MM: Vor gut einem halben Jahr hat sich die Associació
Alemanya i Mallorquina (AAM) offiziell der Öffentlichkeit
vorgestellt. Sie hatten als Vorsitzender des
Deutsch-Mallorquinischen Vereins die Hoffnung geäußert, im ersten
Jahr rund 5000 Mitglieder zu werben. Wie steht es damit?
Horst Abel: Die Zahl der Mitglieder ist mit rund 100 weit hinter
den Erwartungen zurückgeblieben. Es sind vermutlich deshalb so
wenige, weil viele – das gilt für Deutsche wie Mallorquiner
gleichermaßen – gerne über Integration und die beiderseitige
Freundschaft reden, aber nur wenige bereit sind, sich dafür zu
engagieren.
MM: Das klingt nicht gerade berauschend.
Abel: Ich kann mir keinen Reim darauf machen, warum nicht mehr
Leute aktiv mitmachen. Vielleicht müsste von unserer Seite mehr
Werbung erfolgen. Andererseits: Dauernörgler und Personen, die
ständig nur Negatives an den Mallorquinern auszusetzen haben,
finden in unserem Verein keine Heimat. Aber – und darauf sind wir
besonders stolz – ein knappes Drittel unserer Mitglieder sind
Mallorquiner. Die Akzeptanz des AAM ist da, aber sie wird zu wenig
gefördert.
MM: Von der Politik?!
Abel: Ja, gerade bei jenen mallorquinischen Politikern, die gerne
über sogenannte ,deutsche Ghettos' und die damit zusammenhängenden
Probleme sprechen, vermisse ich Einsatz. Wir bekommen keinerlei
Unterstützung, weder materiell noch moralisch, ganz zu schweigen
von einer offiziellen politischen Unterstützung.
MM: Wie erklären Sie sich die Zurückhaltung der
Politiker?
Abel: Ich vermute, die Notwendigkeit eines freundschaftlichen
Miteinanders wird ignoriert, obgleich es für beide Seiten nur von
Vorteil wäre. Aber vielleicht steht die Förderung der Freundschaft
dem entgegen, was die Politiker gerne verkünden, nämlich einen
mallorquinischen Nationalismus.
MM: Aber die Eröffnung der sogenannten Balearen-Botschaft in
Berlin vor zwei Wochen setzt doch ein anderes Zeichen?!
Abel: Diese Balearen-Geschichte in Berlin hat weniger die
deutsch-mallorquinische Freundschaft zum Ziel. Sie soll eher die
mallorquinische Politik in Deutschland vertreten.
MM: Kann sich das nicht ergänzen?
Abel: Nein, überhaupt nicht. Der Ansatz der Balearen-Vertretung ist
– soweit es um die deutsch-mallorquinische Freundschaft geht –
vollkommen ineffektiv, weil er unpersönlich ist. Die
mallorquinische Regierung will sich in Berlin präsentieren, um
einiges von dem Schaden wieder gutzumachen, den sie im
Touristengeschäft angerichtet hat.
MM: Als ,Botschafter' fungiert der zweite AAM-Vorsitzende,
Josep Moll Marquès.
Abel: Darüber freuen wir uns sehr. Das ist der beste Mann, den sie
auf Mallorca für diesen Job haben. Ich kenne keinen anderen
Mallorquiner, dem die deutsch-mallorquinische Freundschaft so am
Herzen liegt wie ihm. Und dennoch: Sollte der Zweck der
,Balearen-Botschaft' der Freundschaft dienen, dann wird er total
verfehlt. Wir hatten in der Vergangenheit genügend Zeit, darüber
nachzudenken, wie eine solche Freundschaft gestaltet werden könnte.
Wenn sie effektiv sein soll, muss das ganz anders angepackt
werden.
MM: Und zwar wie?
Abel: Ich bleibe dabei: Gemeinsam Feste feiern ist der beste Weg.
Ich glaube, das ist die effektivste Art überhaupt. Wenn man es
fertig bringt, dass mehr Gemeinde– und Städtepartnerschaften
zustande kommen und ein größerer kultureller Austausch stattfindet,
auf dessen Basis einfache Leute zueinander kommen können und sich
dabei kennen lernen – das wäre der richtige Weg.
MM: So, wie durch AAM-Initiative vor wenigen Wochen erstmals
mit Aires de Sóller ein Gesangs– und Trachtenverein als Gast bei
einem Partnerverein in Ismaning bei München aufgenommen
wurde?
Abel: Ismaning war ein erster Schritt. Diese Menschen lernen bei
solchen Aktionen den normalen Ablauf im Land des anderen kennen.
