Folgen Sie uns F Y T I R

„Mallorca hat mir die Türen geöffnet”: Rock-Urgestein Peter Maffay zieht in großem Interview Bilanz

Die Musikerlegende sprach mit MM über das Ende seiner großen Tourneen, seine langjährige Beziehung zur Insel, das Engagement seiner Stifung für Kinder und den Naturschutz

Der Rocker mit rumänischen Wurzeln (l.) im Gespräch mit dem MM-Redakteur im Haus der Peter-Maffay-Stiftung in Pollença | Foto: Patricia Lozano

|

Mallorca Magazin:Ihr letztes großes Konzert war 2024, richtig? Wie fühlt es sich an, vor 38.000 Zuschauern von der großen Bühne Abschied zu nehmen? Werden Sie weiterhin kleinere Auftritte spielen?

Peter Maffay:Meine letzte große Show fand 2024 statt, als unsere Farewell-Tour in Leipzig endete. Damit haben wir uns bewusst von den großen Tourneen verabschiedet. Große Tourneen wird es nicht mehr geben, aber einzelne Konzerte spielen wir weiterhin – die sogenannten „Love Places”-Venues. Das sind mittelgroße Veranstaltungsorte mit 10.000 bis 14.000 Besuchern, die eine besondere Atmosphäre bieten und einfach angenehm zu bespielen sind. Musikalisch bleiben wir also aktiv, planen acht bis zehn solcher Konzerte pro Jahr, aber ohne wieder in den alten Tournee-Trott zurückzufallen. Gleichzeitig möchte ich mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Meine Frau Hendrikje und ich haben eine Tochter, Anouk, die gerade in die Schule kommt, und darauf wollen wir uns stärker konzentrieren. Die Resonanz auf die „Love Places”-Konzerte ist enorm – die Karten für 2026 waren teilweise in wenigen Minuten ausverkauft. Das zeigt, dass dieses Format sehr gut ankommt. Aufhören als Musiker? Nach so vielen Jahren kommt das schwierig … Musik wird immer ein Teil meines Lebens bleiben ...

MM:Sie stehen seit über 50 Jahren auf der Bühne, haben mehr als 50 Millionen Tonträger verkauft, hatten unzählige Nummer-1-Alben. Erfüllt Sie das mit Stolz?

Maffay:Stolz ist nicht ganz das richtige Wort, eher Staunen. Als ich mit 20 Jahren anfing, konnte ich mir nicht vorstellen, welchen Weg das einmal nehmen würde. Ich bin kein großer Sänger oder Instrumentalist. Was mir einigermaßen gelingt, ist eine Mannschaft zusammenzuhalten und dafür Frontman zu sein. Das macht mir immer wieder Spaß! Auf dem Weg begegnet man Menschen, die einen weiterbringen, Impulse geben ... manchmal geplant, manchmal zufällig. Dass es so gekommen ist, hängt sehr stark mit solchen Begegnungen zusammen.

MM:Waren das demnach schicksalhafte oder zufällige Begegnungen?

Maffay:Zufall würde ich nicht sagen. Natürlich hatte ich schon klare Vorstellungen, wohin ich wollte. Aber es gab keine Garantie, dass es auch gelingt. Dass es gelungen ist, sehe ich vor allem als Ergebnis guter Begegnungen – von Menschen, die geholfen und Ideen eingebracht haben. So ist auch die Tabulaga-Kinder-Stiftung entstanden, inspiriert durch Dr. Jürgen Haerlin, der damals sagte: „Macht mal was in dieser Richtung”. Ohne ihn gäbe es sie heute nicht.

MM:Sie sprechen oft von einem Team, fast von einer Familie ...

Maffay:Viele Menschen in meinem Umfeld begleiten mich seit Jahrzehnten ... 30, 40 Jahren. Mein Partner in der Stiftung, der Geschäftsführer, arbeitet seit über 40 Jahren mit mir zusammen. Auch viele andere Weggefährten sind schon sehr lange dabei. Diese Kontinuität ist entscheidend. Nur mit einem guten Team kann man auf Dauer etwas erreichen. Das gilt sowohl für die Stiftung als auch für die Musik.

MM:Ihr Sohn Yaris ist mittlerweile musikalisch erfolgreich. Tritt er in Ihre Fußstapfen?

Maffay:Yaris kopiert mich nicht, das sollte er auch nicht, und er hat es nicht nötig. Er hat seine eigene Vorstellung von Musik und arbeitet mit Freunden, die einen anderen Ansatz haben. Er begleitet mich auf der Bühne, lernt das Musikgeschäft kennen und sammelt Erfahrungen, aber was er daraus macht, bleibt seine Entscheidung. Für mich ist es schön zu sehen, dass er ein eigenständiger junger Mann mit Herz und Verstand ist. Das erfüllt mich mit Stolz.

MM:Sie waren Anfang der 2000er stark auf Mallorca präsent. Wie sieht Ihre Verbindung zur Insel heute aus? In letzter Zeit hörte man weniger von Ihnen ..?!

