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Konzertkritik: Licht und Feuer im Auditorium von Palma

Mit dem Konzert am Donnerstag endete im Auditorium Palma die Aboreihe der Saison 2021/22. | Privat

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Operngalas sind gleichermaßen für Ausführende und Publikum eine Herausforderung: der Sänger oder die Sängerin muss blitzschnell von einer Rolle in die nächste wechseln, einen Affekt im Minutentakt durch einen anderen ersetzen, ohne dabei durch Kostüm oder Maske unterstützt zu werden. Oft ändert sich sogar die Sprache. Am Donnerstagabend standen Italienisch (bei Cilea, Puccini und Verdi), Spanisch (bei Granados) und Französisch (bei Massenet) auf dem Programm. Die Welt des Belcanto wollte ebenso bedient werden wie der Verismo. Und das Publikum muss dieses Changieren zwischen den Welten, den Charakteren, den Affekten "mitmachen", oft ohne den jeweiligen Handlungszusammenhang zu kennen.

Dafür wird es allerdings auch nicht durch irgendwelche Regietheater-Mätzchen und eine Inszenierung gegen die Partitur, wie sie leider oft stattfindet, abgelenkt und kann sich ganz auf die Musik konzentrieren. Hilfreich für die Rezeption kann dabei das Programmheft sein, das Zusammenhänge erklärt und die emotionale Bandbreite umreißt. Bárbara Duran hat das Konzept, das hinter dem Abend stand, mit der Überschrift "De la pasión a la ternura, del fuego a la luz" abgesteckt. "Von Leidenschaft zu Zärtlichkeit, von Feuer zu Licht."

Dieses Terrain durchmaß die großartige US-amerikanische Sopranistin Ailyn Pérez (mit mexikanischen Wurzeln) bravourös. Chefdirigent Pablo Mielgo hatte mit ihr wieder einmal dank seiner internationalen Verbindungen eine Starsängerin auf die Bühne des Auditoriums von Palma de Mallorca gelockt, die eine reiche darstellerische Erfahrung mitbrachte. Sie kann unter anderem auf Rollen bei den Salzburger Festspielen, beim Glyndebourne Festival, am Royal Opera House, an der Mailänder Scala und an der Wiener Staatsoper zurückblicken. Dort und anderswo hat sie Partien in Opern von Bellini, Donizetti, Gounod, Verdi (die Violetta in der "Traviata" ist ihre Paraderolle), Puccini, Massenet und Mozart (Pamina und die Protagonistinnen der drei Da Ponte-Opern) verkörpert.

Mielgo führte in die Stimmungen der jeweiligen Opern mit rein instrumentalen Einlagen (Ouvertüren, Intermezzi) ein, die er den Arien voranstellte. Auch das ist kluge Programmplanung. Überhaupt scheinen Operngalas wie die am Donnerstagabend eine Spezialität von ihm zu sein.

Die ausgewählten Nummern im ersten Teil hatten weitgehend meditativen Charakter. Höhepunkt war das bekannte und sogar ausdrücklich als Meditation bezeichnete Zwischenspiel aus Thaȉs von Massenet, eine Art Romanze für Violine und Orchester, deren Solopart Konzertmeister Smerald Spahiu klangschön in den Saal geigte. Vokaler Höhepunkt vor der Pause war dann "Dis-moi que je suis belle" aus derselben Oper.

Die Arien und Ouvertüren des zweiten Teils entstammten ausschließlich dem italienischen Repertoire. Puccini und Verdi, der Großmeister der Opera Italiana, waren die Komponisten, denen Sängerin und Orchester konzertantes Leben einhauchten. Wie schon im ersten Teil beeindruckte auch hier die Balance zwischen Singstimme und Orchester. Das ist ja auch einer der Vorteile solcher Opernkonzerte: wenn Sänger(in) und Orchester auf gleicher Ebene agieren, gelingt sie besser, als wenn das Orchester im Graben dahinvegetiert.

Verdis bekannte Reißer wie die Ouvertüre zu "La forza del destino" und das „Tacea la notte“ aus "Il trovatore" hatte man sich für den Schluss aufgespart. Mit ihnen, wie schon in der Ouvertüre zu "Giovanna d’Arco" stürmte nun italienisches Temperament die Bühne, nach den eher verhaltenen Nummern davor, in denen das Tempo eines Andante kaum überschritten wurde. Und in der letzten Zugabe (nach „Besame mucho“) brachte Ailyn Pérez den Saal regelrecht zum Kochen. Mitklatschen war angesagt, standing ovations und "brava"-Rufe am Ende.

Mit diesem Konzert ging die Aboreihe im Auditorium der Temporada 2021/22 zu Ende. Die beiden anderen warten noch einmal mit Highlights auf: im Finalkonzert des Cicle Tui Teatre stehen am 12. Mai die Ballettsuite "La Strada" von Nino Rota und der Rom-Zyklus „Feste, Fontane und Pine“ von Ottorino Respighi auf dem Programm Álvaro Albiach wird dirigieren. Im Teatre Principal geht die Saison am 19. Mai mit zweiten Cellokonzert von Schostakowitsch (Solist Alban Gerhardt) und der Sinfonie Nummer 2 von Alexander Scriabin zu Ende, Leitung: Pablo Mielgo.

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