Anstelle von Bier und Wein gehen am frühen Morgen Milch und Saft über die Theke. Denn Gäste sind noch keine da, stattdessen krabbelt die einjährige Edyta zwischen den Stühlen herum, während ihre große Schwester Matylda am Tisch mit Knetmasse spielt. Es ist ein Morgen in Artá auf Mallorca während der spanischen Sommerferien mit geschlossenen Schulen und Kitas. Drei lange Monate, die Residenten-Eltern vor Herausforderungen stellen.
So geht es auch Katharina und Mirko Perkovic, die seit zwei Jahren in Cala Rajada leben. Aus Dinslaken kamen die beiden auf die Insel und verdienten ihren Lebensunterhalt unter anderem mit einer Social-Media-Agentur. Vor vier Monaten sind sie unter die Gastronomen gegangen und haben ein Tapas-Restaurant in Artá eröffnet. Seitdem jonglieren sie zwischen Kinder- und Gästebetreuung.
„Das war die Zerreißprobe unseres Lebens”, sagt der 37-jährige Familienvater. Wie das Paar zu dem Lokal kam, soll purer Zufall – oder Fügung, wie es Mirko Perkovic sieht – gewesen sein. Aus reiner Neugierde habe er die Immobilienplattform Idealista durchforstet, „um mal zu schauen, was es so gibt auf dem Markt”. Als er die Gaststätte sah, die ein anderer Deutscher abgeben wollte, fuhr er nach Artá, wo das Lokal bei der Guardia-Civil-Wache am Ortseingang liegt.
„Die Markisen waren gelb. Das ist meine Lieblingsfarbe”, erinnert sich Mirko Perkovic zurück. Seine Frau Katharina hingegen war wenig begeistert von der Idee, ein Restaurant zu betreiben. „Als ich ihr das vorgeschlagen habe, hat sie mir den Vogel gezeigt. Jetzt ist sie das Gesicht des Ladens”, ergänzt er sichtlich stolz.
Mit ein wenig Überzeugungsarbeit konnte Mirko Katharina für sich und seine Idee gewinnen. Für 90.000 Euro kauften sie das Lokal. Zwischen der Schlüsselübergabe und der Eröffnung des Kamarillo lag nur eine Woche. Kurz vor knapp mussten zum Beispiel noch die Speisekarten gedruckt werden. „Ich bin rein ins Wasser und musste sofort schwimmen lernen”, sagt Katharina.
Während Matylda mittlerweile mit Luftballons spielt und sich ihre kleine Schwester vor Müdigkeit die rot umrandeten Augen reibt, erzählt die 35-jährige Mutter und Neu-Gastronomin von dem Speisenangebot im Kamarillo. Neben klassischen Tapas stehen wechselnde Hauptgerichte auf der Karte. Gereicht werden Burger, Salate oder aktuell ein mit Filet Mignon belegtes Sandwich. Jede Tapa kostet fünf Euro.
1000 Euro, so hat es sich das Paar ausgerechnet, müssten jeden Abend erwirtschaftet werden, damit sich der Betrieb trägt. „An manchen Abenden haben wir schon 1800 Euro umgesetzt”, erzählt Mirko Perkovic. Das Paar spricht aber auch offen von Anfeindungen, die es von der deutschen Community im Osten der Insel erfahren habe. Gerüchte über gefakte Google-Bewertungen führt Katharina Perkovic als Beispiel an. „Das prallt an mir ab.”
Den Betrieb jeden Tag aufrechtzuerhalten, ist ein Spagat. Zusammen mit der Chefkellnerin Claudia und dem Koch Georgie steht Katharina meistens in der Gaststätte. Zu Hause kümmert sich Mirko um die beiden Töchter. Wenn dann die Betreuung tagsüber wegfällt, wie es in den wochenlangen Sommerferien auf Mallorca der Fall gewesen ist, wird der Alltag stressig.
Während Katharina „das Gesicht” des Kamarillo ist, arbeitet ihr Mann im Hintergrund mit. Er übernimmt zum Beispiel die Kommunikation mit Lieferanten. Natürlich müssen – neben dem täglichen Einkauf – auch Google-Bewertungen kommentiert und Social-Media-Kanäle bestückt werden. „Es ist sehr viel Arbeit, die viele Menschen oft gar nicht sehen”, sagt Katharina.
Ohne Erfahrung in der Gastronomie wagte die Deutsche den Schritt in die Selbstständigkeit. „In den vergangenen vier Monaten habe ich sehr viel gelernt”, resümiert sie. Das Publikum sei bunt gemischt, mal sitzen Italiener und Franzosen an den Tischen, mal mischen sich Spanier unter die Gäste. Meistens besteht die Klientel aber aus Deutschen.
Die ersten Wochen nach der Eröffnung des Restaurants ist das Paar außerdem von einem Kamerateam begleitet worden. Ende Juli wurde die erste Folge des Lebens der Familie Perkovic in der VOX-Serie „Goodbye Deutschland! Die Auswanderer” ausgestrahlt. Zusätzliche Unterstützung bekam das Gastronomenpaar von der Facebookgruppe „Cala Ratjada Insider”, die fast 30.000 Mitglieder zählt. Deren Gründer und Betreiber, Jürgen und Monika Umland, fällen ein klares Urteil nach dem Testessen vor der Kamera: „Fazit: Wir kommen wieder.”