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Die Glosse

Vielversprechende Einsichten ins Intimleben / VON GABRIELE KUNZE

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Touristen sind Voyeure. Sie wollen wissen, erkennen, erkunden. Um sie bei der Stange zu halten, müssen sich Touristiker immer was Neues einfallen lassen. Zu schnell schwindet das Interesse. In Berlin hatte eine junge Frau eine touristische Idee: die Pantoffel-Tour. Womit nicht etwa ein ausgefeiltes Ausflugsprogramm für unterdrückte Ehemänner gemeint ist.

Zu besichtigen ist der ganz normale Alltag von ganz normalen Menschen. Die allerdings über eine gehörige Portion Exhibitionismus verfügen müssen. Denn organisierte Touren führen in Privatwohnungen, wo vor allem die Schlafzimmer das Objekt der Neugier sein sollen. Wobei die Bewohner nicht unbedingt selbst im Bett liegen müssen.

Das Schlafzimmer, zur Schau gestelltes intimes Refugium. Interessant, diese Offerte. Und eine echte Sightseeing-Nische für Mallorca. Ich habe mich schon immer gefragt, ob der Herr Maier karierte Bettwäsche und den Playboy auf dem Nachtisch hat. Oder ob Frau Müller mit einem Spitzennachthemd oder einem zerknitterten T-Shirt ins Bett steigt. Vielleicht hat sie ja auch einen Teddybären auf dem Kissen. Man könnte erfahren, ob das Ehepaar Gual gewisse Heftchen gemeinsam studiert oder ob bei ihm nur der Wirtschaftsteil von El País liegt.

Aufschlussreich ist auch die Größe der Betten, sofern es sich um Singles handelt. Wer nachts sein Haupt auf einer kargen Pritsche bettet, ist sicherlich anders gepolt als jemand, der auch allein viel Platz im Bett hat, der in üppigen Pfühlen schläft, weich gebettet auf feinen Daunen. Rückschlüsse auf die Beziehung von Paaren ließen auch Anordnung und Art der Betten zu. Ist eine breite, großzügige Spielwiese vorhanden oder haben die Schlafstätten eine eher viktorianische Position: je ein Einzelbett, getrennt durch funktionelle Nachttische? Ist die Bettwäsche plüschig oder verspielt oder gestylt oder in kochfestem Weiß gehalten? Gibt es gar Spiegel oder sonstige lustversprechende Hilfsmittel? Fragen über Fragen tauchen bei näherer Betrachtung des Projektes auf, die eigentlich nur durch die aktive Teilnahme an einer Pantoffel–Tour geklärt werden könnten.

Pantoffel–Touren könnten hierzulande in Palma und auf den Dörfern stattfinden, um urbane und ländliche Gewohnheiten zu unterscheiden. Schade, noch ist keiner auf die Idee gekommen. Vielleicht sind ja Touristiker auch nur „Revolutionäre in Schlafrock und Pantoffeln”.

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