USA-Mallorca: Nicht nur für zusehends mehr Touristen führt der Weg über den großen Teich auf die Mittelmeerinsel. Auch für Regisseure, Produzenten und Schauspieler scheint sie immer beliebter zu werden. Fast 100 Jahre ist es her, dass ein Mallorquiner aus Palma den umgekehrten Weg ging. Er kam bis nach Hollywood. Sein Name: Fortunio Bonanova, seines Zeichens Schauspieler, Musiker, Sänger, Autor unveröffentlichter Romane, Dichter.
Und ein Selbstdarsteller, der es verstand, sein Leben mit einem Nebel zu umhüllen, den er selbst geschaffen hat. Selbst sein Name war nicht echt. In Wirklichkeit hieß er Josep Lluís Moll. Unter diesem Namen wurde er am 13. Januar 1895 im Carrer Apuntadors in Palma geboren. Gesichert ist auch, dass er früh seinen Vater verlor und schon in jungen Jahren eine Vorliebe für Kunst zeigte.
Andere Dinge dagegen verschwinden in besagtem Nebel. So arbeitete er laut Zeitgenossen in jungen Jahren als Telegrafist. Er selbst behauptete allerdings, Philosophie, Literatur und Jura studiert zu haben. Verbrieft ist jedoch, dass er als junger Mann neben den Poeten Jacobo Sureda, Joan Alomar und Jorge Luis Borges sich der Avantgarde-Bewegung der Ultraisten anschloss und in Palma zusammen mit ihnen das Ultraistische Manifest unterzeichnete. Dazu kann man ihn als Protagonisten des Stummfilms „Don Juan Tenorios” von 1922 sehen, der auch im Ausland lief, unter anderem in New York.
Moll alias Bonanova ließ sich in Madrid, Paris und Italien zum Sänger ausbilden und trat anschließend als Bariton in Zarzuelas und Opern auf. Über Uruguay, Argentinien und Mexiko kam er in die Vereinigten Staaten, durch die er mit einer eigenen Zarzuela-Kompanie tingelte. In New York wurde er von der Plattenfirma Columbia unter Vertrag genommen, die National Broadcasting Corporation übertrug seinen Gesang, und schließlich trat er am Broadway in dem Drama „Sex Appeal” auf. „Das Stück war ein großer Erfolg; es lief 50 Wochen lang, und von da an öffneten sich für mich die Türen in Hollywood”, zitierte ihn 1935 die spanische Zeitschrift „Cinegramas”.
Tatsächlich lässt sich die Liste der 79 Filme, bei denen er mitwirkte, sehen. Er hatte Rollen unter anderem in Orson Wells „Citizen Kane”, einem Meilenstein der Filmgeschichte, stand in Sam Woods Hemingway-Verfilmung „Wem die Stunde schlägt” neben Gary Cooper und Ingrid Bergmann vor der Kamera, ebenso mit Cary Grant und Deborah Kerr in „Die große Liebe meines Lebens” und spielte unter der Regie von Meistern wie Billy Wilder, John Ford und Otto Preminger.
Seine große Hauptrolle blieb freilich die des Don Juan Tenorio. In Hollywood musste sich Bonanova mit Nebenrollen begnügen.
Der MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora” zufolge wusste er sich dennoch stets ins rechte Licht zu rücken. „Er behauptete, ein Stierkämpfer zu sein, war aber nur in der Fiktion ein Stierkämpfer; er verkaufte sich in Hollywood als goldener Frauenschwarm an der Seite von Gary Cooper; er gab sich als Boxer aus und hatte immer eine Hauptrolle in einem der unerreichbaren Horizonte der Western von John Ford, für den er übrigens in ,The Fugitive’ spielte. Die spanische Sensation, wie er genannt wurde, triumphierte in Amerika, wenn auch nicht, um ein Star zu werden.”
Nicht zufällig gibt es bei Preisverleihungen jedoch auch die Kategorie des besten Nebendarstellers. Und für den kubanisch-britischen Schriftsteller und Drehbuchautor Guillerma Cabrera Infante gibt es da kein Vertun: Für ihn ist Bonanova der beste Nebendarsteller der Filmgeschichte. In seinem Buch „Cine o sardina” hat er 2004 dem mallorquinischen Schauspieler und Sänger ein ganzes Kapitel gewidmet.
Für seinen letzten Film reiste Bonanova noch einmal nach Spanien. In Marbella stand er 1962 für den Krimi „La muerte silba un blues” (Der Tod pfeift einen Blues) unter der Regie von Jesús Franco vor der Kamera und spielte einen Kommissar. Danach kehrte er wieder nach Los Angeles zurück, wo er mit seiner Frau Margaret eine Akademie für Kunstgesang leitete.
Am 2. April 1969 starb Bonanova an einem Schlaganfall. Er ruht auf dem Holy Cross Cemetery, wo er die Gesellschaft seiner verblichenen Berufskollegen genießt. Auf seinem Grabstein steht nicht der Name von Josep Lluís Moll, sondern der von Fortunio Bonanova, die vielleicht die beste Figur war, die er je gespielt hat. (mb)