Dieses Jahr zählt es nochmal für mich. Ich werde auch nicht jünger, und so viele Chancen werde ich bei der Tour nicht mehr bekommen.” Einsichten eines 32 Jahre alten Radprofis. Jan Ullrich stand am Samstag mal wieder dort, wo man ihn vermutet: im Mittelpunkt des Interesses. Mehr als 150 Journalisten hatte das T-Mobile-Team zum Trainingslager in Cala d'or eingeflogen. Im Theater des Robinson-Clubs Cala Serena ging die offizielle Team-Präsentation über die Bühne. Ullrich, Ullrich und nochmal Ullrich, so lauteten die Wünsche der Medienvertreter. Dann bat man auch noch den einen oder anderen Fahrer zum Gespräch – natürlich vorrangig, um zu fragen, was er von Ullrich hält. Für Auflockerung des Geschehens sorgten einige hübsche weibliche Gesichter. Denn das T-Mobile-Team hat erstmals auch eine Frauen-Abteilung mit Judith Arndt an der Spitze, die ebenfalls im Robinson-Club präsentiert wurde.
Jan Ullrich wirkte frisch, plauderte gelöst mit den Journalisten und überraschte durch seine Optik: Mit so langen Haaren hatte man den Rostocker noch nie gesehen. Da drängt sich die Frage auf, ob in diesem Jahr „ein neuer Jan Ullrich” durchstartet. „Meine Haare habe ich wachsen lassen, weil ich keine Zeit hatte, zum Friseur zu gehen, um das gleich mal zu erklären”, schmunzelt der Tour-de-France-Gewinner von 1997. Also kein neuer Jan, durchstarten will er trotzdem. Die Voraussetzungen seien besser als in den vergangenen Jahren. „Wir haben ein harmonisches Team, alle ziehen an einem Strang, sind topmotiviert. Besser kann die Saison nicht anfangen”, meint „Ulle”, der von einigen in der Mannschaft inzwischen „Pumuckl” genannt wird. Der Star ergänzt: „Wir sind jetzt schon weiter als voriges Jahr im Mai.”
Jan Ullrich ist der unumstrittene Kapitän. Das Magenta-Team ist 2006 noch stärker auf ihn ausgerichtet als in den Vorjahren. So nahm der neue Teamchef Olaf Ludwig zum Beispiel Ullrichs persönlichen Betreuer Rudy Pevenage wieder als sportlichen Leiter mit ins Boot. „Ich freue mich natürlich. Immerhin habe ich dafür einige Jahre gekämpft.” Ein anderer fehlt in diesem Jahr. Erik Zabel radelt inzwischen fürs Milram-Team. Auch das scheint nach Ullrichs Meinung zur Harmonie im Team beizutragen. „Wir haben die letzten Ecken abgeschliffen”, meint er, ohne Zabel beim Namen zu nennen.
Groß ist die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit, immens der Druck, der auf Jan Ullrich lastet. Für den längst Gewohnheit: „Ich glaube nicht, dass der Druck größer geworden ist oder größer werden kann. Spätestens seit 1997 gibt es den Druck jedes Jahr. Ich merke das eigentlich gar nicht.”
Jan Ullrich ist gut durch den Winter gekommen, ohne Wehwehchen. Und auch auf Mallorca läuft's optimal: „Die Insel ist einfach gut zum Trainieren, man hat Berge, man kann flach fahren, es ist alles da.”
Und wann steht das erste Rennen an? „Ich lege mich da ungern fest. Ich steige ein, wenn ich bereit dafür bin.”