Es ist das perfekte Drehwetter, die Sonne scheint und dennoch klettern die Temperaturen nicht zu hoch. Die Schauspieler Katharina Müller-Elmau und Gregory Waldis sind vor einer der spektakulärsten Landschaften Mallorcas platziert, dem Lochfelsen Sa Foradada. Kürzlich entstadnt auf der Insel der ZDF-Film "Ein Sommer auf Mallorca". Zuständig ist die Münchner "Ariane Krampe Produktion". Es ist bereits der zweite Streifen in diesem Herbst, den die Firma auf der Insel dreht. Im September wurde "Der Weg über das Tramuntana-Gebirge" produziert.
Was macht die Insel so attraktiv für Filmteams? "Mallorca ist zum einen inhaltlich ideal, weil es bekannte Ziele und Bilder mit noch ganz neuen und unbekannten Regionen mischt", sagt Ariane Krampe. Beispielsweise sei die Tramuntana weitestgehend unbekannt beim Publikum, und man erwarte diese fast alpinen Landschaften an einer atemberaubenden Steilküste nicht. "Organisatorisch ist die unkomplizierte Anbindung an Deutschland von Vorteil, und es gibt vor Ort viele qualifizierte Filmschaffende, die ein Team wunderbar ergänzen", fügt die Produzentin an.
Die Insel war und ist ein beliebter Drehort für hiesige und internationale Filmemacher. "Es gibt ein besonders großes Interesse von deutschen und britischen Filmproduzenten", sagt Pedro Barbadillo, Leiter der "Mallorca Film Commission" und Dokumentarfilmer. Aber auch die Nachfrage von amerikanischen Produzenten steige. Derzeit entsteht auf der Insel der neue Hollywood-Film mit Anne Hathaway, "Nasty Women". Seit einem Jahr ist die "Mallorca Film Commission" wieder aktiv, die Vorgängerregierung hatte sie zwischenzeitlich stillgelegt. Die Kommission mit zwei Mitarbeitern dient als Bindeglied und Beratungsstelle für Filmschaffende. Für eine österreichische Produktion über den Erzherzog Ludwig Salvator kürzlich half die Kommission beispielsweise dabei, ein Schiff aus dem 19. Jahrhundert aufzutreiben.
Die Mittel der Kommission stammen aus einer Tourismusstiftung. "Filme sind ein wichtiger Teil des Images von Mallorca", betont Barbadillo. Zuschauer reisen gern an den Ort, an dem ihr Lieblingsfilm oder ihre liebste Serie gedreht wurde.
Wie viele Filme tatsächlich auf Mallorca entstehen, lässt sich nur schwer sagen. Nicht alle Produzenten wenden sich an die "Film Commission". Barbadillo sagt, dass in jedem Monat des Jahres 2017 etwas produziert wurde, darunter sechs Spielfilme. Hinzukommen acht Streifen, die allein in Palma entstanden. Das teilt das "Palma Film Office" mit, das Drehgenehmigungen in der Inselhauptstadt erteilt. Weitere Produktionen seien in diesem Jahr noch in Planung - darunter auch ein deutscher Film.
Filmdrehs sind auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: "Sie konzentrieren in wenigen Tagen viel Geld", sagt Barbadillo. Eine deutsche Produktion ließ innerhalb von drei Wochen 700.000 Euro auf Mallorca. Etwa ein Drittel der Produktionskosten würden vor Ort für Hotels, Mietwagen und Ähnliches ausgegeben, hinzukommen Kosten für Catering und Handwerker.
Das Wetter, die Landschaft, die guten Verkehrsverbindungen und 500 Filmprofis auf der Insel machen Mallorca zu einem guten Drehort. "Es ist alles da, es fehlt nur die Unterstützung", sagt Barbadillo.
