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Die mallorquinische Identität wird kräftig gefeiert

Ratsfrauen und -herren tragen die Standarte auf den Rathausplatz. | M. A. Cañellas

| Palma, Mallorca |

Auf Mallorca wird am 31. Dezember nicht nur Silvester gefeiert, sondern auch die Festa de l‘Estandart. Mit dem Standartenfest wird des Einzugs von Jaume I., König von Aragón, 1229 in Medina Mayurka gedacht. So hieß Palma in den 327 Jahren muslimischer Herrschaft.

Wann das Fest zum ersten Mal stattfand, lässt sich heute nicht mehr sagen. „Seine Ursprünge gehen auf die Jahre nach dem Tod von Jaume I. zurück“, sagt Palmas Stadtchronist Bartomeu Bestard. Seinen Zweck erklärt er so: Das Fest habe erst den Königen von Mallorca, dann der Krone von Aragón dazu gedient, ihre Herrschaft über die Insel zu legitimieren und zu bekräftigen.

Die Höhepunkte des Festes sind am 30. Dezember um 20 Uhr die Kranzniederlegung vor dem Denkmal von Jaume I. auf der Plaça d’Espanya und am 31. Dezember um 10.15 Uhr das Aufstellen der Standarte von Jaume I. auf der Plaça Cort. „Im Mittelalter war die Standarte ein quasi heiliges Symbol, das den König repräsentierte“, erklärt Bestard. Ausgestellt wird auch eine Kopie der Helmzier mit dem geflügelten Drachen, von der man heute weiß, dass sie Martin I. von Aragón (1356-1410) trug.

Neu in diesem Jahr: Erstmals werden auch die Wappen der Barone des Königs aufgestellt. Die Grafen von Roussillon und Ampurias, der Vicomte von Béarn und der Bischof von Barcelona trugen die Eroberung mit. Unter ihnen und dem König wurde dann die Insel aufgeteilt.

Veränderung gab es bei dem Standartenfest immer wieder. Über Jahrhunderte nutzte es der Militärgouverneur von Mallorca für eine Waffenschau – ein Grund, warum das Fest bis heute überlebt hat. Seit der Demokratie steht die Geburt des Königreiches Mallorca im Zentrum der Aufmerksamkeit, will heißen: die Geburt Mallorcas.

Was diese Geburt bald 800 Jahre später für die Mallorquiner bedeutet, äußerte im vergangenen Jahr Palmas links-nationalistische Bürgermeister, Antoni Noguera. Er erklärte, dass „wir uns wie jeden 31. Dezember auf der Plaça de Cort treffen, um unsere Wurzeln als Volk und die unverwechselbaren Merkmale unserer Identität zu feiern“. Diese Identität ist laut Mallorcas Bischof Sebastià Taltavull „nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine territoriale Angelegenheit“.

Katalanistische Gruppen gehen einen Schritt weiter. Am 30. Dezember pflegen sie für ein souveränes, sprich von Spanien unabhängiges Mallorca als Teil der „katalanischen Länder“, zu demonstrieren. Dabei kam es letztes Jahr zu verbalen Reibereien mit pro-spanischen Gegendemonstranten. Beide Seiten beleidigten sich wüst. „Wir wischen unseren Hintern mit eurer Fahne ab“, schrien die einen, „Francos Söhne“ brüllten die anderen. „Hijos de Franco” meint zwar „Faschisten“, ähnelt aber wohl nicht ganz unbeabsichtigt dem Schimpfwort „Hijo de puta“, Hurensohn.

Die Verbalinjurien an den Rändern des politischen Spektrums zeigen: Der Symbolgehalt des Standartenfestes ist bis heute hoch, auch wenn sich die Inhalte geändert haben. Vor einem Jahr verlegte deshalb Mallorcas Inselrat den Mallorca-Tag vom 12. September auf den 31. Dezember. Die Mehrheit aus Sozialisten und Linksnationalisten befand, dass es die Diada de Mallorca in den 20 Jahren ihrer Existenz nicht vermocht habe, Wurzeln in der mallorquinischen Bevölkerung zu schlagen. Der wahre Mallorca-Tag sei nach wie vor das Standartenfest.

Die rechtskonservative Partido Popular will unterdessen die Diada de Mallorca wieder zurückzuverlegen, sollte sie bei der nächsten Wahlen an die Macht kommen. So oder so, das Standartenfest wird garantiert weiter gefeiert werden: Seit 2008 ist es als immaterielles Kulturgut geschützt.

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