Sie war nie nur die Frau an der Seite eines berühmten Ehemannes! Während Schauspieler und Erfolgsproduzent Christian Ulmen sich gerne als entspannte Couch-Kartoffel gibt, ist die 44-Jährige der Energie-Riegel der deutschen Medienbranche. 2001 beim Musiksender Viva gestartet, glänzt Collien Fernandes aktuell als „Traumschiff”-Ärztin, Ensemble-Mitglied der Satire-Sendung „extra 3”, in diversen Dokumentationsformaten und auf dem Society-Parkett, wenn es um gesellschaftliches Engagement und Female Empowerment geht.
Vor drei Jahren erst, 2022 im Urlaub, haben sie sich schockverliebt in die mediterrane Idylle. Das Power-Paar Ulmen-Fernandes kaufte spontan ein Haus im Südwesten der Insel und kehrte Potsdam den Rücken. Obwohl kürzlich ihr Ehe-Glück hier zerbrach, hält Collien Monica Fernandes, wie sie sich nach der Trennung nennt, Mallorca weiterhin die Treue. Und stand jetzt MM in einem großen Interview Rede und Antwort.
Mallorca Magazin: Der neue Band Ihrer Kinderbuch-Reihe „Lotti & Otto” spielt im Winter und es wird viel gefroren. Wie wirkt sich das Mallorca-Klima auf Ihr Lebensgefühl aus?
Collien Fernandes: Ich merke es besonders jetzt zur Herbstzeit. Ich arbeite ja sehr viel ihn Deutschland und habe dort noch ein Auto stehen, randvoll mit Wärmeunterwäsche, beheizten Sohlen, Winterjacken, da ziehe ich meist mehrere Schichten übereinander an, wie unser Otter Otto aus dem Buch. Wenn ich wieder auf Mallorca lande, bin ich direkt wie befreit. Das Mediterrane macht etwas mit einem. Alles Schlimme, Doofe, Ärgerliche fühlt sich gleich viel leichter an. Man ist insgesamt weniger belastet, besser drauf. Es liegt ein anderer Vibe in der Luft. Wenn man in Berlin unterwegs ist, wird man permanent angemotzt, alle sind tendenziell ein bisschen aggro, gerade im Straßenverkehr. Die Menschen hier sind wesentlich gelassener, freundlicher, hilfsbereit.
MM: Der Buchtitel „Die weihnachtliche Freundschaftsfamilie” beinhaltet eine ganz neue Wortschöpfung. Haben Sie auch eine Familie aus Freunden um sich, die Ihnen Halt gibt?
Fernandes: Ja, besonders bei meiner Geburtstagsfeier habe ich das gespürt. Meine „Traumschiff”-Freundschaftsfamilie war eingeladen und es war total rührend, wie sie von überall angereist kamen und Kuchen für mich gebacken haben. Das, was da auf diesem Schiff entstanden ist, ist tatsächlich ein Familiengefühl – ein Freundschaftsfamiliengefühl, also eine Familie, die man sich selbst ausgesucht hat. Natürlich hat man auch die schrägen und schrulligen Verwandten dabei. Wenn man, wie wir während des Drehs, eine Halbjahres-WG ist, kennt man von jedem die Macken, hat sich schon in jedem Zustand erlebt. Das bringt uns nahe zusammen. Es geht darum, Familie als über die Angehörigen hinausgehend zu begreifen.
MM: Die Geschichte handelt von Weihnachten. Wie werden Sie selbst diesmal das Fest verbringen?
Fernandes: Noch gibt es keine konkreten Pläne. Ich werde mal rumtelefonieren und gucken, ob mich jemand aus meiner Freundschaftsfamilie aufnimmt. Ich wüsste nicht, was ich alleine auf Mallorca machen soll. Ich bin hier gerade noch auf der Suche nach sozialen Kontakten. Jetzt habe ich gesehen, dass man bei gewissen Dating-Platformen auch Freunde suchen kann. Ich bin noch dabei herauszufinden, wie man das genau einstellt. Bisher hatte ich nicht den Bedarf, weil ich weiterhin viel zum Arbeiten in Deutschland bin, wo ich Freunde habe, und auf Mallorca war immer Familienzeit. Nun verbringe ich auch alleine Zeit auf Mallorca und merke, dass ich noch nicht so den Anschluss gefunden habe.
