VON ANJA MARKS
Harter Konkurrenzkampf zwischen den europäischen
Reiseveranstaltern, Diversifikation und neue Märkte waren die
Schlagworte der Nachricht, die der englische Reiseveranstalter
Thomson am vergangenen Dienstag, 31. Mai, völlig überraschend
bekanntgab. Seit dem 1. Juni verkaufen 750 Thomson-Reisebüros in
Kooperation mit der britischen Immobilienfirma „Parador Properties”
Wohnungen und Häuser auf Mallorca. Dies erklärte
Thomson-Geschäftsführerin für Spanien und die Balearen, Lesley
Rawlings, gegenüber dem Mallorca Magazin. Ziel sei es, die
Kunden zunächst in den Reisebüros über die Möglichkeit des
Immobilienerwerbs zu informieren, und sie dann an den Partner
weiterzuleiten.
Vorausgegangen war die Bekanntgabe des neuen Geschäftsfeldes durch den Leiter für Marketing bei Thomson in London, Miles Morgan. Der britische Reiseveranstalter, der zur TUI-Gruppe gehört, begründete den Schritt ins Immobiliengeschäft mit der Tatsache, dass die Tourismusindustrie sich in den vergangenen Jahren drastisch verändert habe. Billigflieger und günstige Last-Minute-Angebote haben die Struktur der klassischen Urlaubsreise völlig umgekrempelt, so Morgan. Doch mit der einfachen und günstigen Erreichbarkeit der mediterranen Urlaubsregionen steige auch die Nachfrage nach Immobilien immer weiter an.
Harald Oberkirch, Resident-Manager für die Balearen bei Thomas Cook, erklärt sich den Schritt mit den drastisch ansteigenden Internet-Buchungen im britischen Markt. „Dieses Problem haben deutsche Reisebüros derzeit nicht”, so der Touristiker. Vom Veranstalter TUI konnte zu dem Thema bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme eingeholt werden.
Ob sich Häuser und Wohnungen auf Mallorca allerdings aus dem Quellmarkt heraus verkaufen lassen, und dazu noch in Kooperation mit einer Immobilienfirma, die nicht zu den lokalen Anbietern gehört, wird von Fachleuten auf der Insel mitunter bezweifelt. Lutz Minkner, Inhaber der mallorquinischen Immobilienfirma Minkner & Partner Profi Konzept, glaubt nicht, dass dieses Vorhaben besonders erfolgversprechend sein wird. Die Kunden seien seiner Erfahrung nach sehr kritisch und würden sich eher auf einen lokalen, inhabergeführten Vermittler verlassen als auf Firmen im eigenen Land. Trotzdem, so Minkner, könnten für hiesige Unternehmen in Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern durchaus neue Synergieeffekte entstehen, und auch seine Firma sei nicht abgeneigt, über derartige Kooperationen nachzudenken.
Heidi Stadler, Inhaberin des Real-Estate-Unternehmens First Mallorca, glaubt nicht, dass die Insel eine geeignete Destination für den Verkauf von Häusern und Wohnungen über ein Reisebüro sei. Das Produkt Immobilie auf Mallorca sei viel zu individuell, und die Kunden hier viel zu anspruchsvoll, um auf professionelle Beratung vor Ort verzichten zu können, so Stadler. Auf dem spanischen Festland gebe es eher Regionen mit großen Wohnanlagen, wo ein solches Konzept vorstellbar sei.
Die Idee, zusammen mit Reiseveranstaltern auf dem Immobilienmarkt zusammenzuarbeiten, findet aber auch positive Resonanz. Jörg Stepputat, Verkaufsleiter der Firma Kühn & Partner, bestätigte gegenüber MM, dass das Unternehmen schon seit Januar dieses Jahres mit einem Reiseveranstalter, der noch nicht zu nennen sei, über eine mögliche Kooperation verhandelt. Die Vorteile einer Zusammenarbeit im Bereich Immobilien und Touristik liegen auf der Hand, so Stepputat. Wer häufig in ein Zielgebiet reise, denke vielleicht auch irgendwann über den Erwerb einer Immobilie dort nach.
Die Firma Engel & Völkers zeigt ebenfalls Interesse und ist nach Angaben der Tageszeitung „Ultima Hora” in Gesprächen mit dem zweitgrößten deutschen Veranstalter Thomas Cook.