Wer momentan durch die Briten-Hochburg Magaluf auf Mallorca flaniert, trifft auf ein ganz anderes Bild des im Sommer als Sodom und Gomorrha verschrienen Urlaubsorts. Statt wild feiernder Engländer sind die Straßen leer, Restaurants verrammelt, Rollläden heruntergelassen. Nur vereinzelt sind Fußgänger unterwegs.
Doch ein Gastronomiebetrieb trotzt dem üblichen Winterruhemodus, der von November bis März viele Lokale in den Dornröschenschlaf versetzt. Wie ein deutscher Zinnsoldat steht Ramona Hanke hinter der Theke ihres gleichnamigen Restaurants Ramona's an der Avinguda Magaluf 10 und wartet auf Kundschaft.
Ein paar Stammgäste sind da. Beim MM-Besuch sitzen sie an der Bar, trinken ihr Getränk. Auf der Terrasse sind die Tische weihnachtlich dekoriert: aufgedruckte Tannengirlanden, rote Schleifen – trotz milder 16 Grad Außentemperatur kündigt sich das Weihnachtsfest an. Die Speisekarte unterstreicht den saisonalen Anspruch: Linsensuppe, Gulasch mit hausgemachten Spätzle, Rotkohl und selbstgebackene Plätzchen. Hier kommt auf den Tisch, was zur Jahreszeit passt.
Erste Bilanz: "Es könnte noch besser laufen"
Vor gut einem Jahr eröffnete Hanke ihr Ramona's. Die Bilanz: "Es könnte besser laufen. Die Urlauber hier lassen sich auf keine Experimente ein. Sie wollen das, was sie zu Hause auch essen", sagt die gelernte Köchin. Deutsche Hausmannskost steht bei den überwiegend britischen Gästen weit unten auf der Beliebtheitsskala. Dennoch lässt sich Hanke nicht entmutigen: "Ich koche alles selbst. Ich gebe nichts raus, was ich nicht selbst gemacht habe. Das ist mein Beruf, mein Job, und der macht mir Spaß." Vor rund 30 Jahren kam sie von Dresden nach Mallorca, kennt die Insel und ihre Gastronomieszene bestens. Zuletzt arbeitete sie in Peguera, bevor sie sich entschloss, in Magaluf ihr eigenes Restaurant zu eröffnen.
Hanke ist eine Art Fels in der Brandung
Ramona Hanke ist ein Fels in der Brandung zwischen den umliegenden Küchen. Wo englischsprachige Gäste vorbeigehen, bleiben deutsche Urlauber stehen, betrachten das leicht erhöhte Restaurant staunend. Das rot-weiße Schild "German Cuisine" wirkt wie ein Magnet. "Ich konnte es kaum glauben, als ich im Sommer durch die Straßen lief", erzählt eine deutsche Urlauberin. Sie trank einen Kaffee, bestellte ein Mittagsmenü und war begeistert. "Wenn ich hier bin, gehe ich immer zu Ramona. Man merkt sofort, dass alles selbstgekocht ist."
Die Wirtin steht von früh bis spät am Herd und hinter der Theke, immer begleitet von einem TV-Sender, der deutsche Schlagermusik spielt – ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ihres Lokals. Das Ramona's wirkt wie ein kleines gallisches Dorf mitten unter britischen Urlaubern, das standhaft die Fahne der deutschen Küche hochhält: Schnitzel gegen Fish and Chips, hausgemachter Stollen gegen Apple Pie. Noch liegen die englischen, indischen und Streetfood-Lokale in Sachen Besucherzahlen vorn. Doch Hanke hofft, dass sich das im kommenden Jahr ändert.
Auch Spanier kommen und schätzen die deutsche Küche
Auch spanische Gäste und Besucher aus Palma schätzen ihre Küche. Das Ramona's ist täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet – ohne Ruhetag, auch an Weihnachten und Silvester. Dann gibt es ein spezielles Festtagsmenü, zum Beispiel Weihnachtsgans auf Vorbestellung. Sonst wartet ein Mittagsmenü zuerschwinglichen Preisen auf Fans deutscher Hausmannskost.
Für die Köchin aus Leidenschaft jedenfalls steht der Betrieb von früh bis spät im Vordergrund: "Als ich das Lokal übernommen habe, wollte ich jeden Tag vor der Arbeit schwimmen gehen", sagt Hanke. Doch da sie selbst ständig im Dienst ist – Einkäufe, Küche, Smalltalk mit Gästen –, blieb der Badeanzug ungenutzt im Kofferraum des Autos. Das Meer ist fußläufig erreichbar, doch für die Betreiberin des Ramona's scheint es wie aus einer anderen Galaxie.