MM: Im Buch geht es um die Freundschaft zwischen einem Jungen und einem Mädchen, die beide nicht dem klassischen Rollenbild entsprechen. Welche Botschaft steckt dahinter?
Fernandes: Die Haltung „Jungen weinen nicht” ist noch immer sehr weit verbreitet. Bei einer meiner ZDF-Dokumentationen sind wir mit einem T-Shirt mit dem Aufdruck in die Fußgängerzone gegangen und haben Eltern gefragt, ob sie ihrem Sohn das anziehen würden. Die meisten haben es bejaht. Ich finde es ganz falsch, Jungen so etwas beizubringen, dass sie ihre Gefühle nicht zu zeigen haben. Alles in sich reinzufressen, ist definitiv nicht gesund! Die Selbstmord-Rate liegt bei Männern weitaus höher und laut Studien sind es meist diejenigen, die einem solchen Männlichkeitsbild nachstreben, hart sein wollen, sich daher auch keine Hilfe suchen, wenn es ihnen schlecht geht. Studien zeigen, dass Jungen, wenn sie ihre Gefühle beschreiben sollen, weit weniger Ausdrücke dafür finden, als Mädchen. Deswegen war mir wichtig, dass Otto sehr offen mit seiner Traurigkeit umgeht und beschreibt, wie sich die Trauer für ihn anfühlt.
MM: Was hat Sie zur toughen Titelheldin Lotti inspiriert?
Fernandes: Ich glaube, wenn wir uns von starren Geschlechterbildern lösen, machen wir es für alle einfacher. Viele Männer haben das Gefühl, sie müssen der Macker und Familienernährer sein. In der Vergangenheit hatte ich oft Männer, die damit ein Problem hatten, wenn die Frau mehr verdient. Die ein Problem damit hatten, wenn sie diejenige ist, der das Haus gehört. Ich hoffe, dass Männer sich davon ein bisschen mehr frei machen können. Ich habe von dieser Dating-App gehört, „Cherrish”, für Businessfrauen und Männer, die kein Problem mit Karrierefrauen haben, die sich von einer erfolgreichen Frau nicht eingeschüchtert fühlen. Die Anmeldung war mir zwar letztlich zu kompliziert, aber das Konzept finde ich super. Wir haben den Feminismus, aber wir brauchen auch die Männer, die damit klarkommen, die sich nicht unmännlich fühlen, wenn die Frau gewisse Dinge in die Hand nimmt, und Lotti nimmt die Dinge in die Hand. Sie ist laut und furchtlos.
MM: Sollte ein Mann, den Sie daten, auch mal ein Tränchen vergießen können, wie Otto?
Fernandes: Absolut. Ich will jemanden, der weich ist und über seine Gefühle sprechen, kann und keinen harten Macker, der sich nicht traut zu sagen, wenn er traurig ist, diese Seite von sich nicht zulässt! Also definitiv sensibel, feinfühlig, emphatisch sollte er sein. Ich finde auch wichtig, dass man einen Blick für seine Umwelt hat, sieht, wie es den Menschen um einen herum geht. Ich bin nun auf „Raya” (Promi-Datingportal, Anm. d. Red.). Da sieht man nur glattgebügelte Dudes, die wahlweise oben ohne vor einem Auto stehen oder vor einem Boot. Das ist gar nicht meins. Ich mag lieber die nachdenklichen Nerds, normale, natürliche Männer.
MM: Die weiblichen Waldbewohner in der Geschichte machen Dinge wie Handwerken, die sonst eher Männer zugeschrieben werden, dafür kümmern sich die Männer ums Backen. Lief oder läuft die Arbeitsteilung im Hause Fernandes ähnlich?
