B ritische Besucher waren im Juni erstmals seit vielen Jahren zahlreicher auf Mallorca als deutsche. Das lag weniger an der gestiegenen Reiselust der Briten, deren Zahl mit einem Plus von 0'88 Prozent praktisch gleich blieb, sondern an den Deutschen, die mit 17'83 Prozent im Minus lagen. Am Flughafen Son Sant Joan landeten genau 704.697 Untertanen Ihrer Majestät, während im gleichen Zeitraum lediglich 647.316 Bundesbürger gezählt wurden.
Auf das erste Halbjahr 2002 gerechnet, fehlen in der Besucherstatistik eine halbe Million Deutsche, es sind noch 2'5 Millionen nach Mallorca gereist. Diese Zahl liegt jedoch noch über der der Briten, von denen 1'7 auf die Baleareninsel reisten.
Die Deutschen, die ihrer „Lieblingsinsel” den Rü-cken kehren, fehlen vor allem in den Hotels. Dort hat sich im Juni die Auslastung mallorcaweit um 14'18 Prozent reduziert und stand bei 70'16 Prozent. Doch ein genauerer Blick zeigt, dass besonders die Segmente und Zonen leiden, in denen Deutsche vorher besonders stark vertreten waren.
Nach Zahlen des mallorquinischen Hotelsverbandes FEHM sind etwa die Belegungsraten in Portocristo mit satten 31'45 Prozent im Minus, in Cales de Mallorca beläuft sich das Minus auf 23'66 Prozent, Capdepera verzeichnet 19'07, Cala Millor 18'03 Prozent. Besonders betroffen ist auch der Bereich Agrotourismus (Fincas, Landhotels, kleine Stadthäuser), der unter einem Rückgang von 27'53 zu leiden hat.
Ein 30-prozentiges Mi-nus verzeichnen auch die Vermieter von Ferienimmobilein, wie ihr Verbandschef Josep Oliver mitteilt. Nach seiner Auskunft sind 70 Prozent seiner Kunden Deutsche.
In einem normalen Jahr wie 2001 hatten die Hotels eine Juni-Auslastung von 84'03 Prozent, in den Boomjahren 2000 und 1999 lag sie bei 87 beziehungsweise 95 Prozent. Erschwerend kommt für die Hoteliers hinzu, dass sie viele der Gäste in diesem Jahr nur mit zum Teil beträchtlichen Preisabschlägen auf die Insel locken können. Die Sonderangebote sorgen für niedrigere Einnahmen.
Obwohl die Hoteliers für Juli und August noch auf zumindest zeitweise ausgebuchte Häuser hoffen, haben sie die Saison doch weitgehen als „unrettbar verloren” abgeschrieben. Gegen diese Einstellung hat sich der balearische Tourismusminister Alomar ge-wandt und die Unternehmer aufgefordert, zum Wohle aller um jeden Touristen zu kämpfen.
Unterdessen zeigen sich auch immer mehr die gesamtwirtschaftlichen Folgen der rückläufigen Besucherzahlen. Nach einer Studie von Hispalink, einer Vereinigung der Wirtschaftsfakultäten 18 spanischer Universitäten, wird das Wachstum auf den Balearen neben dem des Baskenlandes im Jahr 2002 das niedrigste von ganz Spanien sein. Danach wächst die Inselwirtschaft um 1'5 Prozent, während landesweit 2'1 Prozent erwartet werden. Immerhin: Für 2003 sagen die Experten ein Plus von 2'9 Prozent in Spanien und 2'1 Prozent auf den Balearen voraus. Aber auch im kommenden Jahr wird der einstige Wachstumsmotor des Landes Schlusslicht sein.
Schlechte Zahlen hat auch das spanische Statistikinsitut INE veröffentlicht. Die Inflationsrate auf den Balearen ist nach einer Steigerung von 0'1 Prozent im Juli mit 3'0 Prozent für das Jahr 2002 nämlich die spanienweit die höchste. Im Vergleich mit Juni 2001 sind die Preise um 3'7 Prozent gestiegen. Die stärksten Preisschübe gab es im Bereich Hotels und Gaststätten mit 7'1 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten, gefolgt von Kleidung und Schuhen mit 6'7 Prozent sowie alkoholischen Getränken und Ta-bak mit 6'5 Prozent. Die Lebensmittelpreise stiegen um fünf, die für die Wohnung um 3'1 Prozent.