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Sie verlor alles, doch sie kam zurück nach Mallorca: Die Wiederauferstehung einer deutschen Auswanderin

2020 brach Barbara Wagners Welt auf Mallorca zusammen: Pandemiebedingt musste sie ihre Modeläden schließen und nach Deutschland ziehen. Kurz darauf, als die Sehnsucht zu groß wurde, wagten sie und ihre Tochter Sasha einen Neubeginn

Sasha (links) und Barbara Wagner in ihrem Laden in Palmas Altstadt | Foto: Uwe Erensmann/@uepress

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Die Sonne steht hoch über Palmas Altstadt, ein paar Palmen wiegen sich im Wind, und auf der Calle Santo Domingo – jener steilen Stichstraße, die hinauf zur Plaça Cort führt – öffnet Barbara Wagner die Tür zu ihrem Laden Sam’s . Es riecht nach Leder, frischer Baumwolle und einem Hauch von Meeresluft, die vom nahen Hafen herüberweht. Für die 53-Jährige ist ihre Boutique mehr als ein Geschäft – sie ist ein Symbol für Neuanfang, Durchhaltevermögen und die Rückkehr zu einem Leben, das sie nie ganz aufgeben wollte.

Barbara lebt seit 2009 auf Mallorca. Ihr Weg auf die Insel war alles andere als geplant. Gemeinsam mit ihrem damaligen Mann startete sie in Deutschland einen Online-Handel. Schnell entwickelte sich daraus ein florierendes Geschäft. „Wir waren dann in den Sommerferien hier auf Mallorca und haben uns gedacht: Wieso nicht bleiben? Also haben wir unsere Tochter Sasha einfach mal eingeschult – und sind tatsächlich geblieben”, erzählt sie. Was als spontaner Schritt begann, wurde so zu einer neuen Heimat.

Es waren einmal acht Boutiquen

Zunächst eröffneten sie eine Boutique mit Brillen und Accessoires, später kamen Kleidung und Schuhe hinzu. Binnen weniger Jahre wuchs das Geschäft: Barbara und ihr Mann besaßen zwischenzeitlich acht Boutiquen, allein vier davon in Santanyí. Die kleinen Geschäfte waren nicht nur ein finanzieller Erfolg, sondern auch Teil eines Lebensgefühls: Die Sonne, das Meer, der Lebensrhythmus der Insel – alles passte.

Dann aber kam Corona und zerstörte die Routine. „Ohne Hilfen war es unmöglich, acht Läden weiterzubetreiben”, sagt Barbara. 2020, inzwischen geschieden von ihrem Mann, der die Geschäfte hier schließlich abwickelte, packte sie ihre Sachen und zog nach Düsseldorf. Inselkoller, Pandemie, der Wunsch nach einem Neuanfang – doch in der Rheinmetropole kam alles anders als geplant. Eine zugesagte Stelle konnte sie pandemiebedingt nicht antreten. „Natürlich habe ich mich weiter beworben, aber wer nimmt einen denn mit 49 Jahren noch?”, erzählt sie. Die Tage in der schönen Wohnung am Rhein waren lang und einsam. Das Ersparte schmolz langsam dahin, und die Sehnsucht nach Mallorca wuchs. Eine Freundin gab ihr schließlich den entscheidenden Rat: „Barbara, setze jetzt alles auf eine Karte.”

Bereits im Frühjahr 2021 zog sie also zurück auf die Insel. „Ich kam hier an, und plötzlich war alles wie immer, als wäre ich nie weggewesen. Es war einfach mein Zuhause, alles war so selbstverständlich”, erinnert sie sich. Sie spürte sofort: Hier wollte sie bleiben – diesmal jedoch auf eine andere Weise.

"Das musste einfach so kommen"

Statt acht Boutiquen entschied sie sich, nur eine zu betreiben. Und wie es der Zufall wollte, war direkt neben ihrem ehemaligen Laden in der Calle Santo Domingo ein Ladenlokal frei. „Das musste einfach so kommen”, sagt Barbara lachend. Gemeinsam mit ihrer Tochter Sasha eröffnete sie Sam’s – in Anlehnung an Samuel, den zweiten Vornamen von Barbaras Sohn Ben.

Sasha, eigentlich ausgebildete Schauspielerin und im Bereich Textilien eher Quereinsteigerin, ist an Barbaras Seite in der Branche völlig aufgegangen. „Wir bieten stilvolle Mode aus dem mittleren Preissegment, ohne dass man für den Markennamen extra zahlen muss”, erklärt Sasha. Die Kollektionen werden sorgfältig ausgewählt – auf Geschäftsreisen nach Deutschland, vor allem Düsseldorf, Sindelfingen und Barcelona „Wir legen sehr viel Wert darauf, unseren Kunden die perfekten Outfits anbieten zu können.”

Und das Mutter-Tochter-Duo funktioniert. Sasha spricht fließend Spanisch, Englisch, Deutsch und Katalanisch, und ihre Sprachkenntnisse helfen enorm, internationale Kundinnen zu bedienen. Barbara ist die impulsiv-emotionale, Sasha die Analytikerin. „Klar zoffen wir uns mal, aber wir ergänzen uns super!”

Kunden haben weniger Geld

Doch auch auf Mallorca ist das Geschäft nicht mehr so einfach wie früher. Menschen geben weniger Geld aus, selbst Stammkundinnen überlegen heute zweimal, bevor sie einkaufen. Barbara und Sasha spüren die wirtschaftlichen Veränderungen, die nicht nur Deutschland, sondern auch andere Länder betreffen. Dennoch sind sie überzeugt: Hier, zwischen Palmen, Kopfsteinpflaster und Meeresluft, haben sie ihr Zuhause gefunden.

„Mallorca ist für uns kein Urlaubsort, es ist unser Leben”, sagt Barbara. Die Boutique ist dabei mehr als ein Geschäft – sie ist ein Ort, an dem sich Menschen wohlfühlen, Mode entdecken und ein Stück Lebensgefühl der Insel mit nach Hause nehmen können. Für Barbara und Sasha hat sich alles wieder rund gedreht: Nach Höhen und Tiefen, Trennungen, Pandemie und Rückschlägen haben sie ihren Platz gefunden – und Mallorca ist wieder das, was es von Anfang an war: ein Zuhause, das sie nie ganz verlassen wollten.

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