Eine wahrlich ungewöhnliche Prozession zog am Mittwoch hinauf zum Coll de L'Ofre, um dem Berg etwas wiederzubringen, was ihm im vergangenen Sommer gestohlen worden war: das Gipfelkreuz.
Gut drei Dutzend Naturfreunde folgten dem Ruf von Wanderführer Werner Veith und trafen sich am späten Vormittag am Cúber-Stausee, um sich gemeinsam auf den Weg zum rund 850 Meter hohen Pass zu machen. Darunter zahlreiche Freunde und Angehörige des Berufswanderers und eine zwölfköpfige Urlaubergruppe, die die bevorstehende Wanderung über ihren Reiseveranstalter gebucht hatte, ohne zu wissen, was an diesem Tag auf sie zukommen würde. Wurde der spanische Vatertag noch weitestgehend ignoriert, sollte der 58. Geburtsag von Werner Veith nicht verheimlicht werden und das Aufstellen des Kreuzes ohnehin nicht.
Wäre da nicht dieses unförmige, mit Klebeband und Folie verpackte, zwei Meter hohe, 1'2 Meter breite und 18 Kilo schwere Gepäckstück gewesen, das seinen Trägern Schweißausbrüche bescherte, hätten die drei Forstbeamten, die an der Staumauer mit Routinearbeiten beschäftigt waren, sicher keinen Verdacht geschöpft. Erst nachdem die Umweltwächter von den hehren Absichten der gut gelaunten Gruppe überzeugt werden konnten, setzte sich die illustre Expedition wieder Richtung Pass in Bewegung.
Immer dem breiten Schotterweg folgend, durch mehrere Gatter hindurch und nach einem großen Gehöft zur Linken rechts dem kleinen, ausgeschilderten Pfad nach Biniaraitx entlang. Hin und wieder verhedderte sich das Kreuz in den tief hängenden Zweigen des Kiefernwäldchens, bis nach insgesamt eineinhalb Stunden Kreuzgang der Steinhaufen mit dem Stumpf des früheren, wesentlich kleineren Monuments erreicht war.
Nach dem Geburtstagsgipfelständchen trat dann ein Mann in Aktion, der nicht nur während der vorangegangenen knapp vier Kilometer eine tragende Rolle hatte: Michael Huhler. Der schmiedende Schlosser aus Werbach bei Tauberbischofsheim entwarf auf Anregung Veiths ein Kreuz, neben dem künftig so manch religiöser Wanderer andächtig verweilen wird.
Stilisierte Omega- und Alphasymbole stehen stellvertretend für Anfang und Ende des Lebens. Über einer symbolischen Meereswelle hängt die bronzene Jesusfigur am schwarzen Kreuz, hinter dem vier Sonnenstrahlen die Welt erleuchten.
Mehr als eine Woche werkelte der 42-Jährige in seiner Freizeit an dem Kreuz. „Wobei das ganze Drumherum der Aktion und der Transport nach Mallorca fast aufwendiger waren als die Schmiedearbeit”, erklärt Huhler bescheiden und greift zur Säge. Das restliche Rohr des vorigen Kreuzes muss abgeschnitten werden, damit das neue darin verankert werden kann. Nachdem das Gipfelkreuz made in Germany nach Osten mit Blick auf den Stausee und die benachbarten Bergriesen ausgerichtet worden ist, wurden die Hohlräume mit Zement ausgefüllt und das Kreuz endgültig fixiert.
Da der L'Ofre der erste Gipfel war, den der Wanderführer nach seiner Übersiedlung von Deutschland nach Portocolom vor sieben Jahren bestiegen hatte, entschloss sich Veit, nachdem er den Verlust im Herbst bemerkte, ein neues Kreuz zu errichten.
Mehr noch als ein Ersatz für das gestohlene Kreuz soll das jetzige aber ein Zeichen für den Frieden und gegen den Krieg sein, der wenige Stunden nach dem friedlichen Kreuzzug zum Coll de L'Ofre die Welt erschüttern sollte, da sind sich Gipfelkreuzinitiator Werner Veith, Michael Huhler und die Weggefährten einig. Im September soll es von einem Pfarrer aus Ulm gesegnet werden.