VON ANJA MARKS
Raucher kennen das Dilemma: Sie wissen, es ist schädlich, können es aber «infach nicht lassen. Ähnlich ist es mit der Sonne. Millionen Menschen grillen sich Jahr für Jahr unter den wärmenden Strahlen, denn gebräunte Haut signalisiert Gesundheit und Fitness. Dass die Hautkrebsrate ständig steigt, wird gerne verdrängt, denn wenn die Sonne scheint, hebt sich unsere Stimmung. Geschichten über Falten, Sonnenbrand, Ozonloch und Hautkrebs hört niemand gern, eine gute Sonnencreme muss reichen. Aber bitte keinen Totalschutz, „dann kann ich ja gleich im Haus bleiben”, scheint sich so mancher „Faktor-6-User” zu denken.
Dabei sind Sonnencremes mit Lichtschutzfaktor 20 und darüber keine Seltenheit mehr, doch dass sich trotz der immer stärkeren Protektion die Hautkrebsrate seit 1950 versechsfacht hat, spricht für sich. Sonne ist zwar ein Wohlgenuss für die Psyche, zuviel des Guten kann für die Haut jedoch gefährlich sein.
Ganz ohne geht es aber auch nicht, denn im Gegensatz zum Rauchen sind die UV–Strahlen etwas, auf das wir nicht verzichten können. Wer zuwenig Licht und Sonne bekommt, wird missmutig und depressiv. Das Sonnenlicht löst hormonelle Reaktionen aus, die den Stoffwechsel anregen. Der Körper setzt euphorisch stimmende Stoffe frei, das UV-Licht ist für die Umwandlung von Vorstufen des Vitamin D im Körper verantwortlich.
Die ultraviolette Strahlung, die für das menschliche Auge nicht sichtbar ist, wird in UVA, UVB und UVC unterteilt. Während die UVC–Strahlen vollständig von der Ozonhülle herausgefiltert werden, sind wir Teilen der UVA– und UVB–Strahlen ausgesetzt. Letztere sind hauptsächlich für Sonnenbrand verantwortlich. Wenn die Haut vorzeitig altert, so liegt das vor allem an den UVA– Strahlen. UVB regt die Pigmentzellen zur Bildung des braunen Melanins an, das als „gesunde” Sonnenbräune so sehr geschätzt wird. Zuviel UVB kann jedoch nach Jahren oder Jahrzehnten Hautkrebs begünstigen. Deshalb warnen Hautärzte vor ungeschützten Sonnenbädern und empfehlen besonders Sonnencremes, die sowohl gegen UVA– als auch UVB–Strahlen schützen.
Vor allem die empfindliche Kinderhaut ist gefährdet, denn der UV–Eigenschutz sei in den ersten Lebensjahren noch nicht vollständig entwickelt, erklärt Professor Eckhart Breitbart von der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention. In der Kindheit und Jugend werde das Hautkrebsrisiko angelegt, jeder Sonnenbrand im Kindesalter erhöhe die Wahrscheinlichkeit einer späteren Erkrankung.
Deshalb gilt für Kinder erst recht, was für Erwachsene selbstverständlich sein sollte: Wasserfeste Sonnencreme mit hohem Licht– und Breitbandschutz auftragen, mindestens eine halbe Stunde vor dem Sonnenbad. Beim Schutz wird unterschieden zwischen chemischen Filtern, die in die Haut eindringen und dort die UV–Strahlung in ungefährliche Wärmestrahlung umwandeln, sowie mineralischen Filtern. Diese dringen nicht in die Haut ein, sondern reflektieren durch Deckpigment wie Zinkoxid an der Hautoberfläche das Sonnenlicht. In vielen Cremes werden auch beide Filter miteinander kombiniert.
Der Lichtschutzfaktor (LSF) spielt ebenfalls eine große Rolle, die Messmethoden sind allerdings nur teilweise einheitlich genormt. In Europa wird seit 1997 der UVB-Lichtschutzfaktor nach dem Standard des Dachverbandes der europäischen Kosmetikindustrie angegeben.
Je jünger oder blasser man ist, desto höher sollte der LSF sein, rät Dermatologin Cordula Ahnhudt. Kinder, so empfiehlt die Hautärztin aus Bendinat, sollten mit LSF 60 eingecremt werden, im ersten Lebensjahr sollten Babys überhaupt nicht der direkten Sonne ausgesetzt werden. Mehrmaliges Eincremen erhöht übrigens den Schutz ebensowenig wie die Sonnencreme vom letzten Jahr, denn durch Wärme und Sauerstoff zersetzt sich der Schutzfilter.
Bestimmte Lebensmittel dagegen können den körpereigenen Sonnenschutz erhöhen, allerdings nur dann, wenn sie regelmäßig konsumiert werden. Die besten Schutzmaßnahmen sind jedoch nach wie vor: Leichte Bekleidung, Kopfbedeckung, Schatten. Mittagssonne zwischen 12 und 16 Uhr ist zu meiden.
Denn: Sonnencremes schützen zwar vor Sonnenbrand, aber nicht vor Hautkrebs. Das Risiko zur Bildung von Leberflecken wird durch eincremen nicht gemindert, wie eine Studie der Uni-Hautklinik Tübingen zeigte. Leberflecken bilden sich meist im Kindesalter und vermehren sich durch den Aufenthalt im Freien. Wer dann als Erwachsener viele Flecken hat, besitzt ein erhöhtes Risiko, an schwarzem Hautkrebs zu erkranken.