Sie machen dabei Erfahrungen wie jener Mallorquiner, der sagte:
„Menschenskinder, die Deutschen sind ja ganz anders, als wir sie
vom Ballermann her kennen”. Umgekehrt wird es genauso sein, wenn
Deutsche hier für ein paar Tage bei mallorquinischen Familien
eingeladen sind. Sie werden Einblick in das mallorquinische Leben
erhalten, und es werden sich Freundschaften bilden, die ein Leben
lang andauern. Die Sprache ist dabei das allerkleinste Problem.
MM: Klingt nicht schlecht...
Abel: Das ist die effektivste Art, sich kennen zu lernen. Schon in
Ismaning sind Kontakte entstanden zwischen Menschen, die sich in
nächster Zeit besuchen wollen und nicht erst bis zum offiziellen
Gegenbesuch des Trachtenvereins warten möchten. Wesentlich ist,
dass die Leute ein paar Tage bei der Familie des anderen privat
untergebracht sind, nicht im Hotel. Es findet eine Kommunikation
statt und ein Zusammenleben, bei dem man sich auch einmal mit
Händen und Füßen verständigen muss. Und es erfordert von beiden
Seiten eine ehrliche Aufmerksamkeit, die man so und anders nicht
erreichen kann.
MM: Apropos Städtepartnerschaften, wie bewerten Sie die
derzeitigen Sondierungen zwischen Palma und Düsseldorf?
Abel: Nachdem wir die Kontakte zwischen Palma und Düsseldorf
hergestellt haben, sind wir leider nicht mehr in die weitere
Entwicklung eingebunden worden. So, wie ich das empfinde, werden
die Verhandlungen von einer gewissen Kühle beherrscht. Es gab ja
Äußerungen seitens des Düsseldorfer Oberbürgermeisters, eine solche
Partnerschaft müsse sich auch rechnen. Diese Basis ist bestimmt
nicht die richtige. Daraus entwickelt sich nicht das, was wir uns
unter einer Städtepartnerschaft vorstellen. Aber es gibt viele
Kommunen, die die Notwendigkeit einer Freundschaft zwischen
Deutschen und Mallorquinern sehen. Konkret haben etwa die
Bürgermeister von Lloret und Santa Margalida ihr Interesse
bekundet, mit uns zusammenzuarbeiten.
MM: Was steht beim AAM sonst so an?
Abel: Zum einen beteiligen wir uns bei der Hilfsinitiative
Asistencia Mallorca, deren Ziel es ist, einen Sozialarbeiter für
hilfsbedürftige Deutsche auf der Insel anzustellen (Stand Montag;
siehe S.23, Red.). Zum anderen bereiten wir die Zusammenarbeit mit
dem Sozialverband VdK Deutschland vor. Die Organisation leistet
Hilfe bei allen Sozial– und Versicherungsangelegenheiten. Etwa für
Deutsche, die Rentenansprüche in Deutschland besitzen. Wir haben
vor, die Vertretung des VdK hier auf Mallorca zu übernehmen. Etwa
Mitte Juli wird eine Delegation zu Gesprächen auf die Insel
reisen.
MM: Zum Abschluss: Wie bewerten Sie das derzeitige
deutsch-mallorquinische Verhältnis?
Abel: Das Verhältnis ist nach wie vor verbesserungsfähig.
Grundsätzlich ist eine Freundschaft zwischen Deutschen und
Mallorquinern möglich. Allerdings wird von offizieller Seite nichts
dafür getan. Wichtig ist, dass der Umgang miteinander aufrechten
Ganges und in gleicher Augenhöhe erfolgt, ohne eine Kriechspur zu
hinterzulassen. Wenn uns mallorquinische Politiker und Medien wie
erst kürzlich nach den Äußerungen des Air-Berlin-Gesellschafters
Joachim Hunold ein Mitspracherecht absprechen, dann liegt das
daran, dass wir zu viele Leisetreter haben und unsere Rechte als
Unionsbürger zu wenig in Anspruch nehmen und reklamieren im Umgang
mit den Behörden.
MM: Was verstehen Sie unter Leisetreter?
Abel: Ein Leisetreter ist für mich jemand, der etwa von deutschen
Residenten als „Gästen” spricht. Nur wenn unter Gleichberechtigten
verhandelt wird, bekommt man auch jene Achtung entgegengebracht,
die ich mir als Unionsbürger wünsche. Auf diesem Gebiet werden den
Mallorquinern von den Politikern viel zu wenig Informationen
gegeben, welche Rechte wir heute als Unionsbürger haben. Das wird
zu wenig vermittelt. Anders wären solche Ausfälle, wie etwa jener
Politikerin, den Zuzug auf die Insel zu begrenzen, in Politik und
Medien erst gar nicht möglich.
Mit Horst Abel sprach Alexander Sepasgosarian.