Fernandes: Ja, ich habe die Möbel bei uns zusammengeschraubt. Mein Vater hat absurderweise jedem meiner Freunde einen Werkzeugkasten geschenkt. Auf die Idee, mir das Handwerken beizubringen, kam er nie, weil ich weiblich bin. Man hört ja oft, vor allem aus der AfD-Ecke das Feedback, dass wir die Kinder nicht so sein lassen, wie sie von Natur aus seien. Aber das Gegenteil ist der Fall. Ich habe mal in einem Kindergarten gedreht, in dem man dem Spielzeug kein Geschlecht zuschreibt. Man lässt die Kinder mit dem spielen, mit dem sie gerade spielen. Unbeeinflusst. Und das war wirklich erstaunlich, weil dort zahlreiche Mädchen an der Werkbank standen, weil ihnen niemand erzählt hat, dass das eine Jungensache sei. Es bedeutet: Kinder in Ruhe lassen, sie sich so entwickeln lassen, wie sie möchten, ohne dass wir sie durch komische Geschlechterklischees einschränken.
MM: Mit dem Buch bringen Sie das der jungen Generation nahe. Kann man Männern, die anders aufgewachsen sind, das noch beibringen?
Fernandes: Es gibt diverse Bücher „100 Dinge, die ein Mädchen/Junge wissen muss”. Bei Jungs steht drin, wie sie ihr Taschengeld richtig verhandeln und bei Mädchen, wie sie den Tisch ordentlich decken. Ich fänd’s schön, wenn wir das zusammen machen und es nicht an mir hängen bleibt! Klar, In der Kennenlernphase sagen alle Jungs, „Wir decken den Tisch zusammen” und geben sich große Mühe. Man merkt immer erst ein bisschen später, ob das Engagement nur der Kennenlernphase geschuldet war. Mir ist auf jeden Fall wichtig, jemanden zu haben, der nicht in alten Männlichkeitsklischees festhängt und der Meinung ist, dass alles, was den Haushalt angeht, tendenziell Frauensache sei. Auch diese Formulierung, „Ich helfe meiner Partnerin”, bedeutet ja schon, dass es ihre Aufgabe ist und der Mann meint, „weil ich so super nett und ein geiler Typ bin, würde ich da auch bisschen mit anpacken”. Nein, er ist genauso dafür zuständig, wie ich! Das ist mir total wichtig. Jemand, der das nicht kapiert, den will ich nicht!
MM: Wie die weiblichen Buchheldinnen bewegen Sie sich gerne in Männer-Domänen, investieren in Immobilien. Streben Sie das auf Mallorca auch an?
Fernandes: Grundsätzlich würde ich das total gerne. Mein aktuelles Bau-Projekt ist ein Mehrfamilien-Haus in Deutschland. Wenn ich damit durch bin, nehme ich mir Mallorca vor. Für mich müssen die Fassade und die Lage toll sein bei einem Objekt. Es kann ruhig in die Jahre gekommen sein. Manchmal findet man Rohdiamanten, die etwas mehr Liebe gebrauchen könnten, diese aufzumotzen macht mir total Spaß. Mein eigenes Haus habe ich auch entkernt und von innen komplett auf links gedreht.
MM: Sie sind so viel in Unterschiedlichem beschäftigt. Was treibt Sie an?
Fernandes: Bauen macht mir einfach Spaß, aber abseits davon, geht es mir vor allem darum, relevante Themen in den Fokus zu rücken. Es soll nicht um mich gehen, sondern um den Missstand, ich möchte, Gesetzeslücken aufzeigen, wie bei meiner aktuellen Dokumentation zu digitaler Gewalt („Die Spur”, ZDF Mediathek, Anm. d. Red.). In diesem Bereich, der leider vor allem Frauen betrifft, wird in Spanien viel härter durchgegriffen als in Deutschland. Bei mir steht die Sache im Vordergrund, ich bin froh, wenn ich selbst dahinter verschwinden kann. Ich bin zu satt für diesen ganzen Firlefanz in der Branche. Mir geht es nicht darum, einfach irgendwas vor einer Kamera zu machen. Ich möchte etwas Sinnvolles tun.
