Tomaten sind eine Wissenschaft für sich. Ursprünglich aus Mittel- und Südamerika eingeführt, gibt es das Nachtschattengewächs heute in mindestens 5000 verschiedenen Varianten. In der Praxis Bedeutung haben aber nur etwa fünf bis zehn, die auch auf den Märkten Mallorcas zu finden sind.
Allen voran natürlich die so genannte Ramellet-Tomate - von Residenten manchmal auch als "Matschtomate" bezeichnet, da das schmierige, aber sehr aromatische Fruchtfleisch mit etwas Salz, Knoblauch und Olivenöl als unverzichtbarer Belag für die mallorquinische Brotzeit "Pa amb oli" dient. Traditionell werden diese Inseltomaten aufgefädelt und sind bei Zimmertemperatur bis zu neun Monate haltbar.
Seit 2012 gibt es eine geschützte geografische Herkunftsbezeichnung "Tomàtiga de Ramellet", die eigentlich sicherstellen soll, dass nur botanisch authentische Ware in den Handel kommt. Da der Kilopreis mit 3,90 Euro relativ hoch liegt, gibt es jedoch auch Nachahmer, die unter der gleichen Bezeichnung auch wesentlich günstiger zu produzierende Hybrid-Tomaten verkaufen. "An den städtisch kontrollierten Verkaufsstellen in Palma kommt so etwas nicht vor. Im Gemüseladen um die Ecke kann es aber durchaus passieren", sagt Händlerin Marga Salom vom Olivar-Markt. Derzeit seien die Kunden aber auf der sicheren Seite, da die Hybridtomaten in der kühleren Jahreszeit im Gewächshaus gezüchtet würden und im Sommer gar nicht erhältlich seien.
"Die echte Ramellet hat von Juni bis Oktober Saison", so Coll. Ansonsten solle man sich vom Äußeren nicht täuschen lassen: "Die Hybridware ist sehr homogen in intensivem Rot gefärbt. Echte Ramellet-Tomaten sind dagegen meist blass bis rosafarben." Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal sei der Saft, der aus den Hybridtomaten beim Anschneiden viel stärker triefe als aus der Originalware mit ihrem matschigen Fruchtfleisch.
Zu den besonders gefragten Sorten auf der Insel gehören daneben aber auch die ursprünglich französischen Ochsenherztomaten, die die Mallorquiner so ins Herz geschlossen haben, dass sie inzwischen als "Cor de Bou" bekannt sind und für fünf Euro das Kilo verkauft werden. Bei manchen angesagt ist darüber hinaus auch die dunkelrote bis schwarze "Kumato" (sechs Euro), obwohl es sich dabei nicht etwa um einen Japan-Import handelt, sondern um eine patentierte Züchtung des Syngenta-Konzerns.
Ebenfalls genetisch verändert ist die Raf-Tomate mit Kilopreisen, die in Deutschland mehr als zehn Euro betragen können, in Spanien aber eher bei sieben Euro liegen. "Raf" steht dabei für "resistente al fusarium" (pilzresistent). Die Sorte stammt ursprünglich aus der Agrarindustrie der Provinz Almeria, gedeiht inzwischen aber spanienweit auf salzigen Böden. Die köstlich fleischigen Tomaten sind jedoch eher im Winter auf dem Markt.
Recht wohlschmeckend sind auch die Strauchtomaten. Ihr festes rotes Fruchtfleisch duftet und schmeckt leicht süßlich. Sie werden mit Stängeln gepflückt, kosten etwa zwei bis drei Euro pro Kilo und sind rund zwei Wochen haltbar - die erwähnten Mischzüchtungen mit der mallorquinischen Ramellet auch etwas länger.
Derzeit für zirka 1,70 Euro erhältlich sind runde Salattomaten sowie birnenförmige Flaschentomaten, die sich leicht in Scheiben schneiden lassen. Die etwas teureren Cherry- oder Cocktailtomaten sind vor allem als Vorspeisensnack oder in Salaten beliebt. Viele mediterrane Köche schwören bei Soßen oder Schmorgerichten auf die kleinen aromatischen Früchte, die beim Einkochen sogar noch geschmacksintensiver werden - natürlich nur, wenn gerade keine echte mallorquinische Ramellet mit ihrem unübertrefflichen Aroma zur Hand ist.
Eine weitere Mischzüchtung ist die ausgefallene Miniatur-Flaschentomate "Cherry Pera". Sie kostet rund 5,50 Euro pro Kilo und kommt meist aus Andalusien. Spätestens ab Juli gibt es die kleinen Früchte aber auch frisch von der Insel.
(aus MM 24/2016)