. „Ich habe gekündigt und bin auf eine Weltreise gegangen. In dieser Zeit habe ich mich reflektiert und aufgeschrieben, was ich mir für meine Zukunft vorstelle.” Am Ende seien es zwei Worte gewesen, die immer wieder aufgetaucht seien. „Ich liebe das Reisen und das Klavierspielen. Damals hielt ich es allerdings für unmöglich, diese beiden Dinge miteinander zu verbinden.” Auf seinem Trip habe er jedes Klavier, das ihm begegnet sei, bespielt, und so sei irgendwann der Gedanke aufgekommen, wie es wohl wäre, immer sein eigenes mobiles Instrument dabei zu haben.
Zurück in Deutschland, absolviert er ein Tourismusmanagement-Studium. „Danach gab es dann einen Moment, an dem ich dachte: Egal ob das was wird oder nicht, ich will es einfach versuchen.”
Löhrmann baut schließlich ein Piano auf einer mobilen Plattform in einen Camper-Van und gibt erste Straßenkonzerte in deutschen Städten. „Die Plattform ist selbstfahrend. Die Tasten sind beleuchtet und in meinen Sonnenschirm ist ein LED-Sternenhimmel eingebaut”, schwärmt der Musiker von der Eigenkreation. Gleich zu Beginn seiner Städtetour werden in der Bremer Innenstadt erste Medien auf den jungen Künstler aufmerksam und berichten über sein ehrgeiziges Projekt. „Die Berichterstattungen haben mich natürlich gleich ein gutes Stück bekannter gemacht.” Diesen Schwung nutzend, erspielt sich Löhrmann in den kommenden Jahren in rund 50 Ländern die Gunst vieler Menschen und baut sich so eine Fan-Base auf. „Natürlich gab es Höhen und Tiefen in den elf Jahren, allerdings habe ich die Entscheidung von damals keine einzige Stunde bereut.” Mittlerweile sind der Musiker und das mobile Instrument kaum noch auf öffentlichen Straßen und Plätzen anzutreffen. „Ich konzentriere mich auf Konzerte an besonderen Orten. Meine Musik ist leise und berührend und wirkt am besten in der Stille, und das geht gerne mal in der Hektik einer Stadt unter.” Auf der thailändischen Insel Koh Pangan begeisterte er die Zuhörer beispielsweise mit einem Konzert direkt am Strand. „Ich habe auch schon mal auf einer schwimmenden Plattform auf einem See gespielt. Mit dem aufgehenden Vollmond im Rücken war das absolut sensationell.”
Löhrmann hat in den vergangenen Jahren ein Buch (My traveling Piano – mit dem Klavier um die Welt) geschrieben und drei Alben veröffentlicht. Unter anderem das 2014 erschienene Werk „Follow the Sun”, dessen zehn Musikstücke komplett an einem thailändischen Strand entstanden seien. „Ich habe mir einen Bungalow gemietet und dort ein Piano mit Blick aufs Meer aufgestellt. Die Natur um mich herum hat mich unheimlich inspiriert.” Seine Musik gehe in dieselbe Richtung wie die des italienischen Komponisten und Pianisten Ludovico Einaudi. Natürlich mit seiner ganz eigenen Note versehen. „Bei meinen Konzerten spiele ich ausschließlich instrumentale Stücke. Die meisten davon sind meine eigenen. Allerdings streue ich auch hier und da mal ein Cover ein, wenn es zu der Stimmung passt.”
Joe Löhrmann wird am kommenden Freitag, dem 29. September 2023 das erste Mal auf Mallorca am Piano sitzen. „Ein Freund trat mit der Idee an mich heran, und ich war zwar schon mal auf Mallorca, aber habe bisher noch nie dort gespielt.” Das zirka eineinhalbstündige Konzert findet auf einer Event-Finca in der Gemeinde Felanitx statt. „Ich hätte super gerne auch am Strand oder in der Natur gespielt. Allerdings kenne ich mich hier mit den Genehmigungsprozessen nicht aus, und wenn, dann muss das schon alles auf legalen Füssen stehen.” Ein Natur-Konzert auf der Insel sei für Löhrmann nichtsdestotrotz ein Projekt für kommenden Jahre.
Infos zum Konzert
Joe Löhrmann - Insel Piano Konzert auf Mallorca
Wann: Freitag, 29.9.
Wo: Casa Wald, Diseminado Segunda Volta, 117, Felanitx
Tickets: Standardticket Erwachsener 45 Euro, Kinder (6 bis 18 Jahre) 25 Euro
Web: www.mytravelingpia no.com/concerts