"Mallorca bietet fantastische Landschaften, Städte und Häfen, doch es müssen noch mehr Steuererleichterungen für Filmschaffende her", betont der mallorquinische Regisseur David Sousa ("Reevolution"). Auf den Kanaren gibt es diese in größerem Maße, weshalb sich immer wieder Filmschaffende für diese Inseln entscheiden. Laut "Film Office" bekommen auf Mallorca nationale Filmteams 20 Prozent Steuernachlass und internationale 15 Prozent. Oftmals engagieren internationale Teams deshalb Filmemacher von der Insel.
Als Vorteil Mallorcas sieht der hiesige Regisseur Marcos Cabotá ("I am Your Father") die große Zahl an professionellen Filmschaffenden an, die auf der Insel arbeiten. "Hier gibt es Filmteams, die arbeiten so professionell wie in Los Angeles", schwärmt der Mallorquiner, der selbst ein Jahr lang in den USA lebte. "Ich liebe es, mit den Leuten von hier zu arbeiten."
Wichtig für den Drehort Mallorca und auch Palma ist das große Angebot an Hotels. Gerade in der Nebensaison sei es für große Filmteams wie von "Nasty Women" unproblematisch, Unterkünfte zu finden. Für Palma spreche zudem die vielfältige Architektur. "Die Stadt ist für Filmemacher mehr als nur Sonne und Strand", betont Joana Maria Adrover, Leiterin des "Film Office".
Nicht ganz einfach ist das Thema "Drehgenehmigungen" - auch aufgrund der Umweltschutzauflagen. Oft seien andere Regionen bei der Vergabe schneller, sagt Barbadillo, dann entscheiden sich die Produktionsfirmen gegen Mallorca. Bei Buchten und Stränden ist die Küstenbehörde zuständig. In Naturschutzgebieten und der Tramuntana das balearische Umweltministerium. Die meisten Straßen gehören zum Zuständigkeitsbereich des Inselrats. In Palma ist das "Film Office" der Ansprechpartner, in anderen Gemeinden das jeweilige Rathaus. "Das ist umständlich, das würden wir gern ändern", sagt Barbadillo. Das Prozedere um Drehgenehmigungen in den Gemeinden soll vereinheitlicht werden: Bisher erheben einige Dörfer hohe Gebühren für Drehtage, andere gar keine. Einige Orten wollen Dreharbeiten, andere verbieten sie. "Es gibt eine große Nachfrage nach Reality-Shows, doch einige Gemeinden lehnen sie ab, weil sie um ihren Ruf fürchten", sagt Barbadillo.
Die Insel ist hauptsächlich wegen ihrer Außendrehplätze beliebt. Doch es gibt auch einige Studios vor Ort. Seit 23 Jahren ist die Produktionsfirma "Palma Pictures" aktiv. Sie betreibt ein 1300 Quadratmeter großes Studio. Diese Größe ist allerdings eher für Werbedrehs als für Kinofilme geeignet. Auch damit Mallorca auf den Zug des Serien-Booms aufspringen kann, wären größere Studios nötig. 2016 wurde die Amazon-Reihe "Grand Tour" auf der Insel gedreht. "Das kann die erste Stufe sein, um größere Serien herzulocken", sagt Barbadillo. Zudem bewirbt der dänische Schauspieler Pilou Asbæk zukünftig die Insel als Drehort. Der 26-Jährige wirkt seit 2016 als Euron Greyjoy in der Erfolgsserie "Game of Thrones" mit.
"Palma Pictures" war bei großen Drehs wie "Nasty Women" und der Serie "The Night Manager" beteiligt. 90 Prozent der Arbeit besteht aber aus Werbeproduktionen. "Mallorca ist ein tolles Ziel für Filmschaffende", sagt Germán Traver, Location Manager von "Palma Pictures". Doch die Insel konkurriere mit Andalusien, Katalonien und den Kanaren. Germán Traver findet: "Die Insel wird als Drehort noch zu wenig beworben."
Auf der Insel werden viele Werbesports gedreht, Autofirmen lieben die Straße nach Sa Calobra. "Was uns fehlt sind Filmproduktionen", betont Barbadillo. "Mallorca ist auf dem richtigen Weg, ich bin nicht sicher, wie weit er schon beschritten ist."
(aus MM 44/2017)