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Mallorcas Haus der tausend Leben: Wie Palmas legendäres Bingo Balear neu erfunden wird

Vom Zirkus mit Elefanten über Kino und Bingo bis zum gescheiterten Casino: Ein 87-jähriger Unternehmer möchte dem geschichtsträchtigen Gebäude im Herzen Palmas als Café-Theater neues Leben einhauchen

Der mallorquinische Unternehmer Josep Perelló hat das seit Jahren an der Plaza Mercat Olivar in Palma stehende Gebäude für 2,4 Millionen Euro gekauft | Foto: M.A. Cañellas

| | Palma de Mallorca |

Wer heute durch die schweren Türen des Bingo Balear schreitet, betritt kein gewöhnliches Gebäude auf Mallorca, sondern eine eingefrorene Zeit. Hier blinkt nichts mehr, hier klackert keine Kugel, hier wartet alles. Zehn Jahre lang stand Palmas bekannteste Bingo-Halle leer – nun soll sie zurückkehren. Nicht als Spielhölle, sondern als Ort für Kultur, Kaffee und vielleicht sogar Kino. Möglich machen will das Josep Perelló, 87 Jahre alt, Unternehmer aus Santa Margalida, neugierig, energiegeladen und sichtbar verliebt in dieses Haus. „Das hält mich am Leben“, sagt er – und meint genau das.

Ein Kauf aus Neugier und Leidenschaft

Am 1. Dezember hat Perelló das Gebäude für 2,4 Millionen Euro gekauft. Jetzt beantragt er bei der Stadt Palma Betriebs- und Baugenehmigungen. Sein Plan ist bewusst offen gehalten: ein Café-Theater, vielleicht ergänzt um ein Restaurant, vielleicht ein Kino. Die Ingenieure hätten ihm bereits signalisiert, dass das alles machbar sei. Perelló hofft. Und während die Bürokratie ihren Lauf nimmt, erkundet er das Innere – immer wieder neu. Denn das Gebäude ist ein Labyrinth. Mehrere tausend Quadratmeter, hohe Decken, verwinkelte Gänge. Noch Wochen nach dem Kauf entdeckt der neue Eigentümer Räume, von deren Existenz er nichts wusste. „Hier war ich noch nie“, ruft er begeistert, wenn sich hinter einer Tür ein weiterer Flur auftut.

Ein Casino, das nie eröffnete

Das Innere wirkt, als hätten die Gäste es erst gestern verlassen. Bunter Teppich, blaue Ledersessel mit der Aufschrift „Casino Bingo Balear“, Spieltische für Poker, Black Jack und russisches Roulette. Spielautomaten mit Sphingen, Zombies und ägyptischen Motiven. Elektronische Bingotafeln. Vor rund zehn Jahren wurde das frühere Bingo mit enormem Aufwand in ein Casino umgebaut – angeblich für bis zu zwölf Millionen Euro. Doch die Lizenz kam nie. Also blieb alles stehen. Unbenutzt. Wartend.

Besonders beeindruckend ist der Sicherheitsbereich. Gepanzerte Türen, Kameras, Schleusen, dahinter Kisten voller Jetons, nie angefasst, nie verspielt. Ein Tresor mit einer Tür von rund dreißig Zentimetern Dicke. Sicherheit war hier das Maß aller Dinge. „Technisch gesehen ist das ein Ferrari“, sagt Techniker Jaime, der das Gebäude wie seine Westentasche kennt. Es gibt sogar einen Wassertank mit 30.000 Litern für den Brandfall. Einziger Wermutstropfen: Die Computer laufen noch mit Windows 7 - wie vor 16 Jahren.

Elefanten, Filmstars und große Pläne

Dabei begann alles ganz anders. 1908 wurde die Gesellschaft Teatro Balear gegründet, 1909 das Gebäude eröffnet – mit Platz für 3500 Zuschauer. Entworfen vom katalanischen Architekten Manuel Raspall, ursprünglich mit modernistischer Fassade. Hier wurden Theaterstücke aufgeführt, später Filme gezeigt, Zirkusse gastierten. Elefanten standen in Käfigen, im Saal wurde geraucht, Moral war streng: Bei der Operette La Corte del Faraón („Der Hof des Pharaons“) durften nur Männer hinein.

Später gehörte das Haus José Tous Barberán, dessen Witwe, die Hollywoodschauspielerin Sara Montiel, es erbte und verkaufte. Montiel selbst trat hier auf, ebenso Manolo Escobar oder der Komiker Eugenio. Audrey Hepburn flimmerte über die Leinwand. Dann kamen Bingo, gescheiterte Casino-Pläne, zuletzt die Idee eines schwedischen Luxus-Spas – zu teuer, zu aufwendig, nie realisiert.

Jetzt also Perelló. Keine radikale Renovierung, sagt er. „Alles ist unbenutzt.“ Er will erhalten, nicht überformen. Während er durch die hohen Säle geht, wirkt er weniger wie ein Investor als wie ein Entdecker. Ob das Bingo Balear tatsächlich als Café-Theater neu erstrahlt, entscheidet das Rathaus. Sicher ist nur: Dieses Gebäude hat viele Leben hinter sich. Vielleicht beginnt jetzt ein neues – und Palma bekommt eine Bühne zurück.

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