,,Tierelend auf Mallorca”: Das klingt wie ein wohlfeiler Titel für einen Fernsehfilm. Warum Mallorca? Gibt es in Deutschland nicht genug gequälte, ausgesetzte, gepeinigte Kreaturen, die der Aufmerksamkeit der Mediengesellschaft bedürften?
Der Dokumentarfilmer Stefan Eckart, der in den vergangenen Monaten 7000 Kilometer auf der Insel unterwegs war, um diesen Film zu drehen, braucht sich nicht vorwerfen zu lassen, daheim die Konflikte zu scheuen. Der Schwabe hat diverse polemische Filme gegen Tierversuche und Tierquälerei gemacht, die in der ARD gesendet wurden. Dabei hat er sich mit der Pharmaindustrie, den Zoodirektoren und den Hundezüchtern angelegt.
,,Mallorca ist einfach greifbar”, sagt der Filmemacher. Anhand der wohlhabenden Insel ließen sich die Zusammenhänge zwischen dem Treiben der Züchter, den Zoo-Handlungen, unverantwortlichen Haltern und den massenhaft ausgesetzten Tieren aufzeigen. Die vegetieren in oft miserabel ausgestatteten Tierheimen dahin.
Allein Mallorcas größte Zoo-Handlung Caniplant verkauft 2.500 Welpen pro Jahr, wie man ihm im Interview gesagt habe, berichtet Eckart. Er sei sicher, dass man viele dieser Hunde irgendwann als klapperige Gerippe aus den Tierheimen hole oder sie in Son Reus töten müsse. Das Rathaus von Palma habe eine Drehgenehmigung für die Tötung von Hunden übrigens abgelehnt. Begründung: Das widerspreche der Würde der Tiere.
Außerdem läßt sich am Beispiel Mallorca ein nach Eckarts Ansicht fragwürdiger Ansatz des Tierschutzes aufs Korn nehmen: Das Ausfliegen von Hunden und Katzen nach Deutschland. ,,Dort nehmen die Mallorca-Hunde dann wieder anderen Tiere den Platz weg”, sagt Eckart.
Dass er mit diesen Ansichten in der ohnehin zerstrittene Tierschutzszene auf der Insel nicht nur auf Gegenliebe stößt, kann nicht überraschen. Auch gegenüber MM beklagten sich einige Tierschützer darüber, der Filmer nutze sie und ihr Engagement aus. Ihm gehe es nur darum, seine Story zu bekommen, die Hunde seien ihm egal. Außerdem habe er hohe Schulden und stehe deswegen unter Druck, hieß es. Dass Eckart Schulden hat, daraus macht er kein Geheimnis. Seine Geldgeber in Deutschland wissen aber, dass er, wenn er den Film wie geplant an die ARD und in Teilen auch an andere Fernsehstationen verkaufen kann, dieses Geld zurückzahlt.
Auf jeden Fall will der Filmemacher den Eindruck vermeiden, die Insel schlechtzumachen. Es gehe ihm darum, gemeinsam mit den Mallorquinern das Verständnis für den Tierschutz auf der Insel zu erweitern.
In einem Interview habe ihm Mallorcas Inselratspräsidentin Maria Antonia Munar Unterstützung zugesagt. Sie teile seine Ansicht, dass die Lage vieler Tiere nicht dem mittlerweile gewachsenen Wohlstand und kulturellem Niveau auf der Insel entspreche, so Eckart. Auch der auf der Insel überaus bekannte Tierschützer Lluís Pomar will helfen, strukturelle Probleme beim Tierschutz anzugehen.
,,Man müsste zum Beispiel den Import und die Zucht von Huskies verbieten”, findet Eckart. Die Polar-Hunde litten im heißen Klima. Eine Hundesteuer könnte helfen, weil sich dann viele Leute überlegten, sich aus einer Laune ein Tier anzuschaffen.
Ziel seines Engagements ist es, mit Hilfe der regionalen Behörden ein professionelles Team aus deutschen und mallorquinischen Tierschützern auf der Insel zu installieren, die Misstände aufspüren und Halter über die Regeln des Tierschutzes aufklären. Von Joachim Fahrun