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Deutsche auf Mallorca

Die Königin der Flohmärkte: So hat eine Deutsche auf Mallorca ihre neue Heimat gefunden

Seit 21 Jahren hat sich Sonja Visscher Secondhand auf der Insel verschrieben. Nebenbei tanzt die die Niedersächsin den Ball de Bot und trommelt bei den Dimonis mit

Sonja Visscher lebt seit 25 Jahren in Santa Ponça und arbeitet als Übersetzerin und Dolmetscherin. | privat

| Santa Ponça, Mallorca |

Im achten Monat hochschwanger, ist sie einst aus Isernhagen bei Hannover in Santa Ponça auf Mallorca angekommen. "Alles war so neu für mich, ich kannte niemanden und wusste nicht, wohin mit mir", erinnert sich Sonja Visscher zurück. Das ist jetzt 25 Jahre her, ihre Söhne sind mittlerweile erwachsene Männer und von der unsicheren jungen Frau von damals ist nicht viel übrig geblieben. Sie ist einer 56-Jährigen gewichen, die fließend Spanisch spricht und unter den Mallorquinern so integriert ist, wie man als Deutsche nur sein kann.

Wer auf der Insel einen Flohmarkt besuchen oder selber an einem Stand Sachen verkaufen möchte, kommt an dieser Frau nicht vorbei. Unter anderem organisiert sie jedes Jahr im November und Dezember die Flohmärkte auf dem deutschen Weihnachtsmarkt in Son Bugadelles mit tausenden Besuchern – Tendenz steigend. Im Jahr 2003 hat die Deutsche eher aus Zufall ihre Liebe zu Trödel entdeckt.

"Damals gab es auf Mallorca noch gar keine Secondhand-Märkte für Kinderkleidung. Einige Mütter und ich waren in einem deutschen Spielkreis mit unseren Kindern. Um Kindersachen untereinander weiterzugeben, haben wir im Tennisclub Palmanova einen kleinen Flohmarkt auf die Beine gestellt, mit nur zehn Tischen", erzählt sie über die Anfänge. Schon die erste Ausgabe wurde ein "voller Erfolg", immer mehr Eltern wollten einen Stand ergattern. Sonja Visscher musste sich nach neuen Locations umsehen und mit wachsender Größe kamen auch neue Herausforderungen.

"Man braucht bei größeren Veranstaltungen ein Konzept und muss viele Auflagen erfüllen." Für die 56-Jährige drohte das Hobby damals zur Bürde zu werden. Hilfesuchend wandte sie sich an die Gemeinde von Santa Ponça. "Die haben dann zu mir gesagt: 'Da ist ein Deutscher, der einen Weihnachtsmarkt organisieren will, frag' den doch mal!'", so die Niedersächsin. Auf diese Weise kam der Kontakt zu Holger Becker zustande, seit nunmehr 
16 Jahren arbeiten die beiden eng zusammen. "Es ist eine Win-win-Situation."

Tausende Menschen kommen jedes Jahr zu den Flohmärkten, die die Niedersächsin auf dem Gelände des deutschen Weihnachtsmarkts organisiert.

Dass Menschen heutzutage auch Apps wie Vinted oder Online-Börsen wie Facebook Marketplace nutzen können, um sich ihrer ausgedienten Sachen zu entledigen, merkt die Deutsche kaum. "Im Gegenteil, wir haben immer mehr Besucher. In den vergangenen fünf bis sechs Jahren kommen zudem viele Spanischsprachige dazu." Um die 100 Mails am Tag erhält sie im Vorfeld von Interessierten, ein ganzer Haufen Arbeit. "Die geht schon drei bis vier Monate vor den eigentlichen Terminen los", erklärt sie. Zusammen mit ihrer Schweizer Freundin Maria Sciarmella bewältigen die beiden die Organisation und die Ausrichtung der Märkte für Kinder- und Erwachsenenkleidung in Santa Ponça.

Sonja Visscher und ihre Schweizer Freundin Maria Sciarmella (l.) stellen die Flohmärkte in der Weihnachtszeit gemeinsam auf die Beine.

"Mein Flohmarkt-Tag beginnt um sechs und geht bis 18 Uhr. Mich erkennt man an meinem Tretroller und meiner Bauchtasche, wenn ich auf dem Platz unterwegs bin", sagt sie mit einem Lächeln. "Vor allem zu Beginn ist viel zu tun, alle Verkäufer müssen eingewiesen werden, fahren mit den Autos vor und laden ihre Sachen aus. Wir achten darauf, dass es kein Verkehrschaos gibt."

Schon ihre eigenen Kinder seien immer auf den Trödelmärkten dabei gewesen und hätten ihre Spielsachen verkauft. "Ein Tag auf dem Flohmarkt ist für mich das Schönste, was es gibt. Man trifft Freunde und Bekannte, unterhält sich und verbringt gemütlich Zeit zusammen", schwärmt die Organisatorin.

Doch nicht nur das lässt ihr Herz höher schlagen. Sonja Visscher engagiert sich seit einigen Jahren auch in Heimatkultur-Vereinen im Südwesten der Insel. Sie tanzt den Ball de Bot und trommelt bei den Dimonis in Calvià mit. Als Deutsche ist sie eine große Ausnahme in der "Batucada", der Trommlergruppe, die die mallorquinischen Feuerteufel zu öffentlichen Auftritten begleitet. "Und das ist richtiger Sport! Nach den Trainings bin ich richtig durchgeschwitzt."

Was die Zukunft der von Sonja Visscher organisierten Flohmärkte auf Mallorca anbelangt, wünscht sich die Deutsche, ihre Reihe der "Ladies Night" fortsetzen zu können. Sie träumt von einem Indoor-Basar nur für Frauen, mit einer Bar und Musik zum Tanzen. Im vergangenen Jahr war die Veranstaltung erstmalig ausgerichtet worden. "Jetzt suchen wir nach einer neuen Location und sind dankbar für jeden Hinweis."

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