Man kennt das aus der Science-Fiction: Ein Raumschiff rast durch ein Wurmloch im All, das sich am anderen Ende in ein anderes Universum öffnet. Doch wozu in die Zukunft reisen? Um die Existenz eines weiteren Universums zumindest zu erahnen, genügt ein Besuch Palmas alten Seehandelsbörse.
Dank einer Kooperation des Govern Balear und des Instituts für Auslandsbeziehungen in Stuttgart eröffnet am Freitag, 27. März, in der Llotja eine Ausstellung von Rebecca Horn. "Glowing Core" (Glutkern) heißt die Installation, die sie eigens für die Llotja geschaffen hat. Durch Spiegelreflexe, Licht und Klang erweitert die Künstlerin die Halle des gotischen Gebäudes zu einem Hypergebilde aus Raum und Zeit.
Mit Horn stellt eine Künstlerin von internationalem Renommee in der Llotja aus, mit Werkschauen in Museen wie dem Guggenheim in New York, der Tate Gallery in London und dem Museum of Contemporary Art in Tokio. Der Lyriker Joachim Sartorius schreibt über die Künstlerin, sie habe "über Jahrzehnte ein hochkomplexes Werk geschaffen, das von metaphysischen Fragen und einer heftigen existenziellen Sehnsucht grundiert und zusammengehalten wird".
Bei "Glowing Core" finden sich Elemente wieder, die so oder anders schon anderen Orts gezeigt wurden, jedoch noch nie in dieser Kombination.
Den rotierenden Spiegel am Boden, der von einem von der Decke abgehängten Spiegel reflektiert wird, hat Horn bereits 2003 bei ihrer Installation "Mondspiegel" in Pollença verwendet. Schaut der Betrachter in den rotierenden Spiegel, fällt sein Blick in einen tiefen Schacht, und mit ihm stürzt eine der Palmsäulen kopfüber. "Nach Sonnen Untergang/der Sturz ins Gestein/dem goldenen Glutkern entgegen", heiß es in einem alchimistisch anmutenden Gedicht, das die Künstlerin ihrem Werk zugrunde gelegt hat.
Aus diesem Glutkern steigt ein Energiewirbel nach oben, wo über drei goldenen Trichtern zwei blaue Scheiben schweben wie Himmel und Meer zugleich.
Um diese vertikale Skulptur hat Horn 16 Ensembles mit sich wiederholenden Elementen gruppiert. Hinter wassergefüllten goldenen Schalen erheben sich t-förmige Gestänge. In der Mitte ihrer Querstreben thront jeweils der eiserne Abguss eines Totenkopfes. Das Original stammt aus den Katakomben von Neapel.
Unter den Köpfen stehen zwei Glühbirnen wie Flügel ab: "Flügelflammen nehmen dem Tod das Schwarz", heißt es in dem Text von Rebecca Horn. "Dem Tod können wir nicht entrinnen. Er ist nicht das Ende, sondern ein anderer Zustand", kommentiert dies die Künstlerin, die dem tibetischen Buddhismus nahesteht.
Sich langsam drehende Spiegel an den Quergestängen nehmen fragmentarisch die Außenwelt der Llotja auf und integrieren die Bruchstücke mit dem Innenraum. Kreisförmige Glasscheiben, die Horn als "Seelenlicht" bezeichnet, spiegeln ebenfalls ihre Umgebung, nur eben wesentlich subtiler.
Dazu ertönen meditative Klänge von Saxofonspiel und Obertongesang, die der neuseeländische Musiker Hayden Chisholm vor Ort aufgenommen und übereinandergelegt hat. Der synchrone, langsame Rhythmus der Klänge, des Lichts und der Reflexionen entschleunigen die Zeit. Der Hyperraum beginnt zu Schwingen, zu atmen, zu leben: So öffnet sich der Spalt zu einer neuen Dimension.
INFO
Vernissage: Freitag, 27. März, 20 Uhr;
Dauer: bis Donnerstag, 1. Oktober; DI bis SO 10 bis 14 Uhr und 17 bis 20 Uhr, ab Juli 18 bis 23 Uhr;
La Llotja, Plaça de la Llotja, Palma