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Deutsche auf Mallorca

"Ich bin voll katholisch": Was machen die Deutschen am Ballermann zu Ostern?

In der Semana Santa, der "heiligen Woche", gibt es in Spanien so einiges Kulturelles zu erleben. Aber interessiert das die deutschsprachigen Touristen auf der Partymeile überhaupt? Hier die Wahrheit

Vier Ärzte auf menschlicher Mission am Ballermann: Niklas G. aus Luzern, Thorsten Fischer aus Düsseldorf, Janis Schneider und Robert W. aus Bochum. | Anja Schmidt

| Playa de Palma, Mallorca | |

Am Balneario 6 an der Playa de Palma auf Mallorca herrschte am vergangenen Samstag bereits ausgelassene Stimmung: Zahlreiche deutschsprachige Touristen zeigten sich in bester Feierlaune. Doch während der Partybetrieb am "Ballermann" anläuft, beginnt in ganz Spanien eine kulturell und religiös bedeutsame Woche – die Semana Santa. Die Osterzeit lockt jährlich viele Besucher an, die die eindrucksvollen Prozessionen mit den Büßergewändern und den markanten, spitzen Kopfbedeckungen erleben wollen, die entfernt an jene des Ku-Klux-Klans erinnern. Doch wie sehen das eigentlich die typischen "Ballermänner"? Interessiert sie die Semana Santa überhaupt?

MM hat sich umgehört – und interessante Antworten erhalten

In einem Restaurant nahe dem Strand sitzt eine fröhliche Männerrunde aus Niedersachsen, sechs Personen, verschiedene Altersstufen. Vor jedem steht eine "nahezu vollwertige Mahlzeit" – Bier und Schnaps. "Das ist ein Alkoholiker-Frühstück – Schnaps und Bier für 3,50 Euro. Ein echtes Schnäppchen!", sagt Christian Schlüter, Lehrer von Beruf, lachend. Gegenüber sitzt der 18-jährige Matteo Brandt, sichtlich gezeichnet vom Vortag (er ist nicht Schlüters Schüler – Anm. d. Red.) Der junge Mann blickt etwas ratlos auf sein Getränk; der Magen spielt noch nicht ganz mit.

An seiner Seite: Stephan Gerken, "über Anfang 50", wie er sagt, der entspannt in die Runde lächelt. Plötzlich ruft jemand dazwischen: "Und ich bin Momo aus dem Senegal!" Der 30-jährige Straßenverkäufer, der Sonnenbrillen im Angebot hat, hat Gefallen an der ausgelassenen Stimmung der Gruppe gefunden – und bleibt einfach eine Weile zum Plaudern.

Henry Nehring, Kevin Delling, Lehrer Christian Schlüter, Straßenverkäufer Momo, Matteo Brandt und Stephan Gerking beginnen den Tag mit einem Bier und einem kleinen Schnaps. (v.l.n.r.) Schlüter zeigt Interesse am spanischen Osterfest.

"Wir kamen am Freitag und fliegen am Sonntag zurück", erklärt der 54-jährige Henry Nehring auf die Frage, ob sie die Semana Santa auf der Insel miterleben und sich die Umzüge auf der Straße ansehen würden – wenn sie denn länger blieben. "Umzüge?", fragt Christian Schlüter neugierig. "Da würden wir sofort hingehen!", behauptet er mit Überzeugung, woraufhin ihn sein Sitznachbar skeptisch anschaut. "Der Lehrer redet wohl von sich", kommentiert der 34-jährige Kevin Dölling aus Helgoland trocken.

Schlüter lässt sich nicht beirren: "Neiiiin, überlegt doch mal! Das ist ein Volksfest! Da gibt’s auf jeden Fall Alkohol!", ruft er begeistert und grinst breit. Ob er seinen Schülern noch etwas ausrichten möchte? "Ja, Grüße an meine Klasse 5d! Im April ist es hier doch kälter als gedacht", analysiert der junge Lehrer für Wirtschaft und Politik mit leichtem Schmunzeln die Lage.

