Es ist die unbändige Liebe zum Meer, die Kamil Swinarski jeden Morgen dazu treibt, sich in die Wellen vor Mallorca zu stürzen und das Wasser von Müll und Unrat zu befreien. Ob im glühenden Sommer oder im kühlen Winter: Ab spätestens 7:30 Uhr zieht der Freediver seinen Neopren-Anzug an und taucht für zwei bis drei Stunden in die balearischen Tiefen.
"Ich tauche ohne Sauerstoffflasche und kann etwa eine Minute dreißig unter Wasser bleiben", erklärt der Pole, der auf der Insel unter seinem Spitznamen "Kamilo" bekannt ist. Bis zu 30 Meter tief gleitet er durch die stille Unterwasserwelt. "Gefährlich ist es nicht, aber ungefährlich auch nicht ... schließlich bin ich allein. Ich muss stets auf der Hut sein." Nur eine kleine schwimmende Boje an der Oberfläche zeigt, wo der Taucher ins Meer eingetaucht ist.
Sein Neoprenanzug schützt ihn nicht nur vor der zunehmenden Kälte in der Tiefe, sondern auch vor Quallen und Medusen, die in den Gewässern unterwegs sind. "In der kalten Jahreszeit nehme ich nur eine Thermoskanne mit Tee mit, um mich aufzuwärmen. Trotzdem ist die Wassertemperatur noch recht erträglich", sagt er.
"Nicht ungefährlich - allein muss ich wachsam sein"
Der Freediver holt täglich Abfälle aus dem Wasser, wobei sich mitunter sogar wahre Schätze darunter befinden. "In den sieben Jahren, seit ich die Insel mein Zuhause nenne, habe ich über 3000 Kilo Müll geborgen", sagt der 42-Jährige. Darunter waren auch Apple Watches und iPhones. Über die gespeicherten Notfallkontakte in den Elektrogeräten konnte er die Besitzer ausfindig machen und ihnen ihre Technik-Spielzeuge zurückgeben. Auf diese Weise hat er bereits über 100 Gegenstände an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückgeleitet.
Vor wenigen Monaten entdeckte der Hobbytaucher in den Gewässern von Cala Llamp das Handy und den Ausweis einer Belgierin. In der Facebook-Gruppe "Lost/Stolen and Found Mallorca" veröffentlichte der Pole einen Suchaufruf mit einem Foto von Josephine Wolfs Ausweis und ihrem iPhone. Die zahlreichen Kommentare unter dem Beitrag helfen ihm nun dabei, die Frau ausfindig zu machen.
Einmal entdeckte Swinarski sogar 350 Euro in bar auf dem Meeresgrund. Reich wird er durch sein außergewöhnliches Hobby allerdings nicht. Doch materieller Gewinn spielt für ihn keine Rolle. Die wahren Schätze sind für ihn die Naturerlebnisse: "Vor wenigen Tagen habe ich ein seltenes Seepferdchen gesehen, und ein großer, sanfter Mantarochen schwamm mir entgegen." Kürzlich stieß der Taucher zudem auf eine Meeresschnecke – ein Fund, der laut Biologen absolut außergewöhnlich ist.
Kamil Swinarski lebt in der Gegend von El Toro in Calvià, und viele Einheimische kennen den ungewöhnlichen Taucher, der immer wieder um Hilfe gebeten wird, wenn bei Bootsausflügen etwas verloren geht. "Ich mache mir ernsthafte Sorgen um den Zustand des Meeres", sagt er. Kürzlich zog er eine alte Coca-Cola-Dose aus dem Wasser, in der ein Oktopus sein neues Zuhause gefunden hatte. Alles, was "Kamilo" tut, ist legal. Für sein Hobby hat er einen Freediving-Kurs auf Level One absolviert. Getrieben wird er allein von seiner Leidenschaft: "Ich möchte etwas zurückgeben – dem Meer und der Insel, die ich so sehr liebe."
Ein Fund im Sommer 2025 erregte sogar die Aufmerksamkeit der spanische Presse: Eine Pistole, verborgen unter Müll auf dem Meeresgrund vor Mallorca. Swinarski erkannte sofort die Tragweite, wickelte die Waffe vorsichtig ein und übergab sie der Guardia Civil. Die Beamten waren überrascht, die Kriminalpolizei prüfte die Seriennummer in Madrid. Die meisten seiner Tauchgänge hält Swinarski mit einer Actionkamera fest. Über 90 Vlogs dokumentieren seine Unterwasser-Spaziergänge auf seinem YouTube-Kanal "Explore Mallorca with me"
Doch der Meeresenthusiast ist nicht nur Taucher – sein Hauptberuf ist Koch im beliebten Restaurant Max Garden in Palmanova. Von 13 Uhr bis Mitternacht steht Swinarski am Herd, zaubert Tacos, Wok-Gerichte und weitere kulinarische Kreationen. Geboren in Sopot bei Danzig, absolvierte er in Gdynia eine fünfjährige Kochausbildung. Nach Jahren in Großbritannien hat er auf Mallorca offenbar seine endgültige Wahlheimat gefunden. "In Europa ist das der beste Ort, um mein Hobby, das Freediving, auszuleben", sagt er. Einzig Carbon-Schwimmflossen fehlen Swinarski noch, um seine Unterwasserkünste weiter zu perfektionieren.