Mallorca entwickelt sich in Sachen Abfallmanagement zum Wunderland. Die gute Nachricht darf natürlich kein Geheimnis bleiben. Was liegt also näher, als in den nagelneuen Umwelttechnologie-Park Besucher zu locken und sie mit einer Mischung aus Information, Hightech und Kulinarischem zu versorgen? Das alles gratis, versteht sich. Damit gar nicht erst Zweifel aufkommen, sorgt im Besucherzug eine Off-Stimme: „Diese Einrichtung bedeutet die endgültige Lösung des Abfallproblems.”
Die müllpolitische Zeitenwende läutete das Who is Who der mallorquinischen Politik bereits im Juni ein. Bei der Einweihung des seit Jahren angekündigten Recycling-Zentrums vor den Toren Palmas sprach man nicht von Müll, sondern gehaltvoll von „wichtigen Ausgangsstoffen im 21. Jahrhundert”. Im November startete der Inselrat in Zusammenarbeit mit dem Betreiber der Anlage, dem Konzessionär für Abfallwirtschaft Tirme, Informationsveranstaltungen für die Öffentlichkeit. Zunächst durften sich allerdings nur Schulklassen und Rentnergruppen ein persönliches Bild von Mallorcas Abfallzukunft machen. Im Februar soll diese Einschränkung aber fallen, sagt Tirme-Pressesprecher Joan Vidal. Interessierte haben dann jeden Samstagvormittag Gelegenheit, sich den 90 Millionen teuren Umwelttechnologie-Park aus der Nähe anzusehen.
Die rund 40 Oberstufenschüler, die im Konferenzraum den Erklärungen von Vidal lauschen, hätten vermutlich freiwillig nicht den Weg nach Son Reus gefunden. Bei Themen wie Energiegewinnung aus Methangas, Kompostierung und Recycling lässt die Aufmerksamkeit schnell nach. Die älteren Jahrgänge seien ihm da schon lieber, gibt Vidal offen zu, „die Fragen mich danach Löcher in den Bauch”. Heute bleiben die Arme unten, die Jugend konzentriert sich lieber auf die Sandwiches, die nebenan auf Silbertabletts auf Abnehmer warten. Müllexperte Vidal gibt sich trotzdem optimistisch. „Sie verlassen die Anlage mit einem ganz anderen Bewußtsein für die Abfallproblematik”, glaubt er.
Dabei ist der Vortrag durchaus interessant und abwechslungsreich, wenn auch mit fast einer Stunde nicht gerade knapp bemessen. Was auf einen inhaltlich zukommt, erkennt der Besucher bereits vor Betreten des futuristischen Stahl– und Glaswürfels. Gepresste Platten aus Recycling-Material, mal Holz, mal Kunststoff, zieren weite Teile der Fassade.
Der Trend zum Selbstversuch („was sich nicht eignet, wird wieder abmontiert”) setzt sich im Inneren fort. Wände und Schränke strahlen einen offensichtlichen Wiederverwertungs-Charme aus. Im Vortrag selbst dreht sich allerdings alles um das große Abfallmanagement. Und natürlich die Rolle, welche dem Umwelttechnologie-Park zufällt.
Der Beamer wirft reihenweise bunte Bilder, verziert mit langen Zahlen, an die Wand: Zum Beispiel die Mülltrennungsanlage, vom Feinsten, aber „leider noch völlig unterversorgt, weil die wenigen gelben Tonnen auf Mallorca kaum Nachschub bringen”, klagt Vidal.
Theoretisch könnte die Anlage in der Anfangsphase jährlich 10.000 Tonnen Kunststoffabfall nach verschiedensten Kriterien trennen. „Aber wir laufen gerade mal auf 25 Prozent unserer Kapazität.” Immerhin ist die Anlage – übrigens „einzigartig in Europa” – in Betrieb. Das trifft nicht auf alle zu. Noch gänzlich still ist es in der Halle zur Herstellung von Methangas und im Trakt für Kompostierung. In beiden Anlagen soll aber in Kürze mit der Umwandlung von organischem Abfall in saubere Energie begonnen werden, sagt Vidal. In ferner Zukunft, so die Planer des Parks, soll hier Endstation sein für bis zu 130.000 Tonnen organischen Abfalls im Jahr. Bereits seit längerem funktioniert aber das Sammeln und Trennen von Altglas und Papier.
Herzstück der Führung ist zweifelsohne die zehnminütige Fahrt mit dem gläsernen Einschienenzug. Weil das die wieder erwachten und gestärkten Oberschüler ähnlich sehen, schlägt Überdruss in Sekundenschnelle in Begeisterung um. In sieben Meter Höhe schwebt der Besucher lautlos einen Kilometer durch den Technologie-Park. Rechts Mallorcas prächtige Landschaft, links der Müll-Hightech. Eine Stimme aus dem Off gibt Erläuterungen in Catalán, Spanisch und Englisch zum Besten.
Eigentlich sind drei Haltestellen geplant. Weil die Methanisierung und die Kompostierung noch auf sich warten lassen, stoppt der Glaszug nur im Trennungsteil für Kunststoffe. Dem Optimismus der Off-Stimme tut das freilich keinen Abbruch.