Ein Prositt erklingt, Gläser stoßen an – die Stimmung ist ausgelassen. Doch trotz aller Leichtigkeit ist den Herren bewusst: Das Osterfest hat für die Spanier einen ganz besonderen Stellenwert.

Wenige Meter weiter genießen vier Männer um die 30 ihre Pizza vor einem Restaurant. Die jungen Ärzte sind bereits gut gelaunt, auch wenn der Aufenthalt nur von Freitag bis Sonntag reicht. Hätten sie mehr Zeit, würden sie sich die feierlichen Umzüge der Semana Santa gerne anschauen, sagt Robert W. aus Bochum. "Ja?", fragt Thorsten Fischer aus Düsseldorf ungläubig nach. "Na klar, ich bin voll katholisch – und wir alle kulturell interessiert", versichert Janis Schneider, ebenfalls aus Bochum.

"Das Einzige, was wir jetzt lieber nicht machen würden, ist eine Operation durchführen", wirft Niklas G. aus Luzern lachend ein. Er hickst leicht, während sich der Propeller auf seiner bunten Mütze im Wind dreht. "Aber dass das Osterfest hier was Besonderes ist – versteh ich voll. Ich bin auch katholisch. Gefirmt und alles …", sagt er mit einem fast feierlichen Tonfall.

Sven Kabuhl (30), Kai Finselberger (34) und Patrick (40) (v.l.n.r.) wollten eigentlich nach Madrid. Die Reise war allerdings zu teuer, deswegen sind sie nun auf Mallorca gelandet.

In knallig pinkfarbener Ausstattung und mit Krönchen auf dem Kopf sitzt Patrick (40) mit seinen Freunden am Tisch. Warum sind sie wohl gerade zur Osterzeit nach Mallorca gekommen? "Weil Madrid zu teuer war", sagt Sven Kabul (30) schlicht. "Wir wollten eigentlich ein Fußballspiel von Atlético anschauen. Aber das hätte über 2000 Euro gekostet!", erklärt Kai Finselberger (34). "Aber wir sind ja flexibel und haben uns demnach für ein verlängertes Wochenende auf Mallorca entschieden", sagt Patrick und sein Krönchen blinkt in der Sonne. "Die Feierlichkeiten würden wir uns aber eher nicht anschauen", sagt er schließlich ehrlich und prostet den Freunden mit einem Bacardi zu.

Die beiden Oberösterreicherinnen Sabrina und Hanna sind auf dem Weg zur großen Sause.
Thorsten Rosenberg, Friedrich Wiesnack und Michael Rosenberg sind nur ein Wochenende auf Mallorca. Bei einem längeren Aufenthalt hätten Sie an den Osterfeierlichkeiten teilgenommen.

Hanna und Sabrina aus Oberösterreich sind auf dem Weg in den Megapark an der Partymeile. Die beiden 19-Jährigen haben sich in Schale geworfen, tragen luftige Kleidung mit der Aufschrift "United Party People". Die jungen Frauen sind allerdings nur das Wochenende von Freitag bis Sonntag auf der Insel. "Für ein anderes Programm ist unser Aufenthalt viel zu kurz", sagen beide ehrlich. "Wir haben es gestern noch ins Aquarium geschafft, das war es aber schon", sagt Sabrina bezüglich der Urlaubsvorhaben.

Einige Meter weiter laufen drei junge Männer aus Hamm in Richtung Party-Zone. Thorsten Rosenberg (53) mit Sohn Michael (28) und Friedrich Wiesnack (35). "Wir sind nur am Wochenende zum Feiern hier", sagt Wiesnack. "Wenn wir länger hier wären, würden wir uns die Osterfeierlichkeiten bestimmt anschauen", versichert Vater Rosenberg überzeugt.

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