Lange Zeit lebten Immobilienmakler auf Mallorca wie im Schlaraffenland. Was auf den Markt kam, wurde innerhalb weniger Wochen noch vom Plan weg verkauft. Doch diese Zeiten sind vorbei.
Die Kunden seien kritischer geworden, heißt es unisono aus den Maklerhäusern auf der Insel. Außerdem haben die Preise ein Niveau erreicht, das viele Interessenten für einen Zweitwohnsitz abschreckt. ,,Die haben die Schraube überdreht”, sagt Thomas Kirst, Geschäftsführer von Engel & Völkers in Hamburg, der auch andere Märkte beobachtet.
Allerdings ist die Zahl jüngerer Leute zwischen 35 und 45 gestiegen, die mit Geld aus Erbschaften oder Börsengewinnen rund um Palma Villen als Erstwohnsitz kaufen. Auch die Altstadt von Palma ist gefragt, aber das Angebot hält nicht Schritt. Auch das Ambiente mit den vielen Baustellen schreckt noch ab, heißt es bei Kühn & Partner.
Im Südwesten zwischen Palma und Andratx, wo immer noch rund die Hälfte aller Mallorca-Immobilien verkauft wird – für Deutsche dürfte der Anteil noch höher liegen – haben sich nach Angaben von Fachleuten die Preise in den vergangenen drei Jahren fast verdoppelt. Für dieses Jahr werden aber moderatere Steigerungsraten erwartet: Nicht mehr 30 Prozent wie früher, sondern zehn Prozent. Die Makler bremsen überzogene Vorstellungen mancher Verkäufer: Mondpreise nehme man nicht ins Angebot auf, versichern die Großen der Branche.
Aber besonders auf dem für Normalverdiener interessanten Appartement-Markt in der unteren und mittleren Preislage berichten Immobilienhändler von starken Rückgängen. Und vor allem: Die Deutschen sind sehr viel zurückhaltender als in der Vergangenheit. ,,Die Stimmung in Deutschland ist so, dass inzwischen jeder mitgekriegt hat, dass Mallorca teuer und die Einstellung der Einheimischen gegen Ausländer negativ ist”, sagt Monika Leykam, Redakteurin beim Fachblatt ,,Immobilien Zeitung”.
Zwar kommen verstärkt britische Käufer, begünstigt vom starken Pfund. Aber auch sie könnten die Lücken nicht stopfen, die die neuerdings zögerlichen Deutschen hinterlassen, sagt Cees Nater, Chef von Kensington Properties, der Niederlassung einer der größten Immobilienfirman aus dem Vereinigten Königreich. Und vor allem im unteren Preissegment kauften auch Briten lieber an der Costa Blanca, in der Türkei oder in Portugal. Auch Menorca und Ibiza liegen bei ausländischen Käufern im Trend.
,,Ein Großteil des Marktes für Appartements ist auf Mallorca eingebrochen”, bestätigt Karin Münch von Happy Day Immobilien aus Cala Rajada. Unter 250.000 Mark gebe es auch in Mallorcas günstigerem Norden nichts mehr. ,,Die Mittelschicht hat das Geld nicht mehr”, so die Fachfrau. Im Südwesten kosten Wohnungen mit Meerblick mindestens das Doppelte.
Besonders Makler, die auf preisgünstigere Lagen spezialisiert sind, stellen einen Rückgang der deutschen Klientel fest. 30 Prozent weniger Käufer aus Alemania meldet Happy Day. BHW, stark an der Ostküste, meldet ein Minus bei deutschen Kunden.
Lance Minnick, Chef der Bellacasa-Immobilien, macht mittlerweile die Hälfte seines Geschäfts mit Briten, Spaniern und Skandinaviern. Vor einigen Jahren hatte er fast nur deutsche Kunden. Auch Carmen Martínez von Richard Ellis-Immobilien bestätigt: ,,Der deutsche Markt ist schwierig, es gibt einen Rückgang. Uns rettet der nationale Markt.” Spanier kaufen ungebrochen.
Von einem Minus von 20 Prozent bei den deutschen Interessenten für eine Mallorca-Immobilie spricht Peter Eigenmann, Geschäftsführer der DSI Dr. Stange Immobilien GmbH in Stuttgart, der mit Franchise-Büros auf der Insel vertreten ist. Generell hat er in Deutschland eine gesunkene Lust auf Ferienhäuser tiggestellt wurden, hat das Angebot auf Mallorca stark zugenommen, das Verkaufen ist schwieriger geworden. Die Fotos mancher Objekte hängen ein Jahr lang in den Schaufenstern. Noch wird weitergebaut, wenn auch im Südwesten in maximal fünf Jahren alle Parzellen belegt sein dürften.
Die Preise sinken trotz der schleppenden Nachfrage nicht, weil zum einen die Bauträger tatsächlich höhere Kosten für Grundstück, Material und Arbeitskräfte wieder hereinholen müssen und andererseits immer noch viele Privatverkäufer unrealistische Preisforderungen beibehalten. Die Umschlagsgeschwindigkeit hat sich deshalb verlangsamt. Einige Objekte seien zu spät auf den Markt gekommen, heißt es.
