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Fashion-Legende Twiggy auf Mallorca: "Ich bin stolz auf meine Falten"

Zu Gast bei Evolution: Das Ex-Supermodel über Schönheitswahn, die Freiheit der 1960er und warum Familie sie geerdet hält

Posieren für die Medien: Twiggy! | Foto: T. Ayuga

| Palma, Mallorca |

Dame Lesley Lawson betritt die Pressekonferenz im Hotel Portixol auf Mallorca mit wachem Blick und vergnügtem Lächeln. 1966, mit 16 Jahren, wurde sie als Twiggy weltberühmt. "Ich war selbst am meisten überrascht", sagt das Ex-Supermodel. "Wäre ich damals zu einer Modelagentur gegangen, hätten sie mich abgewiesen. Ich war zu klein und zu dünn."

Beim mittlerweile zu Ende gegangenen Evolution Mallorca International Film Festival stellte die 76-jährige Engländerin die Dokumentation "Twiggy" vor. Regisseurin Sadie Frost zeichnet darin ein intimes Porträt, das die Frau hinter der Ikone zeigt. Für Twiggy war es auch eine Rückkehr auf die Insel, wo sie in den späten 1980ern mit ihrem Mann Urlaub machte.

Mit dem Pixie-Schnitt wurde sie weltberühmt

Den Pixie-Schnitt, mit dem sie berühmt wurde, trug sie nur wenige Jahre. Er war ein Zufalls-Produkt. In einem Londoner Luxussalon wollte sie ihre langen Haare stylen lassen. Der Besitzer Leonard fragte: "Darf ich Ihre Haare schneiden?" Zu schüchtern, um Nein zu sagen, stimmte sie zu. Der Schnitt machte sie zur Stilikone. Zusammen mit ihrem markanten Make-up, inspiriert von einer Stoffpuppe in ihrem Zimmer, prägte sie einen Look, der die Modewelt veränderte. "Ich habe die Tür für andere Modeltypen geöffnet", sagt Twiggy.

1967, mit 17, reiste sie nach New York. Empfangen wurde sie wie die Beatles: Fotografen, Journalisten, kreischende Mädchen mit Transparenten. "Ich kam im Minirock an, während die Mädchen dort noch knielange Röcke trugen." In einem Restaurant verweigerte man ihr den Zutritt, weil sie Hosen trug. Ihr Bodyguard schob sie einfach am Oberkellner vorbei und setzte sie an den Tisch.

Nach drei Jahren als Model lernte sie den Regisseur Ken Russell kennen – ein Wendepunkt. Beim Abendessen schwärmte sie vom Musical The Boyfriend. Russell versprach: "Ich mache einen Film daraus. Und du spielst die Hauptrolle." Ein Jahr später stand sie vor der Kamera. "Das hat mein Leben verändert. Es öffnete mir die Tür zur Schauspielerei, zum Singen, zum Tanzen." Für die Rolle gewann sie zwei Golden Globes. Mit 22 gab sie das Modeln auf. "Damals hieß es, Models könnten nichts außer hübsch aussehen", erklärt sie. "Das ist Unsinn. Susan Sarandon und Anjelica Huston waren Models und wurden dann großartige Schauspielerinnen."

Heute beunruhigt sie die digitale Welt. "Das Internet kann Wunderbares, aber es macht mir Sorgen”, sagt Twiggy. „Vieles dort ist nicht real, wegen all der Filter." Besonders der Trend zu kosmetischen Eingriffen bei jungen Frauen erschreckt sie. "Jetzt hörte ich von einer 21-Jährigen, die sich Filler spritzen ließ. Mit diesen Wangen sehen sie aus wie Streifenhörnchen." Ihre Haltung ist klar: "Ich bin stolz auf meine Falten. Ich habe sie mir verdient." Regisseurin Sadie Frost stimmt zu: „In den 1970ern und 1980ern hatten Frauen noch individuelle Gesichter. Heute sehen alle gleich aus.” Doch sie glaubt an einen Wandel: "Das Natürliche kommt zurück."

Ihre Arbeit liebte sie immer

Was Twiggy über die Jahre geerdet hat, ist ihre Familie. Ihre Arbeit liebte sie immer. "Man kann keine Broadway-Show übernehmen, ohne engagiert zu sein." Aber das Privatleben blieb ihr heilig: "Das Wichtigste in meinem Leben ist mein Zuhause." Sie ist seit 40 Jahren in zweiter Ehe mit dem Schauspieler, Regisseur und Autor Leigh Lawson verheiratet. "Unser Leben, unsere Kinder und Enkelkinder, das ist alles, was zählt." Gemeinsam haben sie fünf Enkel.

Diese Bodenhaftung prägt auch ihren Blick auf die Gegenwart. Die 1960er erscheinen ihr im Rückblick unschuldiger. "Es war die erste Zeit nach dem Krieg, in der Freiheit aufkam", sagt sie. "Verglichen mit heute war die Zeit viel toleranter." Doch Twiggy sieht auch Fortschritte, etwa durch die Me-Too-Bewegung: "Frauen stehen heute besser da als je zuvor. Es ist noch nicht perfekt – aber besser."

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