Ein bisschen verrückt ist er schon, steckt voller Enthusiasmus und voller Liebenswürdigkeit. Stefan Lundgren (46) ist umtriebig, quirlig und sehr kunstbegeistert. Und er stellt klar: Er und seine Frau Pärnilla - "Wir sind ein Familienbetrieb!" - sind Sammler. Doch man könnte die beiden auch Galeristen, Kunsthändler und Künstler nennen.
Beide stellen ihre eigenen Arbeiten erfolgreich aus, nicht nur auf Mallorca. Beide zeigen ihre Sammlung moderner Avantgarde-Künstler, geboren zwischen 1960er bis 1980. Sie umfasst insgesamt gut 300 Arbeiten: "Die genaue Zahl weiß ich nicht, das ändert sich ja auch immer wieder, wenn wir ankaufen oder verkaufen", sagt der gebürtige Schwede.
Stefan und Pärnilla Lundgren verbringen Stunden am Laptop, um mit den Ateliers internationaler Künstler, mit Sammlern, Auktionshäusern und Händlern in ständigem Kontakt zu bleiben. "Wir checken täglich, was auf dem Markt ist", sagt Stefan Lundgren. "Am wichtigsten ist es, mit den Assistenten der Künstler gut zurechtzukommen, durch sie weiß man immer, wann eine Arbeit fertig ist, was die Künstler gerade tun. Sterling Ruby hat vermutlich rund fünfzig Assistenten, Jonathan Meese ist stets in Begleitung von mindestens drei Personen, wo immer er auch hingeht."
"Mallorca Landings" nennt Stefan Lundgren den Familienbetrieb, zu dem außer Pärnilla und ihm selbst auch zwei Söhne im Alter von 15 und 17 Jahren und zwei Cockerspaniel gehören. "Den Namen Mallorca Landings haben wir gewählt, weil das hier ein Platz ist, wo Menschen landen. Es ist ein Treffpunkt", sagt Stefan Lundgren. "Eine Million Menschen leben hier, zwölf Millionen Besucher gibt es im Jahr, einige davon landen auch bei uns. Wir möchten nicht unter unserem Namen firmieren. Dazu sind wir zu schüchtern."
Standort von "Mallorca Landings" ist eine riesige Altbauwohnung im historischen Stadtkern von Palma. Hier steht, hängt, liegt Kunst, etwa dreißig bis vierzig Arbeiten: in den beiden Eingangsräumen, im Wohnzimmer, in der Küche, im Schlafzimmer über dem Bett, im Bad. Im bunten Durcheinander mit Büchern, der Kaffeemaschine, den aufgehängten Würsten neben einem Schweinskopf, mal hängen ein paar Klamotten, mal liegen Papiere herum.
Pärnilla schlurft irgendwann über den Flur: "Ich geh mal schnell duschen." Immer gibt es noch eine weitere Tür, hinter der sich dann auch wieder Kunst verbirgt, oder Kataloge, oder Bücher über Kunst. Neuerdings hat er noch einen zusätzlichen Raum im Carrer Tomas Forteza gemietet.
Die Galeriewohnung ist Besuchern zugänglich: "Wir freuen uns auch über jene, die einfach nur gucken wollen", sagt Lundgren. Alle paar Monate organisiert er eine Einzelshow eines der von ihm vertretenen Künstler. Viele der dann gezeigten Bilder sind oft schon verkauft, wenn Sammler bereits reserviert hatten. Zu jedem Zeitpunkt führen die Lundgrens ein offenes Haus: "Zu uns kommen die Freaks, die Art-Junkies", sagt der Hausherr. Und er erzählt, dass dann zusammen gekocht wird, geredet und diskutiert.
Von der Terrasse aus nutzt Lundgren die gegenüberliegende Hauswand für Videoprojektionen. Zu sehen sind bei Mallorca Landings Arbeiten von Gerald Davis, Matthew Brand, Alex Da Corte, Jennifer West, Luis Gispert, John Houck, um nur einige zu nennen. Die Lundgrens betreuen rund fünfzehn Sammler, die auf der ganzen Welt verstreut leben. "Das ist heute einfach. Wir verkaufen rund achtzig Prozent im Internet. Und wir kaufen manchmal auch Arbeiten, ohne sie live gesehen zu haben", sagt Lundgren. Und er sagt: "Für manche Künstler habe ich eine lange Warteliste von Käufern. Kunst wird oft verkauft, bevor sie fertig ist."
Von Krise in der Kunstszene also keine Spur? "Ach wo", sagt Lundgren. "Leute haben nach wie vor Geschmack. Sie müssen ja Kunst nicht kaufen, sie wollen es. Die Szene ist in Bewegung." Und Stefan Lundgren auch. Mehrfach im Jahr fährt er mit Pärnilla auf Kunstmessen zwischen Basel, New York, Hongkong oder Miami: "Im Mai sind wir in Hongkong und Peking. Dann versuche ich natürlich auch so viele Künstlerstudios wie möglich zu sehen. China ist ein hoch interessanter Markt, sowohl was die Sammler als auch was die Künstler anbelangt."
Lundgren selbst hat mit dem Sammeln schon als 18-Jähriger begonnen, mit Arbeiten des Argentiniers Enrique Battista. Seitdem hat ihn die Leidenschaft nie mehr losgelassen. Er hat in Schweden, New York und Berlin gelebt, seit 2011 ist er in Palma. Dem Museum Es Baluard und dem Casal Solleric hat er aufgrund seiner internationalen Kontakte schon Künstler vermittelt, seine eigenen Arbeiten waren bei Xavier Fiol und Pelaires zu sehen. "Ich habe den Vorteil, Kunst auch aus der Warte des Künstlers zu betrachten. Ich habe in Schweden etliche Ausstellungen durchgeführt. Ich weiß, wie Künstler sich fühlen."
INFO
Mallorca Landings, Palma
Carrer Caputxines 11.
Besuch nach Absprache über 663-031220
www.mallorcalandings.com
(aus MM 10/2014)