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"Miró wäre furchtbar stolz und glücklich"

Joan Punyet über seinen Großvater: "Miró war ein Poet im Goethe'schen Sinn." | Patricia Lozano

| Palma de Mallorca |

Joan Punyet Miró kann sich noch genau an den 19. Dezember 1989 erinnern. In Palmas Vorort Cala Major stand seine 88-jährige Großmutter Pilar Juncosa, Witwe des weltberühmten Künstlers Joan Miró, auf dem Balkon ihres Hauses und weinte. Es waren keine Tränen der Trauer. "Das war ein Moment von immenser Freude", erzählt Punyet: An jenem Tag vor 25 Jahren wurde die Fundació Pilar i Joan Miró eröffnet.

Für Juncosa hatte sich ein Traum erfüllt. Die Stiftung Joan Miró in Barcelona hatte bereits ihre Türen geöffnet, und nach zehn Jahren Bauarbeiten war nun auch die Stiftung Pilar i Joan Miró eingeweiht, an dem Ort, an dem Miró von 1956 bis zu seinem Tod im Jahr 1983 gelebt und gearbeitet hatte. Dort lädt die Stiftung zu ihrem 25. Jahrestag zu einem Tag der offenen Tür ein.

"Diese Stiftung wurde aus Liebe geboren", sagt Punyet, "aus der Liebe zwischen Joan Miró und Pilar Juncosa, aus der Liebe von Joan Miró zu Mallorca und aus seinem Wunsch heraus, einer so schönen Insel ein Erbe zu hinterlassen, damit niemals vergessen werde, was er die letzten 27 Jahre seines Lebens auf dieser Insel schuf und von ihr aus verbreitete."

Dass es zwei Miró-Stiftungen gibt, erklärt die Herkunft des Künstlers, der in Barcelona geboren wurde. Sein Vater war Katalane, seine Mutter Mallorquinerin. Deshalb hatte er von klein auf eine enge Beziehung zu Mallorca, die sich durch seine Frau Pilar, die aus Palma stammte, noch verstärkte. Punyet drückt dies so aus: "Barcelona, wo er geboren wurde, und Mallorca, wo er starb - das sind die Pole der Miró-Welt."

Schon 1952 hatte er in einem Brief an den Pariser Galeristen Pierre Matisse, dem jüngsten Sohn von Henri Matisse, geschrieben, dass er sich auf Mallorca niederlassen wolle. Die Insel bezeichnete er als einen wunderbaren Ort, ruhig, aber weltverbunden. Er sei sich sicher, dass dieser Ortswechsel einen radikalen Wandel in seinem Werk mit sich bringen werde, teilte er Matisse mit. "Und so war es", ergänzt Punyet. "Der Umzug nach Mallorca markierte ein Vorher und Nachher in seiner Laufbahn."

Von den Werken, die Miró aus Barcelona nach Cala Major mitbrachte, habe er die Hälfte zerstört, weil er sie zu vorhersehbar, zu angepasst, zu bequem gefunden habe. "Hier entstanden viel direktere Arbeiten, nahe an der Intuition, am Zufall und aus der Kraft des Augenblick heraus", erklärt Punyet, der seinen Großvater in dessen naturalistischer Einstellung in die Nähe von Goethe rückt, der im Geist des Menschen die Kraft der Natur walten sah. "Wenn ein Künstler in einem Alltagsgegenstand Poesie sieht, ist er ein Poet. Und Miró war ein Poet im Goethe'schen Sinne."

1956 hatte der Künstler sich mit seiner Familie in Cala Major niedergelassen. In Son Abrines hatte ihm Josep Lluís Sert den Traum von einem großen Atelier erfüllt. Der katalanische Architekt war nach dem Franco-Putsch ins Exil in die USA gegangen und lehrte an der Universität von Harvard als Dekan des Fachbereichs Architektur. Seine Pläne und ein Modell schickte er dem befreundeten Künstler über den großen Teich nach Palma.

