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Urlauber beschimpft und eingekesselt: Insel-Regierung entsetzt über Ausschreitungen bei Demo

Nach Anfeindungen gegen Touristen in Palma verteidigt Vize-Regierungschef Costa den Tourismus und verurteilt "eine Minderhei", die Sightseeing-Busse kapert, Wasser wirft und „Touristen raus!“ brüllt

Beamte der Nationalpolizei mussten auf den Terrassen sitzende Urlauber vor den Anfeindungen radikalter Tourismus-Gegner schützen | Foto: Nekane Domblás

| | Palma, Mallorca |

Die Balearen-Regierung hat scharf auf die Eskalationen bei der Anti-Tourismus-Demo am Sonntag auf Mallorca reagiert. "Das Verhalten dieser Minderheit ist nicht akzeptabel", wetterte Vizepräsident Antoni Costa am Montag im Sender IB3 Ràdio. Wer friedliche Gäste einkessle oder beschimpfe, gefährde nicht nur das Image der Insel, sondern "spielt mit tausenden Arbeitsplätzen".

Gleichzeitig verteidigte Costa das in den letzten Monaten verschärfte Tourismusgesetz: Mallorcas Regierung habe "so restriktiv wie noch nie" gehandelt, die Bettenzahl gedeckelt, Ferienvermietungen in Wohnblöcken untersagt. Aber "den Tourismus aufzugeben wäre Wahnsinn", sagte er – und mahnte die Aktivisten, Protest und Aggression nicht zu verwechseln.

Touristen im Kessel

Tatsächlich war der Sonntag alles andere als friedlich. Rund hundert Demonstrierende lösten sich nach der Großkundgebung von der Masse und marschierten zur Plaza de las Tortugas (offiziell Plaza Juan Carlos I.) in Palmas Altstadt, wo Urlauber in Bars und Kaffee saßen. "Fora turistes dels nostres carrers!" – „Raus mit den Touristen!“, hallte es minutenlang zwischen den Terrassen.

Ein älteres Ehepaar aus Köln berichtete gegenüber der MM-Schwesterzeitung Ultima Hora, die Szene habe an eine "Belagerung" erinnert. "Wir saßen beim Dessert, plötzlich waren da Pfeifen, Trommeln, Topfdeckel – und überall wütende Gesichter", sagte der Mann. "Wir bekamen es mit der Angst zu tun." Die meisten Gäste flüchteten, einige blieben trotzig sitzen, bis die Polizei anrückte.

Polizei als Puffer

Laut Nationalpolizei mussten Beamte eine Sicherheitskette ziehen, um "ernsthafte Zwischenfälle" zu verhindern. Demonstranten bewarfen die Einsatzkräfte mit Wasser, hielten die Terrassen fast eine Stunde besetzt. Erst als die Absperrung stand, zogen sie weiter Richtung Paseo del Born – Trillerpfeifen im Anschlag, Slogans auf Mallorquinisch.

"Wir haben deeskaliert, nicht geräumt", betont ein Polizeisprecher. Zugriffe oder Festnahmen gab es nicht, angeblich um die Lage nicht weiter anzuheizen. Doch genau diese Zurückhaltung heizt die Kritik jetzt an: Der Staat schaue zu, wie Radikale das Geschäftsmodell der Insel beschädigten, klagen Gastronomen.

Radikale Rhetorik statt Dialog

Die Wortführer der Plattform Menys turisme, més vida ("Wenige Tourismus, mehr Leben") verteidigen das Vorgehen als "symbolischen Druck". "Ohne Störung kein Umdenken", sagte eine Sprecherin – und verwies auf den Vorabend der Demo: Da stoppte die Gruppe einen Sightseeing‑Bus, zwang größtenteils deutsche Urlauber zum Aussteigen, hisste ein Transparent: "Stoppt die Touristifizierung". Die Polizei blieb erneut tatenlos.

Für viele Mallorquiner hat die Aktion eine rote Linie überschritten. "Wer Gäste drangsaliert, verliert jede Glaubwürdigkeit", ärgert sich der Hotelierverband. Selbst Tourismus‑kritische Gewerkschaften distanzieren sich: Man brauche "harte Fakten, keine harten Fäuste".

Costa wiederum verweist auf bereits eingeleitete Maßnahmen: keine neuen Betten, strenge Kontrollen gegen illegale Ferienwohnungen, höhere Umweltabgaben. "Manche halten das für unzureichend – doch nie zuvor wurde Wachstum so gebremst", sagte er und wirft der Vorgängerregierung vor, 115. 000 Betten genehmigt zu haben. Degrowth? Von wegen! Ziel seiner Regierung hingegen sei "Wachstum an Wert, nicht an Masse".

Ein Reiseziel vor der Zerreißprobe

Doch die Bilder vom Wochenende werden bleiben: eine Insel, die ihre Gäste lautstark verscheucht. "Mallorca liebt seine Touristen – aber wir lassen uns nicht mehr an den Rand drängen", rief ein Demonstrant in die Kameras. Die Frage ist, ob Randale wirklich hilft. Denn je öfter Aktivisten Busse kapern und Urlauber einkesseln, desto größer gerät die Landesregierung unter Druck.

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