Diese Tendenzen schlagen voll auf die Vermittler-Branche durch: Allein in Santa Ponça haben in den vergangenen Monaten zehn Makler-Büros geschlosssen, in Cala Millor drei.
,,Die haben im Jahr ein oder zwei Häuser verkauft, das hat gereicht, um die Miete zu bezahlen und ein Auto zu kaufen", sagt Lutz Minkner von der im Südwesten überaus starken Firma Profi Konzept aus Santa Ponça. Inzwischen ließen sich kritische Kuden auch mal 15 oder 20 Häuser zweigen, soviele habe ein kleiner Makler gar nicht im Angebot. Außerdem legten gerade betuchte Kunden wert auf einen ,,After-Sales-Service", der von der Ummeldung der Stromrechnung bis zur Einladung zu Golfturnieren reiche. Von der Marktbereinigung profitieren die großen Firmen. ,,Jetzt bleiben die Profis übrig", bestätigt Axel Menke, Geschäftsführer bei BHW, den Trend. Auch weil soviel über windige Handy-Makler gesprochen und geschrieben wurde, seien die Kunden vorsichtiger geworden und wenden sich lieber an bekannte Namen.
Weil sie Marktanteile gewinnen, können die Großen zum Teil immer noch eine stagnierende Nachfrage vermelden. Was auf Mallorca weiter ziemlich gut verkauft wird, sind Objekte in der Preisklasse ab 1'5 Millionen Mark. Hierbei berichten Makler von zwei Tendenzen: ,,Die Leute sind bereit, wesentlich höhere Preise zu bezahlen als in den Vorjahren", sagt Kai Dost, Verkaufsleiter von Kühn & Partner. Auch Minkners Klientel hat anscheinend keine Probleme: ,,Negative Kommentare hört man meistens von denen, die es nicht bezahlen können oder wollen", sagt Lutz Minkner. Bei einer Bauqualität, die für neue Gebäude deutschen Standards entspreche, gebe es auch keinen Grund mehr, warum es auf der Insel Schnäppchen geben sollte.
Andere Vermittler sehen sich sehr wohl mit schockierten Kunden konfrontiert, die zum Teil immer noch mit der Vorstellung anreisten, Häuser hätten in Spanien eben billig zu sein. David Scheffler, Büroleiter von Engel & Völkers in Palma, berichtet von einer wohlhabenden Engländerin, die in der Preisklasse um 1'5 Millionen Mark in der Region Deià/Sóller suchte. Als sie sah, dass sie dafür nur kleine Grundstücke und bescheidene Häuschen bekommen kann, ließ die Dame es lieber bleiben. ,,Früher waren die Kunden auf Mallorca nicht preissensibel”, sagt Engel & Völkers-Chef Thomas Kirst. Das habe sich aber geändert. Eine echte Alternative seien andere Regionen aber trotzdem nicht, so dass preisgeschockte Kunden erstmal überhaupt nichts kauften.
Kai Dost von Kühn & Partner verweist wieder auf die Qualitäten Mallorcas: Die schnelle Erreichbarkeit und die schöne Landschaft. ,,Das ist zum Beispiel für Yachtbesitzer wichtig. Wenn sie an vielen Orten auf dem Festland aus dem Hafen fahren, gucken sie auf eine flache Küste.” Und so sehen Mallorcas Immobilienhänder den Durchhänger bei den Deutschen eher als konjunkturelle Delle denn als Krise. Die Alemanes bleiben trotz der auch durch Sorge um den schwachen Euro, die hohen Ölpreise und die bröckelnden Aktienkurse bedingten Zurückhaltung die wichtigste Kundengruppe.
Die Unkenrufe vom Ausverkauf der Insel muss man jedoch mit Blick auf die Zahlen relativieren. ,,Wir verkaufen inzwischen mehr Immobilien von Deutschen an Spanier als umgekehrt”, sagt Kai Dost. Nur jeder achte bis zehnte Abschluss bei Kühn & Partner sei ein Erstverkauf, bei dem eine Immobilie entweder neu gebaut wurde oder von einem Ur-Mallorquiner an einen Deutschen geht. 95 Prozent des Umsatzes laufe heutzutage zwischen zwei Ausländern.
Viele Wohlhabende aus dem Südwesten ziehen in den ruhigeren Nordosten. Fincas rund um Artà und Capdepera sind gefragt. So sehr, dass eine bisher im mittelpreisigen Markt aktive Firma wie BHW umschwenkt: ,,Wir werden unser Programm rigoros umstellen”, sagt BHW-Chef Menke. Auch Minkner ist sicher, dass die Reichen der Insel treu bleiben: ,,Aber um auf Mallorca eine Ferienimmobilie zu erwerben, sollte man das Geld wirklich überhaben.”