Mehr als 600 Gäste hat Gerhardt Braun am Freitagabend in seiner Galerie im Carrer Sant Feliu in Palma zur Vernissage der Ausstellung „Summer Madness“ (Sommerwahnsinn) begrüßt. Die Geladenen waren auch erschienen, um die neuesten Werke von Leon Löwentraut zu sehen.
Dieser Andrang kommt nicht von ungefähr. Mit 20 Jahren ist Löwentraut in der Kunstszene das, was man gemeinhin als Shootingstar bezeichnet: ein Senkrechtstarter, mit Ausstellungen in Berlin und Düsseldorf, London und Paris, New York und Singapur – und nur erstmals auch auf Mallorca.
Als „blonder Picasso” und als „Bubicasso” („Bild”) wurde Löwentraut von manchen Medien bezeichnet. Der große Hype um einen jungen Künstler? Er selbst widerspricht: „Ein Hype war das vor drei Jahren, als mit der ersten Medienpräsenz viele Leute auf mich aufmerksam wurden. Aber welcher Hype dauert vier Jahre am Stück?”
Löwentraut, der in Kaiserslautern geboren wurde und seit 18 Jahren in Düsseldorf lebt, interessierte sich schon von klein auf für die Kunst. Und er war noch ein Halbwüchsiger, als die Leute begannen, auf seine Bilder aufmerksam zu werden. „Mit zwölf oder 13 habe ich gemerkt, dass ich Künstler werden will”, erzählt er. Dass er die Schule verließ, findet er deshalb nicht schlimm. Wie auch, wenn er im Kunstunterricht eine Drei bekam, während Sammler seine Arbeiten für vierstellige Beträge kauften! Deshalb sagt er: „Ich habe nicht die Schule abgebrochen, sondern meine Berufung früher gefunden.”
Auch kann er gut damit leben, dass ihn die Kunstakademie in Düsseldorf als Studenten abgelehnt hat. Denn begründet wurde dies damit, dass sein Stil schon zu gefestigt sei. Trotzdem sagt Löwentraut: „Ich will auf jeden Fall noch Unterricht nehmen, nicht um meinen Stil zu ändern, sondern um weitere Techniken zu lernen.”
Dieser Stil ist expressiv und weitgehend abstrakt. Doch auch figurative Elemente wie Gesichter, Masken und Profile findet man in seinen großformatigen Gemälden. „Meine erste und wichtigste Inspiration sind Frauen”, sagt er und verrät mit einem verschmitzten Lächeln: „Alle meine Ex-Freundinnen sind irgendwo in den Bildern drin.”
Auch von Gestik und Mimik lässt Löwentraut sich inspirieren. Wenn er in der Stadt sitzt, beobachtet er Menschen im Umgang miteinander. Daraus entstehen Titel wie „Die Zwei um 12 Uhr mittags in der Stadt” oder „Das diskutierende Ehepaar”. „Diese Situationen sind wirklich vorgefallen, aber ich gebe sie in der Kunst ganz anders wieder, so, wie ich das empfinde”, erklärt der Künstler.
Fragt man ihn, wie er zu seiner expressiven Kunstsprache gekommen ist, nennt er als seine großen Vorbilder Pablo Picasso und Jean-Michel Basquiat.
Und die Farbe als wichtiges Ausdrucksmittel: „Ich habe mich immer am wohlsten gefühlt, wenn die Bilder komplett bunt sind”, so der Maler. Nur einmal, im Jahr 2016, habe er dieses Prinzip durchbrochen, für seine erste Ausstellung in New York, in der renommierten Galerie Edelmann. Damals stellte er eine Serie von Arbeiten mit weniger Farben und in Erdtönen aus, die mehr auf Motive und Formen fokussiert war. „Das war auch eine Erfahrung für mich, aber die zweite Ausstellung habe ich dann wieder mit bunten Bildern gemacht”, erzählt er. Der Galerist, Asher Edelmann, habe ihm recht gegeben und ihn bestärkt, so weiterzumalen.
Wenn Löwentraut malt, trägt er dick auf. Acryl oder Le-Corbusier-Farbe, für die langsam trocknende Ölfarbe, sagt er, habe er keine Geduld. Den intensiven Umgang mit den Farben begründet er so: „Wenn ein Bilde viel Haptik besitzt und man verschiedene Höhen und Tiefen auf der Oberfläche erkennen kann, finde ich das viel eindrucksvoller als nur eine glatte Oberfläche.”
Bei aller eigener Kunst interessiert Löwentraut sich auch für Arbeiten von Kollegen, für das, was, wie er sagt, rechts und links um ihn herum passiere. „Ich finde es sehr wichtig, dass man nicht nur auf sich selber guckt und mit Scheuklappen durchs Leben geht, sonder auch Input von anderen Künstlern bekommt”, lautet sein Credo.
Von manchen Kollegen hat er Arbeiten zu Hause, darunter von Jeff Koons, David LaChapelle und Günther Uecker. Leisten kann er es sich, dank seiner eigenen Werke, deren Preise mittlerweile im fünfstelligen Bereich liegen. „Ich habe halt auch Glück, dass ich von meiner Kunst leben kann”, sagt er und ist überzeugt: „Solange man für das lebt und brennt, was man selber liebt, ist man auch erfolgreich.”
Was der Erfolg mit ihm gemacht habe? „Ich bin der Gleiche geblieben”, sagt er und stellt die rhetorische Frage: „Was bringt es einem, abzuheben? – Gar nichts, außer Neid und Missgunst.”