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Orangen, ein Filmteam und eine geheimnisvolle Treppe

SWR dreht auf Mallorca Reisedokumentation für ARTE

Kameramann Joachim Krug und seine Assistentin drehen eine Nahaufnahme der Orangenbäume.

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"Acción!" ruft Angelika Stucke und Pere Suau fährt los. Oder besser gesagt: Er schiebt los. Mit einem lauten Knattern drückt er die motorbetriebene Schubkarre durch den engen Orangenhain in Fornalutx. Sie ist voll beladen mit den prächtigsten Exemplaren der wohl bekanntesten Zitrusfrucht der Insel.

Angelika Stucke ist eigentlich Schriftstellerin und lebt in der Nähe von Madrid. Gelegentlich organisiert und produziert sie Filmdrehs deutscher Sendeanstalten in Spanien. "Ich kümmere mich um alles. Ich organisiere Drehgenehmigungen, buche Hotels und bin dann auch vor Ort beim Dreh dabei", erklärt sie. Die wichtigste Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass der Zeitplan eingehalten wird. Denn die Drehtage sind genau durchgeplant. Ein "dann kommen wir eben morgen wieder" darf es nicht geben.

Pere Suau, der den Familienbetrieb in den Bergen oberhalb von Sóller führt, rattert mit der selbstgebauten Maschine die steile Steintreppe hinauf. Joachim Krug, SWR-Kameramann, liegt am Boden. Nicht etwa, weil er so erschöpft von der Arbeit ist, sondern um das bestmögliche Bild einzufangen.

Es ist die letzte Szene, die auf dem Gelände von Pere Suaus Finca gedreht werden soll. Alle anderen sind bereits im Kasten. Ein Interview mit dem Orangenbauern, die Ernte und die Schnittbilder. "Das sind Sequenzen, die später als Füllmaterial zwischen den einzelnen Szenen eingebaut werden", erklärt Susanne Mayer-Hagmann, Redakteurin bei der SWR-Sendung "Eisenbahnromantik" und Autorin der Folge, die auf Mallorca gedreht wird. Sie bestimmt, welche Szenen gedreht werden.

Joachim Krug setzt diese dann mit der Kamera um. Immer wieder sagt er: "Nochmal", und Pere Suau wirft die Maschine wieder und wieder an und läuft zum dritten Mal die Treppe hinauf. Sein Helfer Andreu schneidet so lange Orangen von den Bäumen, bis Mayer-Hagmann zufrieden ist. Sie ist es auch, die viele Zwischenfragen stellt, und sich alles auf einem kleinen Block notiert. "Wir waren schon überall zum Drehen, auf Madagaskar, in Australien und erst kürzlich in Uruguay", erklärt sie.

Zweieinhalb Wochen bleibt das Team auf Mallorca. Sämtliche Sehenswürdigkeiten der Insel besucht die vierköpfige Mannschaft in dieser Zeit. Anschließend entsteht in Stuttgart der fertige Film am Schnittpult. Der Vormittag im Orangenhain wird dabei auf zirka drei Minuten zusammengekürzt. "Manchmal tut es schon ein bisschen weh, die vielen Bilder und Erlebnisse am Ende so zusammenzukürzen", sagt Mayer-Hagmann, "aber das ist unser Job. Das Endprodukt darf eben nur 45 Minuten lang sein."

Mehrfach versucht das Team Catalina zu erreichen, die Kontaktperson für ihren nächsten Drehtermin in der "Cooperativa" von Sóller, der landwirtschaftlichen Genossenschaft. Sie nimmt nicht ab. Angelika Stucke wird langsam nervös und erinnert Joachim Krug, der konzentriert Nahaufnahmen der Orangenbäumen dreht, an den straffen Zeitplan.

"Meistens fangen wir morgens an und hören auf, wenn das Licht verschwindet. Dazwischen gibt es nur eine kurze Mittagspause", sagt Mayer-Hagmann und fügt hinzu: "In Südamerika ist einmal extra der deutsche Botschafter gekommen, um beim Dreh dabei zu sein. Da ging dann so ziemlich alles schief. Hier aber läuft es sehr gut, die Behörden und alle anderen Beteiligten waren unheimlich freundlich und hilfsbereit. Sie haben uns reibungslose Abläufe möglich gemacht."

In der Finca bereitet der Koch unterdessen eine Paella zu. Knoblauchwürze mischt sich in den Orangenduft. Pere Suau erwartet Besucher. Zur Vorspeise gibt es Coca, eine Art mallorquinische Pizza. Der alte Mann mit Zigarre im Mund, der sich um die Küche kümmert, lässt das SWR-Team reihum probieren.

Bevor die Filmcrew die Finca verlässt, bleibt Susanne Mayer-Hagmann stehen. Sie hat eine schmale Treppe entdeckt, die hinab Richtung Dorf führt. "Was für eine wunderschöne Treppe", sagt sie.

"Früher mussten wir sie benutzen, um die Orangen ins Tal zu bringen, die Straße hoch zu unserer Finca wurde erst 2002 gebaut", erklärt Pere Suau der Redakteurin.

Kameramann Joachim Krug klappt die Tasche zu, schultert sein Stativ, stöhnt und sagt: "Gott sei Dank sind wir erst dieses Jahr gekommen."

Ein Sendetermin steht noch nicht fest.

(aus MM 21/2014)

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