Mallorca Magazin: "Fall for Me" eroberte kurz nach dem Start Ende August Platz Eins der Netflix-Charts in 60 Ländern. Hatten Sie mit einem derartigen Erfolg gerechnet? Und überwiegen bei Ihnen eher Stolz oder Überraschung?
Sherry Hormann:Erfolg hängt von unglaublich vielen Faktoren ab. Hinzu kommt die Schnelllebigkeit unserer Zeit und die Vielzahl an Filmen, aus denen wir inzwischen wählen können. Umso größer ist die Freude, dass "Fall For Me" ein Thema aufgreift, das buchstäbliche Grenzen und Vorurteile überwindet. Es scheint eine Sehnsucht zu geben, sich in andere Welten hineinzuträumen.
MM: Was war Ihr erster Eindruck, als Sie das Drehbuch von Stefanie Sycholt gelesen hatten? Stand für Sie sofort fest, dass Sie diese Geschichte umsetzen wollten?
Hormann:Ich wollte ausprobieren, ob es möglich ist, einen Film auf Deutsch zu drehen, der Sinnlichkeit umarmt und keine Scheu davor hat, sich dem Thema weibliche Sexualität zu stellen. Das Drehbuch von Stefanie setzt sich genau damit auseinander
MM:Die Dreharbeiten liefen von Mai bis Juli 2024. Waren Sie täglich am Set, und wie international- oder deutsch-geprägt war das Team?
Hormann:Ich hoffe doch, dass ich am Set war ( lacht ). Unser Team setzte sich hauptsächlich aus Frauen und Männern aus Mallorca und vom spanischen Festland zusammen. Der größte Teil des Teams hatte gerade eine Serie von Guy Ritchie abgedreht. Deren Professionalität und Leidenschaft fürs Filmemachen waren großartig. Unsere Set-Sprache war Englisch, da ich leider kein Spanisch spreche.
In dem Erotik-Thriller stürzt sich Svenja Jung als Lilli Hals über Kopf in eine Affäre mit Theo Trebs’ Charakter Tom. (Credits: Netflix)
MM:Wo genau wurde gedreht? Im Film sind ja einige Orte klar zu erkennen … etwa Valldemossa oder verschiedene Stadtteile von Palma.
Hormann:Wir hatten das Glück, mit einem von Neugier erfüllten Location-Scout von der Insel zu arbeiten. Er öffnete buchstäblich Türen an Orten, die zum größten Teil unentdeckt sind. Und, das ist mir enorm wichtig zu sagen, diese Orte wollen mit Respekt betreten und verlassen werden. Den Club (des fiktiven Charakters Tom Sommer, Anm. d. Red . ) bauten wir in das Museum des Palau de l'Almudaina. Die Räume und der Ausblick strahlen unglaubliche Eleganz aus. Und da sie historisch sind, besitzen sie selbstverständlich großen Wert, den es auch hier mit Achtsamkeit zu behandeln gilt
MM:Welche Herausforderungen und Erfolge gab es bei den Dreharbeiten?
Hormann:Stunts mit Schauspielern auf einer so hohen Klippe zu drehen, wenn man selbst Vertigo-Anwandlungen hat, war tatsächlich sehr fordernd. Doch auch hier war die Sicherheit durch das Stuntteam garantiert. Das schwere Equipment auf eine Klippe zu transportieren, dauerte manchmal zwei Tage, denn die Orte sind selbst mit Vierradantrieb nicht zu erreichen. Kurzum wurde alles händisch hochgetragen. Auch das hat unsere Produktion vor Ort auf die Beine stellen können. Dann die Szene am Strand …, dem Meer ist es egal, ob du da gerade filmst, während deine Schauspieler alles geben … die Welle kommt, niedrig, oder hoch, wann sie will, also fängst du wieder von vorne an.
MM:Viele Künstler schwärmen vom besonderen "Mallorca-Licht". Ist Ihnen dieses Phänomen auch bei der technisch-optischen Umsetzung des Films aufgefallen?
Hormann:Licht ist Magie. Mallorca ist von dieser Magie beschenkt. Auch unsere Geschichte greift diesen Aspekt auf. So zeigt sich dies in der Handlung des Films etwa bei Lilli Funke, die versucht, ungenutztes Land zu bewahren, statt es zu bebauen.
MM: Inwiefern spiegeln die Figuren im Film, etwa der Club-Manager Tom Sommer oder der ‚Tinder-Schwindler’ Manu, tatsächliche Begebenheiten auf Mallorca wider?
Hormann: Spielfilme sind immer ein Puzzle aus Wahrheiten und Überhöhungen.
MM:Wie gut kannten Sie Mallorca vor den Dreharbeiten, und welche Verbindung haben Sie zur Insel?
Hormann: Ich war vorher noch nie auf Mallorca.
MM: Im Film wird eine wohlhabende deutsche Oberschicht auf Mallorca gezeigt. Fehlt dabei nicht der typische Ballermann-Urlauber, oder ist diese Darstellung bewusst gewählt?
Hormann: Ich war erstaunt, wie abgegrenzt das Ballermann-Areal ist. Ein eigener, abgeschlossener Kosmos. Hatte ich tatsächlich erst bei meinem ersten Besuch dort kapiert. Berührungspunkte zu unserem Film gibt es optisch nicht.
MM: Trotz des enormen Erfolgs von „Fall for Me” sind die Kritiken gespalten. Im Gegensatz zu Ihrem Film "Wüstenblume", der überwiegend positiv aufgenommen wurde. Halten Sie diese unterschiedlichen Bewertungen für gerechtfertigt?
Hormann:Ein Film ist raus und wird bewertet, von Kritik und vom Publikum. It’s part of the job! Diesmal hat das Publikum entschieden. Und die Resonanz war und ist weiterhin fantastisch. Zudem freue ich mich einfach, dass in einem Streaming-Dienst andere Formate ausprobiert werden. Es ist einfach so wichtig, immer wieder neue Wege zu gehen, sonst schläft man irgendwann ein.
MM: An welchem Projekt arbeiten Sie als Nächstes, und dürfen wir erneut mit einem Film von Ihnen rechnen, der auf den Balearen oder in Spanien entsteht?
Hormann:Es wird wieder eine ganz andere Reise werden… Aber wann immer ein neues, gutes Drehbuch erscheint, das nur auf den Balearen spielen kann, bin ich sofort dabei und steige in den nächsten Flieger.