Der ganz große Ansturm ist erstmal vorbei”, erklärt Antonia, Kassiererin in der Damenmoden-Abteilung des Kaufhauses „El Corte Inglés” in der Shoppingmeile Jaume III. „Am Samstag konnte man sich hier vor lauter Kunden kaum noch rühren.” Ein echter Glücksfall für den Einzelhandel, dass der erste Tag des Winterschlussverkaufs in diesem Jahr aufs Wochenende fiel. Einen Tag nach der großen Bescherung zu „Reyes”, also Dreikönig, kamen die „Rebajas” den gar nicht konsummüden Kunden gerade recht, um die ersten Schnäppchen zu ergattern – und ungeliebte Geschenke schnell wieder loszuwerden: „Umtauschen stand am Wochenende hoch im Kurs”, bestätigt Antonia.
Zu Wochenbeginn sind die Einkaufsstraßen in Palmas Innenstadt immer noch gut besucht. Der Beuteinstinkt der Schnäppchenjäger scheint allerdings einer gewissen Lust am Gucken gewichen zu sein. „Das Modeangebot hier in Palma ist einfach toll”, schwärmen Monika und Klaus Dohrmann. Das junge Ehepaar aus Köln ist richtig froh, dass ihr Mallorca-Urlaub zufällig in die Rebajas-Zeit gefallen ist: „Das nutzen wir jetzt richtig aus, um uns mit neuen Sachen einzudecken. Die Preise sind zum Teil wirklich unglaublich.”
Selbst Preisnachlässe bis zu 70 Prozent sind keine Seltenheit. Im gut besuchten „H&M” ist zu diesem Sensationspreis Damenmode – zum Beispiel Röcke mit farblich passenden Jackets – zu haben. Weil diese Sachen unbedingt raus sollen, sind sie gleich im Eingangsbereich drappiert. Doch weil die grün- und braunkarierten Teile schon für 29'90 Euro keiner haben wollte, bleiben sie auch für 8'97 Euro ziemlich unbeachtet liegen.
Trotzdem: Die Vertreter der kleineren und mittleren Unternehmen zeigen sich optimistisch. Verbände wie „Pimeco” rechnen mit einer Durchschnittsausgabe von 100 bis 150 Euro pro Kunde, insgesamt geht man von 45 bis 50 Millionen Euro Einnahmen durch die Rebajas aus. Begehrt sind neben Textil- und Schuhmode vor allem Accessoires und Haushaltswaren. Wobei das Shoppen immer noch vorrangig Frauensache zu sein scheint: Bei „Massimo Dutti” und „Zara” sind die Damenabteilungen von Kundinnen aller Altersstufen überfüllt, die sich hier mit Blusen, Pullovern und Jeans mit 40 oder 50 Prozent Rabatt eindecken. In den Herrenabteilungen fällt der Preisnachlass mit 35 bis 40 Prozent durchweg etwas geringer aus, und unter den deutlich weniger Kunden dort sieht man zum großen Teil Frauen, die nach einem Pullover oder Hemd für „ihn” Ausschau halten. Je jünger allerdings die Herren, desto modebewusster sind sie: Am Tisch mit den Jeans für 19'90 Euro (statt 36 Euro) in der Herrenabteilung bei „Zara” rangeln durchgestylte Zwanzigjährige um das beste Teil.
Auch in der Calle Sant Miguel herrscht um 18 Uhr Hochbetrieb. Die meisten „bummeln und gucken”, wie die beiden Freundinnen Marion und Nicole: „Ich suche nichts Bestimmtes”, sagt die 19jährige Friseurin aus Freiburg. „Aber wenn ich etwas finde, was mir supergut gefällt, schlage ich zu.” Mit dieser Kauftaktik liegen die beiden gut im Durchschnitt: Rund 40 Prozent der Rebajas-Kunden, so schätzen Vertreter der Unternehmensverbände, kommen ohne einen gezielten Kaufwunsch, und diese noch „unentschlossene” Klientel wird hart umkämpft. Der Wettkampf ist aggressiver, der Preisnachlass gleich am Anfang drastischer geworden. Bis zum 15. Februar dauern die Rebajas noch, aber die erste Hälfte, sagt Miguel, der im „El Corte Inglés” Schuhe verkauft, ist „heftiger”: „Jedes Jahr ist es intensiver, aber auch kürzer”, hat er festgestellt.
Grellrote „Rebajas”-Schilder (50 Prozent) sorgen dafür, dass sich im Kindergeschäft „Disney-Store” Mütter mit ihren mitgebrachten Kinderwagen gegenseitig in die Quere kommen. Auch das Haushaltswarengeschäft „Casals Hogar”, das Kissen, Deko-Stoffe und Badezimmer-Utensilien für rund 40 Prozent weniger unters Volk bringt, ist gut besucht. Nur im Geschenke-Shop „Hogar Ida” in der Calle de Sant Domingo, das mit „Interior Design & Regalos” wirbt, hat der Verkäufer kurz vor 19 Uhr schon lautstark den Staubsauger angeworfen. Wer hat jetzt schon wieder Lust auf Geschenke? Morgen ist auch noch ein Tag.