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Von Kreuzberg nach Mallorca: Wie ein Friseur seinen Traum lebt

Der Coiffeur Christian Holz erzählte MM, wie er am Ballermann, nur wenige Schritte vom Meer entfernt, sein neues Zuhause fand

Berliner Handwerk auf Mallorca: Erst seit drei Monaten schneidet er in Can Pastilla mit Meerblick | Foto: Patrica Lozano

| Mallorca |

Zwischen einem Thai-Nagelstudio und einem kleinen Tattoo-Laden, irgendwo zwischen Can Pastilla und dem Balneario 12, liegt ein Friseursalon, der mehr ist als ein Ort zum Haareschneiden. Es riecht nach Meersalz und frischem Kaffee. Auf 60 Quadratmetern hat sich Christian Holz hier seinen Traum erfüllt ... fernab vom Großstadttrubel, mit dem Herz aber noch ein wenig in Berlin-Kreuzberg. Ein Holz-Surftable am Eingang, Beachhouse-Interieur und eine kleine Terrasse, auf der Stammgäste Espresso trinken. Wer hier Kunde ist, bekommt mehr als einen Haarschnitt. Er wird Teil einer Geschichte von Sehnsucht, Aufbruch – und einem mutigen Neuanfang.

Lange Jahre arbeitete der heute 48-Jährige in Kreuzberg, unweit vom Bergmannkiez. Kultig, bunt, kantig, wie der Stadtteil selbst. Der Laden lief, das Leben auch. Dann kam Corona. Der Lockdown bremste den Rhythmus – und das Herz vieler, die Berlin liebten. "Ich hab mich irgendwann nicht mehr wohlgefühlt", sagt er. "Berlin war nicht mehr mein Berlin." Kreuzberg wurde lauter, grauer. Es war Zeit zu gehen.

Christian Holz mit einem Kunden – hier zählt noch echte, solide Friseur-Handwerkskunst. (Foto: PL)

Dabei hätte alles ganz anders kommen sollen. Vor über 20 Jahren träumte er von New York. Koffer gepackt, bereit zum Start. Doch dann kam 9/11. Er stand in einem Dönerladen, als die Bilder flimmerten. Der Traum platzte. Statt Big Apple blieb es bei Berlin. Gemeinsam mit einem Freund baute er dort einen Laden auf, über zwei Jahrzehnte lang. Doch irgendwann reichte Routine nicht mehr. "Ich hab mich gefragt: Will ich noch 20 Jahre in derselben Straße stehen?" Die Pandemie veränderte vieles – auch Träume. Er wagte den Neuanfang. Nicht in Amerika, sondern auf Mallorca.

Statt Big Apple wurde Mallorca seine neue Heimat

Seine Frau Marlen fand schnell Anschluss in der Gastronomie, heute arbeitet sie im "Deutschen Eck" in der Bierstraße an der Playa de Palma. Chrstian Holz fing bei Udo Walz Palma an, lernte Spanisch, lernte die Insel kennen – und verliebte sich. Nicht in Partys oder Sangria, sondern in die stillen Seiten der Insel. „Ich dachte früher: Alles Ballermann. Dann stand ich in der Altstadt von Palma und dachte: Das ist ja wie Florenz!“, so Holz.

Heute hat sich der deutsche Coiffeur, dessen erwachsener Sohn übrigens auch auf die Insel zog., in Can Pastilla seinen Traum erfüllt: Ein eigener Friseursalon mit Meerblick. "Ich sehe beim Schneiden das Wasser. Das macht was mit einem." Die Gegend erinnert ihn ans alte Kreuzberg: Bodenständig, durchmischt, ehrlich. Nicht alles ist schick, aber vieles charmant.

Die Playa de Palma, für viele Sinnbild mallorquinischer Klischees, bedeutet ihm inzwischen etwas ganz anderes. "Die Playa ist fünf Kilometer lang, und nur ein kleiner Teil ist der Ballermann." Wer genauer hinsieht, entdeckt Einheimische, Radfahrer, entspannte Cafés ... und einen Friseur, der mit Leidenschaft arbeitet. Die Preise? Fair. Damenschnitt ab 45 Euro, Farbe nach Aufwand. Männerschnitt ab 30 Euro. Kein Schickimicki, aber mit Stil. "Ich will, dass sich alle wohlfühlen! Vom Portals-Yuppie bis zur Playa-Oma."

Auch so mancher Haartrend ist in seiner neuen spanischen Wahlheimat anders als in Berlin. "Hier tragen Männer öfter längere Haare. Auch der Mullet ist zurück, vorne kurz, hinten lang." Bei Frauen? "Blond bleibt." Mallorca sei konservativer als Berlin, sagt er. „Aber das ist völlig okay. Jeder Ort hat seinen Stil.“ Rückkehr? Ausgeschlossen. "Ich vermisse die Stadt nicht. Ich hab hier alles: Meer, Licht, Wärme, Freunde, Familie, mein Leben. Und der Sonnenaufgang hier schlägt jeden Berliner Himmel." (Instagram: @friseurammeer )

Was als Krise begann, wurde eine neue Chance. Ein kleiner Laden mit Blick auf die Wellen – und ein Mann, der angekommen ist. Nicht mehr auf der Suche, nicht mehr im Schatten der Hochhäuser oder dem Lärm Berliner Nächte. Sondern in Can Pastilla. Zwischen Meer, Menschlichkeit – und einer Schere, die Geschichten schneidet.

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