Hoch ist der Anspruch, den meine Freundinnen an einen Urlaub haben. Langeweile ödet sie an. Statt wie andere Menschen Erholung am Strand zu suchen, fordern sie die unbedingte Erweiterung ihres geistigen Horizonts. Kultur und Bildung, Action und Bewegung, das sind ihre Bedingungen.
Ihre Erfahrungen über ereignislose Urlaube hatten sie mir immer ausführlich geschildert. Schimpf und Schande hatten manche ihrer Gastgeber auf sich gezogen, die zu wenig Einsatz für die Feriengestaltung brachten. Nicht selten war es der letzte Besuch, hatten ihre Bekannten sie dazu verpflichtet, die Füße hoch zu legen. Verständlich, dass ich dem Aufenthalt meiner Gäste auf Mallorca entgegenzitterte.
Wochenlang hatte ich ihre Ferien geplant, hatte Kulturprogramme angefordert, das Unterhaltungsangebot geprüft, war Dörfer und Naturschönheiten abgefahren, um selbst gut vorbereitet zu sein. Es war soweit: Ihre Urlaubsroute stand, mein Auto war generalüberholt und vollgetankt. Sogar die Landkarten hatte ich idiotensicher markiert. Ich konnte beruhigt auf die Arbeit gehen und sie losschicken.
Nervös wartete ich ihren ersten Ausflug nach Valdemossa ab, freute mich auf ein dickes Lob über meine gelungene Planung. Verwundert stellte ich bei ihrer Heimkehr fest, dass ihre Haut krebsartig rot ist. Angeblich hatten sie das Schiebedach offen gehabt. Dass die Sonne bis auf die Rückbank dringt, war mir vorher nicht klar.
Sóller und Deià standen als nächstes auf der Tagesordnung. Als ich nach Hause kam, lagen Prospekte der Dörfer auf dem Tisch. „Wo wart ihr genau?”, fragte ich. „In Sella”, sagt eine und grinst mich stolz an. Jeder kann sich mal versprechen. Ich wollte nicht glauben, dass sie nur am Strand lagen, wenn auch ihre Farbe eindeutig darauf hinwies. Der dritte Tag sollte sie nach Lluc führen. Als ich sie abends auf einer Party im Gespräch belauschte, traute ich meinen Ohren nicht: „Hast du den Typen in Es Trenc gesehen. Supergeil.” Ich gebe es auf. Wie kann man sich nur so in Freunden täuschen?