Das Atelier ist Serts einziges Gebäude auf Mallorca. Es weist Einflüsse des Bauhaus-Stils, von Le Corbusier, aber auch der ländlichen Architektur von Ibiza auf. Punyet bezeichnet es als architektonisches Schmuckstück "von weltweitem Interesse". Der Grund, warum es zu seinen Lieblingsorten der Stiftung zählt, ist jedoch ein persönlicher: "Ich setze mich gern in den Schaukelstuhl meines Großvaters. Das erinnert mich daran, wie er dort saß, nachdachte und an seinen Bildern arbeitete."

Obwohl Miró sich lange Jahre solch ein Atelier gewünscht hatte, war er zunächst unfähig, in einem so großen Raum zu arbeiten. "Er musste erst einmal Schritt für Schritt mit gesammelten Wurzeln, Steinen, Muschelschalen, Kürbissen und Ästen das schaffen, was er 'Miró-Atmosphäre' nannte", verrät der Enkel.

Doch bald wurde ihm das Atelier zu klein. Für seine Drucke und Skulpturen brauchte der Künstler mehr Platz. Da kam ihm eine Auszeichnung zugute. 1958 überreichte ihm der damalige US-Präsident Eisenhower im Weißen Haus den Guggenheim International Award. Mit dem Geld erwarb der Surrealist 1959 von seiner deutschen Nachbarin, eine Baronin von Münchhausen, das anliegende Grundstück Son Boter mit einem Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert.

In Son Boter befinden sich Mirós berühmte Graffitis, Zeichnungen und Skizzen, die er mit Kohlestift an die Wände malte. Für Enkel Joan Punyet sind sie das "Kronjuwel der Stiftung". Auch in diesem Gebäude hat er einen Lieblingsplatz. Es ist ein Nebenraum in der ersten Etage, den er als "kleine Kapelle" bezeichnet. Dort hängen die Porträts von Mirós Eltern, von seinem engen Freund Joan Prats, einem Kunstvermittler aus Barcelona, und von seinem Freund Pablo Picasso. "Hier sprach er im Geist mit ihnen, wenn er nachdenken musste. Insofern ist das ein heiliger Ort", sagt Punyet. Für die Öffentlichkeit ist die erste Etage des Gebäudes nicht zugänglich. Noch nicht: "Die Öffnung steht an, wenn wir Son Boter restauriert haben."

Die Sorge, dass Son Abrines und Son Boter eines Tages vom einsetzenden Bauboom verschlungen würden, trieb Miró um. Denn um Son Abrines und Son Boter wurde Gebäude um Gebäude hochgezogen. "Ich musste einen Weg finden, dass die Ateliers hier erhalten bleiben, wenn ich nicht mehr bin", erklärte der Künstler einst. Diesen Weg fanden er und seine Frau in der öffentlichen, der Stadt angegliederten Stiftung Pilar i Joan Miró, der sie 1981 die Ateliers samt aller darin befindlichen Werke, Gegenstände und Dokumente übertrugen.

Was jedoch fehlte, waren ein Stiftungssitz und ein Raum, wo sich Mirós Werke ausstellen ließen. Damit er gebaut werden konnte, schenkte seine Witwe der Stiftung ein Grundstück sowie 42 Arbeiten des Künstlers. Durch Versteigerung der Werke bei Southeby's kam das Geld für den Bau zusammen, mit dem Rafael Moneo betraut wurde, der 1996 mit dem Pritzker-Preis, eine Art Oscar der Architektur, ausgezeichnet werden sollte.

