Der Mann war enttäuscht und sauer. Er musste sein Bocadillo wieder zurück in die Kühltruhe stellen und mit knurrendem Magen das Restaurant in Sa Calobra verlassen. Am Tag eins des Euro hatte er versäumt, sich mit der neuen Einheitswährung zu versorgen. Pesteas aber hatte er auch nicht mehr genug, und sein deutsches Geld wollte die Kassiererin nicht nehmen.
Auch eine Gruppe von Jugendlichen hatte Pech. Sie wollten mit dem Bus von Peguera nach Palma fahren, mussten aber wieder aussteigen. Der Busfahrer nahm keine Pesteas mehr an, konnte aber auch ihren 10-Euro-Schein nicht wechseln. Um mitfahren zu können, hätten sie Euro-Münzen benötigt.
Die neue Währung – für viele erweist sie sich in den ersten Tagen noch als Stolperstein. Die meisten aber gehen die Sache Euro sehr gelassen an, haben sich gedanklich schon daran gewöhnt, bevor sie auch nur den ersten Cent in der Tasche hatten.
Ehepaar Ulla und Wolfgang Reuter aus Frankfurt zum Beispiel, die den Jahreswechsel auf der Insel verbrachten. „Wir finden es angenehm, dass hier nicht so viel Wind um die Einführung des Euro gemacht wird wie in Deutschland. Es geht lautlos und sehr gelassen über die Bühne. Wenn man noch Pesetas in der Tasche hat, na und!” Auch sie haben schon Euros im Portemonnaie. Marianne Hartung aus Peguera nicht. „Ich zahle solange mit Pesetas, wie es geht. Mein Bäcker hat nichts dagegen.”
„Wir hatten noch kurz vor Jahreswechsel versucht, von unserem Geschäftskonto Geld in Euro abzuheben, um davon ausreichend am ersten Tag in der Kasse zu haben”, erzählt Jutta Gierusz vom Einrichtungshaus „Sa Casa Grossa” in Port d'Andratx. „Aber die Bank hat sich geweigert. Sie argumentierte, dass sie die Euros für den Tag der Einführung bräuchten, und tatsächlich, seit heute morgen stehen die Leute Schlange an den Bankschaltern.”
Ihr Mann Michael kommt zum dritten Mal von der Bank. Seine Ausbeute: eine Hand voll Euro-Cents. Jutta Gierusz sortiert sie in die Kasse, die Mehrheit der Münzen dort aber sind immer noch Pesetas. Genauso wie die Preise auch noch immer in Pesetas ausgezeichnet sind.
Sind die Kunden dadurch irritiert? Gierusz: „Nein, die meisten gehen das ganz locker an, haben sowieso noch Pesetas in der Tasche. Schließlich weiß man ja, dass man mit dem endgültigen Umtausch bis Ende Februar Zeit hat.”
Eine kleine Reisegruppe aus Potsdam, die vor der Tür auf den Bus wartet, ist auf die neue Währung bereits umgestiegen. „Wir kamen schon mit Euros hierher”, erzählen sie. „In Deutschland konnte man die Starter-Kits leicht bekommen. Dann mussten wir zwar nochmal in Pesetas umtauschen und jetzt wieder in Euros, aber das hat uns nicht weiter gestört. Da müssen wir durch. Letztendlich ist es fürs Reisen in Europa viel praktischer, nur eine Währung haben zu müssen.”
Starter-Kits hat sich auch die Inneneinrichterin Patricia Haas rechtzeitig von der Bank besorgt. Doch als sie sich in einem Café in Port Andratx einen Café con leche bestellt, zahlt sie ihn doch in Pesetas. „Ich habe die Euros glatt vergessen”, sagt sie. „Ich muss mich erst noch daran gewöhnen.” Der Kellner auch. Er rechnet noch in Pesetas, gibt auch das Wechselgeld in Pesetas heraus.
Nebenan im Souvenierladen und im Elektrogeschäft ist man schon auf die neue Zeit eingestellt: Hier ist Wechselgeld grundsätzlich Euro-Geld. Wie fast überall am Tag zwei des Euro. An der Mautstelle zum Tunnel nach Sóller genauso wie in der mallorquinischen „Bar Martín” in Palma.
Vor allem in den großen Supermärkten wie Caprabo strahlt die neue Münze in den Kassen, noch ganz blankgeputzt. Die Kassiererinnen aber schwitzen. Sie geben die Europreise in die Kasse ein und rechnen mit einem Taschenrechner das Wechselgeld in Euro aus, wenn einer mit Pesetas bezahlt.
TV-Star Heinz Hoenig (er lebt in Santa Ponça) ist da vorbildlich: Er zahlt seine Mandarinen in Euros.
Die meisten aber haben noch Pesetas, die sie loswerden wollen. Dann beginnt das Rechnen. Das dauert. An den Kassen bilden sich Schlangen. An einer kommt es gar zum Dauerstau, weil einem jungen Mann 25 Pesetas für seine Rechnung fehlen, er aber auch noch keine Euros hat. Schließlich hilft eine junge Frau aus, und die Kassiererin ist erleichtert. Für solche heiklen Fälle gibt es keine Lösung außer der nachbarschaftlichen.
Oder die, die das Blumengeschäft „Mille Fleurs” in Port d'Andratx praktiziert: Das Geschäft macht einfach dicht. Ferien und abwarten. Bis sich der Euro vom Exoten zum Normalo gewandelt hat. Dann kann man auch wieder bei „Mille Fleurs” Blumen kaufen. Anfang März. In Euros.