Die Legislaturperiode ist ein halbes Jahr jung, und die Balearen-Regierung sieht sich mit einer ersten Massenkundgebung gegen ihre Politik konfrontiert. Genauer: gegen ihre Verkehrspolitik. Das Autobahn-Projekt zwischen Inca und Manacor hat bereits 23.000 Bürger veranlasst, Einspruch einzulegen – das ist ein Rekord. Man muss also kein Hellseher sein, um den Erfolg der Demonstration am Samstag zu prophezeien. Es werden wohl Zehntausende sein, die gegen den Landschaftsfraß durch Asphalt zu Felde ziehen.
Matas wird vorerst Kurs halten, schließlich haben ihn die Balearen-Bürger mit der absoluten Mehrheit ausgestattet – die maßgebliche Massenkundgebung für den Regierungschef waren die Wahlen vom Mai. Allerdings wird er dieses Projekt nicht durchziehen können, ohne Kratzer am strahlenden Image zu erleiden.
Die Trasse von Inca nach Manacor ist, das wurde an dieser Stelle mehrfach kommentiert, unsinnig, weil sie das weitgehend intakte Landesinnere zerschneidet und ihr Nutzen zur Entlastung der Straße von Palma nach Manacor fragwürdig ist. Aber das Problem geht tiefer. Die Regierung würde, wenn nicht bei dieser Gelegenheit, auch an anderer Stelle den Zorn eines Teils der Bevölkerung auf sich ziehen. Eine – sinnvollere – Autobahn von Palma gen Osten würde nicht minder Massenproteste auslösen. Oder die Genehmigung von Golfplätzen, der Bäderklinik von Campos, des Ausbaus von Yachthäfen. Der Landschaftsverbrauch ist für weite Teile der Inselbevölkerung das Umweltthema schlechthin. Dagegen verblassen alle anderen Sünden gegen die Natur.
Der Fortschrittspakt setzte auf die Wachstumsbremse – und wurde an der Urne abgestraft. Matas & Co. setzen auf Wachstum – und bekommen schon jetzt den Zorn der Menschen zu spüren. Das hat nicht nur etwas mit starken Wählergruppen zu tun, diese Zerrissenheit ist durchaus ein Merkmal der mallorquinischen Volksseele. Auf den Wohlstand von heute mag kaum jemand verzichten; aber es fällt schwer, seine negativen Seiten zu akzeptieren. Es ist nun mal unmöglich, Geschäfte mit Millionen von Urlaubern zu machen, ohne dass sie Spuren hinterlassen.
Offenbar besteht in dieser Hinsicht noch immer Diskussionsbedarf auf Mallorca. Welche Gesellschaft möchten wir? Diese Entscheidung kann den Mallorquinern niemand abnehmen.