Sala Estrella heißt die Ausstellungshalle. Auch sie liebt Joan Punyet ganz besonders. "Das ist ein einzigartiger Raum, besonders durch das Licht, das durch die Alabasterscheiben scheint", schwärmt er. Am Ende des Raums hängt ein drei mal zwei Meter großes Bild in den Farben Schwarz, Weiß und Rot, das für Punyet das Meisterwerk aus der Spätphase seines Großvater ist. "Dieses Bild enthält das Ganze und das Nichts, das Leben und den Tod, aber auch Aggressivität und Aufbegehren eines Malers, der in 90 Jahren niemals seine Seele an den Markt verkaufte", erklärt der Enkel des Künstlers. "Er war immer der geborene Provokateur, der sagte, dass die wichtigsten zwei Dinge, die es zu vermeiden gilt, die Wiederholbarkeit und die Vorhersehbarkeit sind. Wenn ein Werk wiederholbar oder vorhersehbar war, dann machte er es kaputt und änderte die Bildsprache."

Neben Werken und Ateliers sind die Workshops für junge Künstler eine weitere Säule der Miró-Stiftung in Cala Major. Hier können sie als Residenten am selben Tisch und mit derselben Handpresse arbeiten, an der schon Miró seine Werke schuf.

Auch die war ein Anliegen des Künstlers. Und sein Enkel versichert: "Er wäre furchtbar stolz und glücklich über die Fundació Pilar i Joan Miró und würde nicht einen einzigen Pinsel ändern."

Größe Pläne für die Zukunft

Der Fundació Pilar i Joan Miró stehen im kommenden Jahr bedeutende Änderungen ins Haus. Zunächst wird am 18. Februar das Atelier Sert wegen Instandsetzungsarbeiten geschlossen. Geht alles nach Plan, wird das Atelier im Juni wieder geöffnet. Nach Vorlagen von Filmaufnahmen und Fotos sollen die Einrichtungsgegenstände dann aber wie in der Zeit von 1975 angeordnet werden - "als würde Miró noch leben und im Augenblick dort arbeiten", so sein Enkel Joan Punyet.

Ein großes Ereignis steht am 20. April 2018 auf dem Plan. An diesem Tag wäre Miró 125 Jahre alt geworden. Ein guter Stichtag, um nach Barcelona, wo er geboren wurde, und Palma, wo er starb, eine dritte Miró-Stiftung in Montroig bei Tarragona zu eröffnen.

Von 1911 an lebte und arbeitete der Künstler mehrere Jahrzehnte auf der Finca Mas Miró. Dieser Ort gilt als die Wiege des künstlerischen Universums von Miró, hier beschloss er, sich künftig ausschließlich der Bildenden Kunst zu widmen. Mit dieser dritten Stiftung schließe sich der Kreis, sagt Punyet.

Ein weiteres Großprojekt ist ebenfalls in Arbeit: Ein Internetauftritt, der alle drei Stiftungen vernetzt. Und nicht nur sie. Denn auch andere Institutionen besitzen eine ansehnliche Sammlungen an Werken des berühmten Künstlers: Bei der Colección Mapfre hat die Familie Miró 75 Arbeiten deponiert, dem staatliche Museum Reina Sofia in Madrid hat die Familie noch wesentlich mehr Arbeiten überlassen, um die Erbschaftssteuer nach Mirós Tod zu begleichen, das staatliche Museum in Oporto in Portugal hat 80 Werke des Künstlers in seinem Besitz.

"Die Website ist heute das Schaufenster in die Welt", erklärt Punyet und fügt hinzu: "Wir arbeiten schon lange an einem besseren Zugang für Internetnutzer. Mit der Website lassen sich Reisen zu allen Miró-Orten auf Mallorca und der iberischen Halbinsel planen."

Öffnungszeiten: DI bis SA 10 bis 18 Uhr;
SO und Feiertage 10 bis 15 Uhr;
MO, 25. Dezember und 1. Januar geschlossen.
Eintritt: 7,50 Euro; SA ab 15 Uhr und jeden ersten SO im Monat frei.
Ort: Fundació Pilar i Joan Miró, Carrer de Saridakis 29, Palma
Web: miromallorca.com

(aus MM 50/2017)

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