"Ich glaube, das musikalische Schubladendenken in Deutschland löst sich langsam auf", meint "Höhner"-Musiker Jens Streifling. "Man muss sich doch nur mal Helene Fischer anschauen. Zu der gehen ganz junge Leute und stehen drauf. Viele hören heute ein ganz breites Spektrum, haben alles auf ein und demselben Stick. Helene Fischer, dann kommt Hip-Hop und danach vielleicht die Höhner."
Mit dem Schubladenproblem musste Streifling auch vor genau zehn Jahren leben. Sein Wechsel von BAP zu den Höhnern löste in der Kölner Musikszene ein kleines Beben aus. Von der Rock'n'Roll-Band zur Karnevalsgruppe? "Die Höhner sind ja keine Karnevalsgruppe. Sie werden nur von manchem vielleicht so wahrgenommen, der uns nicht gut kennt. Wir treten das ganze Jahr über in allen Ecken Deutschlands auf."
Die Entscheidung vor zehn Jahren hatte auch einen wirtschaftlichen Hintergrund. Die Höhner konnten dem heute 47 Jahre alten Musiker eine sichere finanzielle Basis bieten. Davor hat er neben seinem Job bei BAP immer wieder auch für andere gespielt, war zum Beispiel mit Udo Lindenberg, Guildo Horn und Pankow auf Tour.
Seit dem Wechsel zu den Höhnern ist dafür keine Zeit mehr: "Bei den Höhnern ist permanent Stress, du kommst kaum zum Luftholen. Wir arbeiten immer von mittwochs bis sonntags, montags und dienstags ist frei. Und in den Schulferien." Daher kann sich der gebürtige Sachse gerade ein paar Tage Mallorca gönnen. Mit Freunden urlaubt er in Nova Santa Ponça.
Nur wenige Monate vor dem Mauerfall 1989 durfte Streifling mit seiner Familie die DDR verlassen und suchte sein Glück in Köln. Zwar spielte er schon in der DDR mit den Bands P 16 und Zebra, doch im Westen wartete niemand auf den Musiker aus dem Osten. Streifling brauchte ein paar Jahre, um Fuß zu fassen.
In dieser Zeit trat er unter anderem auch in Kanada auf, spielte in der Lederhose Bayern-Musik. "Ich war jung und brauchte das Geld", schmunzelt Streifling, der mehrere Instrumente professionell beherrscht: "Mundharmonika, Gitarre, Mandoline, Saxofon, Klarinette, Keyboard, Schlagzeug, Flöte. Immer wenn ich ein Instrument in die Hand bekommen habe, habe ich gesagt, jetzt übe ich darauf so lange, bis etwas herauskommt, was gut klingt." Ist er dabei schon mal gescheitert? "Ja, an der Geige. Streicher - das geht nicht."
Streifling hat einen Namen im deutschen Musikbusiness und nimmt sich seit Kurzem die Zeit, neben den Höhner-Verpflichtungen auch mit Band-Kumpel Hannes Schöner als Duo aufzutreten. Und er produziert andere Künstler, will zum Beispiel im Herbst Sängerin Maggy Boni an den Start bringen.
Dabei geschieht fast alles in Eigenregie. "Ich will mal schauen, wie weit man heutzutage kommt, ohne Plattenfirma, nur mit den neuen Medien. Kann man damit CDs absetzen und Konzerte ausverkaufen? Musiker haben heute die Möglichkeit, sich immer stärker selber zu vermarkten."