Maffay:Ich bin seit 1973 eng mit Mallorca verbunden. Früher waren wir sehr aktiv, in den letzten Jahren habe ich mich mehr auf Deutschland konzentriert. Wir haben unsere Einrichtungen auf der Insel überprüft und neu strukturiert, die aber durchgehend liefen. Ziel des Tabalugahauses Finca Ca'n Llompart war, ein Modell für Jugendliche zu entwickeln, besonders für traumatisierte Kinder aus schwierigen Verhältnissen. Es war jedoch aufwendig, Jugendliche aus Deutschland oder anderen Ländern nach Spanien zu bringen. Deshalb unterstützen wir nun Kinder direkt aus Spanien. Sie kommen meist für zwei Wochen und nehmen gemeinsam mit Betreuern an Programmen teil, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Früher waren es bis zu 19 Kinder gleichzeitig, heute hängt es von der Kapazität ab. Wichtig ist, dass die Jugendlichen sich in einem geschützten Rahmen in intakter Natur bewegen. Etwas, das viele sonst nicht kennen. Unsere Einrichtung vermittelt Werte wie Respekt vor der Umwelt und anderen Menschen. Die Stiftung versucht, Defizite auszugleichen. Wir sehen uns eher als Drehscheibe und Impulsgeber. Wir stellen Übernachtungs- und Transfermöglichkeiten bereit, während die Gruppen mit ihren Betreuern Ausflüge, Programme und Aktivitäten selbst gestalten. Feste Verordnungen gibt es nicht, in der Regel vermitteln die Jugendämter die Gruppen.

MM:Am 3. Oktober feiert die Peter Maffay Stiftung ihr Jubiläum. Was erwartet die Besucher?

Maffay:Wir feiern 25 Jahre Stiftung, und jeder ist willkommen, es ist eine offene Veranstaltung. In den vergangenen Jahren waren bei ähnlichen Festen schon sehr viele Menschen da, teilweise über tausend. Auch diesmal rechnen wir mit großem Andrang. Eintritt nehmen wir selbstverständlich nicht.

MM:Wie haben Sie die Insel in der Vergangenheit erlebt, zumal Sie ja auch viel Zeit hier verbrachten?

Maffay:Mallorca hat uns sehr willkommen geheißen. Wenn es etwas gibt, das die Gesellschaft hier auszeichnet, dann ist es die Fähigkeit, andere zu integrieren. Vorausgesetzt, man hält sich an die Spielregeln. Gastfreundschaft ist bei den Mallorquiner sehr ausgeprägt. Natürlich gibt es auch Grenzen. Ich kenne kaum eine andere Gemeinschaft, die so aufmerksam und offen ist wie diese hier.

MM:Sie wohnen jetzt mit Ihrer Frau in Tutzing. Zuvor waren Sie viel auf Mallorca – was können Sie uns über die Finca Can Sureda erzählen, in der Sie lange lebten?

Maffay:Die Finca bei Pollença betreiben wir selbst. Ein Kollege, Kai Pechtold, hat dort allerdings ein eigenes Projekt umgesetzt, und zwar mit Eseln. Die Tiere sind auf der Insel historisch von großer Bedeutung, weil viele Arbeiten, etwa in Ölmühlen, nur mit ihrer Hilfe möglich waren. Früher war Can Sureda eine solche „Blut-Mühle”, also eine Mühle, die von Tieren angetrieben wurde. Kai hat diese Tradition aufgegriffen. Mallorca ist wunderschön, keine Frage. Aber unser Lebensmittelpunkt ist Deutschland. Wir sind zwar mehrmals im Jahr hier, aber vor allem wegen der Stiftung.

MM:Sie haben auf dem Eiland viel erlebt, von Wohltätigkeitsaktionen über Jugendarbeit und Naturschutz bis hin zu politischen Statements. Wie sehen Sie das alles rückblickend?

Maffay:Im Bereich Naturschutz habe ich viele bedeutende Erlebnisse gehabt. Glücklicherweise bin ich auf Menschen gestoßen, die bereit waren, unsere Initiativen zu unterstützen. Sei es die Finca, die Stiftung, das Restaurant „Trattoria Trencadora” in Pollença oder die Zusammenarbeit mit der Verwaltung – ich habe einen Zugang zur Gesellschaft und zu den Balearen gefunden. Die anfangs halbgeschlossenen Türen haben sich hier für mich vollständig geöffnet. Ohne diese Kontakte wäre vieles nicht möglich gewesen. Und natürlich bekommt man auf diese Weise automatisch mit, was sich auf der Insel entwickelt – und das empfinde ich als sehr positiv.

MM:Ein Beispiel ist der Bau der Autobahn. Sie hatten sich damals kritisch geäußert. Wie sehen Sie das heute?

Maffay:Die Autobahn war anfangs umstritten. Früher musste man durch jedes Dorf, und die Menschen litten sehr darunter. Heute erleichtert sie den Verkehr enorm und ist in dieser Hinsicht ein Segen. Gleichzeitig brachte der Ausbau eine stärkere Besiedelung mit sich, und damit Probleme wie begrenztes Wasser, Müllentsorgung und Lebensraum. Umweltorganisationen haben schon früh darauf hingewiesen, dass die Insel solche Belastungen nur schwer tragen kann.

MM:Sie wurden vor Jahren als Naturschützer ausgezeichnet, unter anderem von der Umweltschutz-organisation GOB. Können Sie dazu etwas sagen?

Maffay:Ich habe damals eine Art Ehrentitel vom GOB erhalten. Für mich zählt jedoch vor allem die Haltung dahinter, nämlich die Natur zu respektieren und zu bewahren.

Das Interview führte 
Dominik Sarota

Zum Thema
Meistgelesen