Mallorca ist nicht mehr das, was es einmal war. Und das hat weniger mit den „wichtigen” Dingen zu tun. Wie dem Ballermann, der nun totgesagt ist, nachdem er jahrelang das Bild der Insel in den Köpfen der Deutschen bestimmte, die es nicht besser wussten. Oder dem Rückgang der Urlauberzahlen. Der mag in diesem Jahr besonders drastisch sein, aber von Krisen war schon häufiger die Rede. Letztlich hat sich die Attraktivität der Insel immer wieder durchgesetzt, weil sie einfach unschlagbar war und ist im Vergleich zu anderen Destinationen. (Dass die Inselregierung die Touristen nun wieder lieb hat, könnte allerdings helfen.)
Was diesen Sommer wirklich von allen anderen unterscheidet, an die wir uns erinnern können, ist das Wetter. Wolken. Regen, kühle Nächte – und das mitten im August: für die Landwirtschaft und die Wasserversorgung vielleicht ein Segen, aber gleichzeitig auch eine soziale Katastrophe.
Die Hitze im Hochsommer war immer eine der wenigen festen Größen im Inselleben. Sie garantierte weiten Teilen der Bevölkerung (die nicht im Tourismus schuften) das quasi von oben diktierte Anrecht auf wochenlanges süßes Nichtstun. Wer wollte schon den Stillstand im Sommerloch bei 40 Grad im Schatten als Faulenzertum abkanzeln? Wer trotzdem arbeitete, wurde misstrauisch beäugt, und hatte in den Augen der anderen das Prinzip der mediterranen Lebensart nicht kapiert.
Nun sieht alles anders aus: Anstelle über Dürre und schweißgebadete schlaflose Nächte klagen zu dürfen, müssen wir „angenehme Temperaturen” ertragen. Sie berauben uns der für August üblichen bleiernen Trägheit, und der Rechtfertigung, tagsüber in aller Ruhe etwas leiser zu treten, und die Aktivitäten eher in die Nacht zu verlegen.
Trotzig halten viele Mallorquiner an ihrer Gewohnheit fest, im August so oft es geht in ihrem Sommersitz am Meer zu verweilen. Viele Betriebe haben geschlossen oder zumindest auf „Sommerzeit” umgeschaltet und lassen ihre unter Phantomschmerzen leidenden Angestellten früher nach Hause, weil sich „in der Hitze” sowie keiner konzentrieren kann.
Die Erkenntnisse der Klimaforscher geben ihnen Recht. Der ausbleibende Hochsommer kann nur ein Ausrutscher sein. Langfristig wird's nicht nur immer stürmischer, sondern auch immer heißer als uns lieb sein kann.