MM: Sie sind eine der vielseitigsten Medien-Persönlichkeiten und Mutter einer Tochter, das macht Sie zum Vorbild für viele Frauen. Haben Sie sich in 25 Karrierejahren je eine Pause gegönnt?
Fernandes: Es gab eine Zeit, in der ich etwas weniger gearbeitet habe. Man ist ja auch ein bisschen mit anderen Dingen beschäftigt, wenn das Kind noch klein ist. Da habe ich kürzere Projekte gemacht, wie zum Beispiel die Moderation von „The Dome”. Die umfangreichen, langen Projekte waren mehr bei Christian. Dadurch war ich oft allein zu Hause. Natürlich muss man da ganz schön viel stemmen. Das Kind schläft nicht durch, man ist oft völlig übermüdet. Die Dokumentationen, die ich in den letzten Jahren gedreht habe, sind sehr vorbereitungsintensiv. Vor dem Dreh lese ich mich in wissenschaftliche Studien und Gesetzestexte ein. Damals, als der Schlaf so durchlöchert war, da hatte ich nur Brei im Kopf (lacht). Da wäre ich gar nicht so aufnahmefähig gewesen.
MM: Viele denken, ein Kinderbuch schreibt sich schnell weg. Wieviel Arbeit steckt dahinter?
Fernandes: Das ist, inklusive Freundschaftsbuch, das fünfte Buch von „Lotti&Otto”. Wie viel Arbeit das ist, können sich viele gar nicht vorstellen. Wir haben vor etwa drei Jahren mit diesem Band angefangen. Erst geht man in die Ideenfindung, schreibt in Kurzform verschiedene Exposés, bis man sich mit dem Verlag auf einen Plot geeinigt hat. Dann wird der Handlungsbogen skizziert. Nach anderthalb Jahren habe ich den komplett überworfen und alles nochmal ganz neu aufgesetzt. Wenn der Text irgendwann final steht, überlege ich mir, was mir bei den Illustrationen wichtig ist, und meine Illustratorin bringt das ganz fantastisch zu Papier.
MM: Lotti & Otto haben beide jeweils nur ein Elternteil. Welche Aufteilung beim Thema Kinder entspricht Ihrem Familienmodell?
Fernandes: Ich habe mich mit dem Thema schon für meine Doku „Trennungskinder” (ZDF-Mediathek, die Red.) beschäftigt und bin zu dem Schluss gekommen, dass 50/50 am meisten Sinn macht. Wir haben verschiedene Paare in dem Prozess begleitet, unterschiedliche Modelle beleuchtet. Viele sind zwar für Gleichberechtigung, aber nach der Trennung heißt es auf einmal, Männer schaffen das nicht, könnten sich doch nicht so gut um Kinder kümmern, selbst von Frauen aus dem feministischen Spektrum. Für mich gilt Gleichberechtigung auch nach einer Trennung. Klar, ich bin auch mal länger auf dem Traumschiff, aber dann auch wieder einige Wochen in Europa, zum Beispiel um für Extra 3 zu drehen und natürlich vor allem um mein Kind zu sehen.
MM: Zum Happy End Ihrer Kindergeschichte werden Freundschaftsfamilien-Armbänder gebastelt. Tragen Sie auch etwas an sich, das Ihnen viel bedeutet, mit Symbolkraft?
Fernandes: Ich habe es gerade nicht an mir, aber immer bei mir. Es ist die Kette, die man auch im Buch sieht, die von Birgit getragen wird, der einsamen, älteren Braunbär-Dame. Die echte Birgit, die hinter der Figur steckt, gab es wirklich in meinem Leben: meine Schwiegermutter, ihr ist das Buch gewidmet. Sie wollte auf Kreuzfahrt gehen und hat sie leider nicht mehr erleben können. Deswegen nehme ich die Kette aufs Traumschiff und überall, wo sie hinfahren wollte, mit hin. Ich mache so die Reise stellvertretend für sie. Das ist das einzige Schmuckstück mit einer wirklich tieferen Bedeutung.
MM: Ehering tragen Sie also nicht mehr?
Fernandes: Nee.