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Kunst aus dem Knast von Mallorca: So helfen zwei Frauen deutschen Gefängnisinsassen

Catalina Vallespir und Dana Buchmann sind Teil des Gefängnisbesuchsdienstes der deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde. Mit MM sprachen die beiden Ehrenamtlichen über die Herausforderungen in ihrem Alltag

Catalina Vallespir (l.) und Dana Buchmann zeigen Kunstwerke des Häftlings Leonardo. Manche der Motive finden sich auch in einer Postkarten-Serie wieder. | Patricia Lozano

| Mallorca | |

Auch das scheinbare Paradies Mallorca mit seinen unzähligen Calas, Vergnügungstempeln und Restaurants hat sozial kalte und menschenfeindliche Orte. Zu den abgeschottetsten Einrichtungen der Insel gehört sicherlich das Gefängnis von Palma an der Sóller-Landstraße. Dort fristen derzeit 1100 Inhaftierte ihr Dasein, die Mehrzahl davon Männer, die zumeist in gemischtgeschlechtlichen Häusern, die "Module" genannt werden, untergebracht sind.

Zum Team des Gefängnisbesuchsdienstes (v.l.n.r.) gehören Dana Buchmann, Dirk Dietzel, das Pfarrerehepaar Holmfried Braun und Martje Mechels sowie Cati Vallespir. (Foto: privat)

Derzeit sitzen sechs Deutsche in Palma hinter Gittern

Unter ihnen befinden sichauch einige deutschsprachige Gefängnisinsassen, die unter harten Bedingungen langjährige Haftstrafen verbüßen müssen. "In diesen Wintermonaten haben wir momentan nur sechs deutsche Gefangene im Alter zwischen 28 und 58 Jahren. Doch können es im Sommer, wenn sich gewisse Vorfälle am Ballermann häufen, schnell auch 20 oder noch viel mehr werden" erklärt die Inselresidentin Dana Buchmann. Die 49-jährige Deutsche ist zweifache Mutter und war früher Flugbegleiterin, Reiseleiterin und Co-Chefin von Eisdielen. Seit August vergangenen Jahres gehört sie zum fünfköpfigen Team des Gefängnisbesuchsdienstes der deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde auf den Balearen. Neben dem Pfarrerehepaar Holmfried Braun und Martje Mechels sowie Seelsorger Dirk Dietzel engagiert sich vor allem die Deutsch-Mallorquinerin Catalina Vallespir seit mehreren Jahren für das Ehrenamt.

Jeder der deutschen Sträflinge hat seine eigene Geschichte

Vallespir erklärt in makellosem Deutsch: "Ich habe 25 Jahre lang als Vizedirektorin einer Bank gearbeitet, und war später zwei Jahre Sekretärin der Evangelischen Gemeinde." Mindestens einmal pro Woche geht die verheiratete Frau und dreifache Mutter die deutschen Insassen in der Gefängnisanstalt besuchen. Was für sie mittlerweile eine Routine darstellt, gestaltete sich in der Anfangszeit trotz höchster Sicherheitsauflagen der Anstalt als emotional schwierig. "Zu Beginn der Tätigkeit hatte ich Angst, und es war für mich ein Schock. Doch wusste ich von meiner Vorgängerin, die jahrelang Teil des etablierten Programms war, dass ich keine Gefahr zu befürchten hatte." Letztendlich seien diese Inhaftierten trotz ihrer kriminellen Vergangenheit auch nur gewöhnliche Menschen. "Jeder von ihnen, egal welche Verbrechen er beging, hat seine eigene persönliche Geschichte. Letztendlich gibt es tausend verschiedene Gründe, warum jemand da drin sitzt. Doch ist es unsere Aufgabe, für diese Leute da zu sein und ihnen Trost und Kraft zu schenken."

Das Gemälde mit dem Titel „La profecía”, zu Deutsch „Die Prophezeiung”, befasst sich kritisch mit der Entwicklung Mallorcas und dem Schicksal der Insel. Der in Palmas Gefängnis inhaftierte Maler bietet das Werk für einen Preis von 2400 Euro an. Das Geld wird durch die Ehrenamtlichen bis zur Freilassung des Sträflings in Obhut genommen. (Foto: PL)

Die beiden Seelentrösterinnen wollen einfach nur Hilfe leisten

Viele der Bekannten aus dem Freundeskreis von Cati Vallespir und Dana Buchmann könnten nicht ganz nachvollziehen, warum die beiden Powerfrauen viele Stunden ihrer Zeit diesen Gefängnisinsassen opfern. "Ich persönlich habe kein religiöses Motiv. Tatsächlich fühle ich mich mehr zum Buddhismus hingezogen als zum Christentum. Eigentlich geht es mir und Cati darum, Menschen einfach nur zu helfen und etwas Gutes zu tun", sagt Buchmann.

Das Triptychon mit sozialkritischen Elementen, an dem ein Insasse zwei Monate malte, steht für 1200 Euro zum Verkauf. (Foto: DS)

2022 schlug der Vorfall um die Kegelbrüder sehr hohe Wellen

Insbesondere der Fall um die sogenannten Kegelbrüder im Mai 2022 sorgte bei den beiden Ehrenamtlichen für schlaflose Nächte und forderte ihnen viele Einsätze ab. Denn die 13 Münsteraner im Alter von 24 bis 28 Jahren, die im Verdacht standen, einen Brand an der Playa de Palma ausgelöst zu haben, saßen insgesamt 56 Tage in Untersuchungshaft in dem spanischen Gefängnis. "In den Sommermonaten 2022 hatte ich teilweise 
20-stündige Arbeitstage und musste zwischen verzweifelten Familienangehörigen, den inhaftierten Kegelbrüdern, Rechtsanwälten und den spanischen Behörden vermitteln", erinnert sich Vallespir zurück.

Jeder Insasse hat das Recht auf acht Minuten Telefonieren am Tag

Buchmann und Vallespir sehen sich als Vermittler und Kommunikatoren zwischen dem Gefängnis, der Außenwelt sowie den Familienangehörigen der Insassen. "Die Häftlinge haben zwar das Recht, täglich acht Minuten zu telefonieren. Aber wenn die Familien aus Deutschland zu Besuch kommen, bin ich diejenige, die sie über die Homepage des Gefängnisses anmeldet," so Vallespir. Der Tagesablauf der Insassen ist streng geregelt, wobei sie sich an viele Regeln halten müssen. Bei gutem Benehmen und vorbildlicher Führung haben sie die Möglichkeit, kleinere Jobs in der Küche, der Wäscherei, der Krankenstation oder der Holzwerkstatt der Anstalt anzunehmen und sich dabei ein kleines Taschengeld dazuzuverdienen.

An dem Bild "Jerarquía e innovacíon" ("Hierarchie und Innovation") malte der Häftling drei Monate lang bis zu acht Stunden am Tag. Das 100 mal 70 Zentimeter große Kunstwerk hat einen Preis von 3600 Euro.

Einige der Gefangenen entdecken ihre eigene Kreativität

Besonders ein Deutscher, der bereits seit 2011 hinter Gittern sitzt, hat Vallespir zufolge seine Zeit sinnvoll genutzt. "Dieser Insasse, der sich Leonardo nennt, hat erst hinter Gittern mit dem Malen angefangen. Seine Kunst kommt aus seiner Seele heraus und hat viele Entwicklungen durchlaufen." (Siehe unten Fotogalerie). Diese Werke können auch erworben werden. (Kontakt: info@kirche-balearen.net)

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