Hast du eigentlich was gegen Rosa?” Als ihr Olli Dittrich diese Frage am Handy stellte, waren die ersten Seiten im „Texas Lightning”-Märchen gerade geschrieben. Drummer Olli „Ringofire” Dittrich hatte das Country-Kleid mit rosa Spitze auf dem Weg zum Flughafen in einem Kölner Schaufenster entdeckt und spontan an die Frontfrau seiner Band gedacht. Auch wenn sich Jane Comerford als Wahl-Hanseatin und Dozentin an der Hamburger Hochschule für Musik sonst eher klassisch kleidet - von „Ollis Goldgriff” ließ sie sich verzaubern. „Ich zog es gleich bei der nächsten Probe an, und alle riefen: Wow!”, erzählt sie lachend. „Ich kam mir wie eine Prinzessin vor.”
Eitel kann man die Profi-Musikerin, die als zweitjüngste von vier Töchtern eines Viehauktionators im australischen Newcastle groß wurde, trotzdem nicht nennen. Im Gegenteil: Die Dozentin, deren „Popkurse” regelmäßig ausgebucht sind und schon Künstlern wie „Rosenstolz” und „Wir sind Helden” zum Durchbruch verhalfen, ist erfrischend natürlich. Am 22. September tritt sie mit „Texas Lightning” beim Mallorca-Western-Festival in Palmas Stierkampfarena auf. Ihr erster Inselbesuch ist es nicht. „Ich war schon öfter auf Mallorca”, erzählt sie. „Wir sind mit dem Auto bis nach Pollença gefahren - eine wunderschöne Insel.” Auch beruflich fühlt sie sich mit Mallorca verbunden. Mit Mayte Mateos, die seit langem hier lebt, reiste Jane Comerford Anfang der 90er als Duo „Baccara” („Yes, Sir I can Boogie”) durch die Welt. „Es war eine verrückte und schöne Zeit”, erinnert sie sich. „Im Privatjet tourten wir in so exotische Länder wie Estland, Kasachstan oder Finnland.” Geprobt wurde auf Mallorca, und sie hofft, während ihres Palma-Aufenthalts „einen Kaffee mit Mayte trinken zu können”.
Sie ist viel herumgekommen, nachdem sie im Anschluss an ihr Musikstudium an den Konservatorien von Newcastle und Sydney den Kontinent verlassen hat. In Spanien, Österreich, den USA, hat sie gelebt und ihr Geld unter anderem als Jazz-Pianistin verdient. Bis sie Anfang der 80er in Hamburg landete und blieb. Die „Erforschung der eigenen Kreativiät und Musikalität” steht weiterhin im Mittelpunkt ihrer Arbeit, eine große „Solo-Karriere” hat sie nie angestrebt. Als Studio-Sängerin von Dieter Bohlen bis Howard Carpendale hat sie gearbeitet, im Wiener Musical „Les Miserables” spielte sie die „Eponine”, sie lehrt, textet, komponiert und singt: „Ich liebe die künstlerische Vielseitigkeit.”
Ein Auftritt in der Hamburger Fabrik Ende 2005 brachte ihr Leben vorerst richtig durcheinander. Markus „Fastfinger” Schmidt, Gitarre- und Banjo-Spieler bei „Texas Lightning”, sprach sie nach dem Konzert an: „Wir suchen eine Lead-Sängerin.” Am nächsten Tag stand Jane Comerford mit den restlichen Mitgliedern – Gitarrist Jon Flemming Olsen („The Flame”), Bassist Uwe Frenzel („Friendly”) und Drummer Olli Dittrich („Ringofire”) - im Proberaum. Eine „Feierabendkapelle” wollten sie eigentlich werden, doch daraus wurde nichts: Beim ersten Gig entdeckte sie eine Plattenfirma. Bereits am 9. März 2006 gewann „Texas Lightning” den deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest, am 20. Mai stand die Band in Athen vor einem „300 Millionen-Publikum”: „Unglaublich erschreckende Zahlen”, so Jane Comerford.
Was sie macht, macht sie professionell - und mit viel Herz. Auch das Lied „No, no never” schrieb sie aus sehr privatem Anlass. Der Vater ihrer Nichte war gestorben, deren Trauer inspirierte sie zu den Zeilen: „Nie, niemals werde ich dich allein weinen lassen; nie, niemals werde ich den Hörer nicht abnehmen, wenn du anrufst.” Diese Authentizität zwischen Melancholie und Hoffnung, die auch den Charme des Songs ausmacht, ist Teil ihrer Persönlichkeit. Ihre Ideale kann Jane Comerford nun mal nicht aufgeben. Nie und nimmer.