Kanzlerbruder Lothar Vosseler staunte nicht schlecht, als er vor wenigen Tagen einen mittleren Betrag von seinem spanischen Konto auf ein Konto in Deutschland überwies. Seine Sparkasse zog ihm hier dafür satte 30 Euro an Gebühren ab. Sein Fazit: „Nie wieder.”
Aufgestoßen sind die hohen Tarife für Auslandsüberweisungen auch der Europäischen Union. „Wenn die Banken nicht mehr tun, um die Kosten von Kleinstüberweisungen zwischen den Mitgliedsstaaten zu senken, wird Bürgern und kleinen Unternehmen die Möglichkeit verwehrt, vollen Nutzen aus dem Binnenmarkt und dem Euro zu ziehen”, warnte bereits vor zwei Jahren das für den Binnenmarkt zuständige Kommissionsmitglied Frits Bolkestein.
Die Geldinstitute zeigten sich von dessen Worten wenig beeindruckt. Auch die Tatsache, dass eine europäische Auslandsüberweisungsrichtlinie (97/5/ EG) seit August 1999 die Überweisungen von „Kleinbeträgen bis zu 50.000 Euro so kostengünstig, zuverlässig und effizient wie möglich” machen soll, hat daran kaum was geändert. Nach wie vor, so hat eine von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie ergeben, wird beispielsweise in 25 Prozent der Fälle noch zusätzlich beim Empfänger zugelangt.
Dies ist laut der Auslandsüberweisungsrichtlinie nur dann gestattet, wenn der Auftraggeber dies ausdrücklich wünscht. Bolkestein forderte daher die Mitgliedsstaaten auf, in der Praxis für die Einhaltung der Richtlinie zu sorgen. Probleme bei den grenzüberschreitenden Überweisungen seien vor allem darauf zurückzuführen, dass die internationale Zahlungsinfrastruktur in ihrer Entwicklung hinter der inländischen zurückgeblieben sei.
Weiter brachte die Studie zu Tage, dass die Gebühren in den Mitgliedsstaaten für eine 100-Euro-Überweisung zwischen 8'15 Euro (Finnland) und 25'13 Euro (Portugal) liegen. Spanien liegt mit durchschnittlich 15'48 Euro im Mittelfeld, hält jedoch beim Empfänger mit 5'02 Euro nochmal gewaltig die Hand auf.
Die oben erwähnte Auslandsüberweisungsrichtlinie verlangt zudem von Geldinstituten, ihre Kunden über die Gebühren hinreichend aufzuklären. MM machte die Probe aufs Exempel und stellte fest, dass das Gros der befragten Geldinstitute von der viel beschworenen Transparenz oft noch Lichtjahre entfernt ist. Eine Sparkassen-Angestellte weigerte sich gar, eine Gebührentabelle auszustellen mit der Begründung, es handele sich um betriebsinterne Daten. Erst der Wink mit den Bestimmungen des Europäischen Parlaments und Rats vom Dezember vergangenen Jahres machte die forsche Dame einsichtig.
Mit dem vierseitigen EU-Schriftstück sollen die europäischen Geldinstitute künftig an die Kandare genommen werden. So müssen sie bis spätestens 1. Juli 2003 die Gebühren für Überweisungen bis 12.500 Euro ins EU-Ausland auf das Niveau einer Inlandsüberweisung drücken. Eine solche kostet derzeit selten mehr als zwei Euro.
Ebenfalls ab Juli kommenden Jahres sind die Geldinstitute verpflichtet, auf Bankauszügen automatisch die entsprechende internationale Kontonummer des Kunden (IBAN) sowie die Bankleitzahl (BIC) anzugeben.
Bis dahin werden die Kunden mit den hohen und von Geldinstitut zu Geldinstitut unterschiedlichen Tarifen leben müssen. In der Regel setzen sich die Gesamtkosten einer grenzüberschreitenden Überweisung aus zwei Posten zusammen: der fixen Gebühr für die Swift-Überweisung (elektronisches Überweisungssystem) und der Kommission, die von der Höhe des zu überweisenden Betrags abhängt.
MM fragte bei acht Geldinstituten in Palma nach: Banca March, Banco Banesto, BBVA, CAM, La Caixa, Citibank, Deutsche Bank und Sa Nostra. Am günstigsten schnitt dabei die Sparkasse Sa Nostra ab, die als einziges befragtes Geldinstitut eingleisig und zudem noch mit dem niedrigsten Prozentsatz berechnet: 0'25 Prozent des Überweisungsbetrags, jedoch mindestens 9'02 Euro. Wird auf eine der Partner-Sparkassen in Deutschland überwiesen, kostet das pauschal 9'02 Euro, unabhängig von der Höhe des Betrags.
Ganz anders verhält sich die Sache bei der Banca March, ebenfalls ein balearisches Geldinstitut. Dort werden 0'45 Prozent des Überweisungsbetrags beziehungsweise mindestens 15 Euro fällig, plus 15 Euro Swift-Gebühr. Macht insgesamt also mindestens 30 Euro. Bei guten Kunden wird Verhandlungsbereitschaft signalisiert.
Zwischen diesen beiden Extremen liegt am teuren Ende die CAM (0'5 Prozent, Minimum 9'02 Euro, plus 15 Euro Swift), und am günstigen Ende die Deutsche Bank (0'4 Prozent, Minimum drei Euro, plus 9'02 Euro Swift). Der Rest bewegt sich bei Gesamtkosten zwischen 13 und 19 Euro.
Geldtransfer in die umgekehrte Richtung, von Deutschland nach Spanien, scheint mit weniger Kosten verbunden zu sein. Bei einer stichprobenartigen Nachfrage bei der Stadtsparkasse Düsseldorf und der Dresdner Bank fallen lediglich Gebühren in Höhe von pauschal 7'67 Euro beziehungsweise neun Euro an.
Klar geregelt hat die EU auch den Beschwerdeweg für Kunden. Erste Anlaufstation, so Carlos Hernández Guarch von der privaten Verbraucherschutzorganisation AUSBANC, sei die Beschwerdestelle des jeweiligen Geldinstituts. „Gibt es nach Ablauf von zwei Monaten noch keine Einigung, kann sich der Kunde an die übergeordnete Beschwerdestelle der Banco de España richten.” Übrigens: Ist der überwiesene Betrag nach sechs Werktagen noch nicht beim Empfänger eingetroffen, kann der Auftraggeber die Rückerstattung der Kosten plus Verzugszinsen verlangen. Falls keine andere Frist vereinbart wurde.