Viviane Da Silva Andrade schwebt förmlich in ihrem mit Pailletten verzierten, grünen Kostüm übers Parkett. Ihre Arme und Hände bewegt sie zu den rhythmischen Klängen der Trommeln. Die goldenen Armreifen klimpern bei jeder Bewegung. Mit den Zimbeln in der Hand gibt sie den Takt vor, die Frauen hinter ihr in ebenso farbenprächtigen Kostümen tun es ihr gleich. Da Silva lächelt ihrem Spiegelbild entgegen.
"Neben Leidenschaft und viel Arbeit ist es vor allem Fantasie. Ich erlaube meinem Körper und Charakter, das zu sein, was sie sein möchten", sagt Da Silva, die gerne bei ihrem Künstlernamen Helwa genannt wird, und ihre Augen beginnen zu leuchten. Bauchtanz ist der Lebenssaft der 49-jährigen Brasilianerin aus Rio de Janeiro, die sich schon von klein auf für die orientalische Kultur begeisterte. Es ist ein Ausdruck purer Lebensfreude und Energie. Viele Menschen sähen den Bauchtanz abwertend als sexistischen Tanz, doch das verneint Da Silva entschieden: "Er ist in erster Linie elegant." Denn es gehöre viel mehr dazu, als nur mit der Hüfte zu wackeln: "Die Bewegungen sind fließend, der ganze Körper tanzt mit."
Die gelernte Flugbegleiterin lernte 1997 ihren Ehemann, einen Mallorquiner, kennen und heiratete ihn zwei Jahre später. 2003 öffnete sie die erste Bauchtanzschule Palmas, die Academia Helwa. Zurzeit tanzen 218 Frauen unterschiedlicher Nationalitäten dort. Die jüngste Schülerin ist vier, die Älteste 64. Auch vier deutsche Frauen sind vertreten. Bauchtanz kann jeder lernen, ist Da Silva überzeugt.
"Es gibt drei Regeln: Fühl dich schön, tanze im Rhythmus und setze dich körperlich nicht unter Druck", erzählt sie. Allerdings dauert es in der Regel ein Jahr, bevor Erfolge sichtbar werden. "Frauen müssen ihren Körper kennen und akzeptieren lernen. Selbstbewusstsein ist für den Bauchtanz unentbehrlich", erklärt die Brasilianerin und streicht sich ihre blonden Locken aus dem Gesicht.
Wer die Grundlagen beherrscht, kann anfangen, den Shimmy, das rhythmische Zittern der Hüften und anderer Körperteile zu lernen. Danach werden auch Accessoires wie Kerzen, Schleier, Säbel, Stöcke oder Zimbeln in den Tanz mit eingebaut. Jede Requisite hat eine Bedeutung: Die Kerzen demonstrieren einen Neuanfang. Im alten Ägypten soll der Bauchtanz als Fruchtbarkeitsritual gegolten haben. "Im Bauch der Frau beginnt das Leben, hier liegt die Macht", erklärt Da Silva und lässt ihre Hüften kreisen. Heute wird er immer noch in den östlichen Ländern zu Feierlichkeiten aufgeführt.
In der westlichen Welt ist der Bauchtanz vor allem eins: Kunst und Spaß. In ihrem Beruf hat Da Silva ihre Passion gefunden: "Ich liebe das Unterrichten. Wenn meine Schülerinnen Fortschritte machen, das ist Bestätigung und Freude zugleich."
Auf die Frage, was ihr Künstlername bedeutet, grinst Helwa verschmitzt: "Ich habe mir den Namen nicht selbst gegeben, es war mein früherer Tanzlehrer." Helwa bedeutet auf Arabisch süß oder schön. "Er nannte mich einmal so, als er mich tanzen sah", fügt sie hinzu und tänzelt in ihrem gold-grünen Kostüm davon.
(aus MM 8/2014)