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Vibrierende Bekanntschaften

La Maleta Roja will Frauen sexuell auf die Sprünge helfen. „Raus aus der Routine”

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Die Arbeit von „Claudia” und „Marta” ähnelt im weitesten Sinne der einer Avon-Beraterin oder Tupperware-Vertreterin. Nicht nur, weil Duftstoffe und jede Menge Plastikartikel ihr Sortiment bestimmen. Kaufen kann man nur zu Hause. Die Kundschaft ist überwiegend weiblich. Ihr Markenzeichen ist ein roter Koffer. Selbst wenn ihr „Maleta Roja” die üblichen Handgepäckmaße nicht sprengen würde, würden die beiden Mitvierzigerinnen das brisante Gepäckstück bei einer Flugreise aufgeben. Der Inhalt ihres Koffers gilt auch noch im 21. Jahrhundert in weiten Gesellschaftskreisen als hochexplosiv, wenngleich im übertragenen Sinne.

Die tabubelegte Ware ist lediglich für „konspirative Gruppen” bestimmt, die vorab einen Termin vereinbart haben. Nur in vertrauter Runde wird das Geheimnis gelüftet. Aber richtig geheim ist es dann nicht mehr. Die Leute wissen, worum es geht. Es geht im weitesten Sinne um Sex und Erotik. Sex mit sich selbst, Sex mit dem Partner, und um mehr Erfüllung im Liebesleben überhaupt.

Es ist Samstag, 19 Uhr. Das Licht im vierten Stock der Calle Gabriel Alzamaro ist gedämpft. Knapp ein Dutzend miteinander bekannte Frauen machen es sich um den Tisch ihrer Gastgeberin bequem. Alle kamen pünktlich. Manche sind nervös. Des heißen Sortiments wegen. Und wegen des Journalisten auch.

Auf dem Tisch sind um die 60 Produkte drapiert. Öle, Parfums, stimulierende Badesalze, aphrodisierende Substanzen, Reizwäsche, die ohne Stoff auszukommen scheint, chinesische Kugeln, Federn, Masken, Vibratoren in allen Größen, Formen und Farben. „Alles Qualitätsartikel”, betont „Claudia”, die ebenso wenig Claudia heißt wie „Marta” Marta. Ihren wirklichen Namen wollen sie lieber nicht in der Zeitung haben. Das Finanzamt ist nicht das Problem. Die Arbeitskollegen sind es. Der Wohnzimmer-Verkauf von Erotikartikeln ist nur ein Nebenverdienst. Die beiden Beraterinnen in Sachen Lust und sexueller Freude stehen bei einem öffentlichen Arbeitgeber auf der Gehaltsliste, und Kinder haben sie auch.

Jede Teilnehmerin bekommt nun einen Bestellzettel, auf dem die komplette Produktpalette, die in den kommenden zweieinhalb bis drei Stunden vorgestellt wird, aufgelistet ist. Dem Pressemann wird freundlich zu verstehen gegeben, dass der weitere Verlauf der Veranstaltung ohne ihn ein wenig entspannter vonstattengehe und er sich jetzt von der versammelten Damenwelt zu verabschieden habe, will er nicht das Peitschchen spüren, das auf dem Tisch auf Käuferinnen wartet.

„Man muss den Frauen die Tabus nehmen und ihnen erklären, dass der Mann allein nicht für das weibliche Sexualglück verantwortlich ist”, sagt „Claudia” in der Küche, während „Marta” im Wohnzimmer mit der Präsentation beginnt. Vor etwa einem Jahr haben sich die beiden der „La Maleta Roja” angeschlossen, die auf einer Art Franchising-Basis ihre Idee und ihre Produkte vertreibt. 32 rote Koffer werden in Spanien bisher von Tür zu Tür geschleppt. Einer davon macht auf Mallorca die Runde.

„Bislang haben wir rund 600 Frauen auf der ganzen Insel beraten”, sagt „Claudia” und legt dabei großen Wert auf das Wort beraten. „Wir geben bei unseren Hausbesuchen Produktinfos und nehmen vielen die Hemmschwelle.” Bis zu drei Termine stehen bei „Claudia” und „Marta” pro Woche an. Mindestens acht Personen müssen sich zusammentun, damit der rote Koffer ausgepackt wird. „Normalerweise sind es Frauen im mittleren Alter, manchmal aber auch 25oder 75-Jährige, die an uns herantreten. Ganz selten Paare.” Männer ohne ihre Partnerinnen entsprechen nicht der Zielgruppe.

„Wir wollen den Frauen zu einem besseren Sexualleben verhelfen.” Aber eigentlich gehe es um mehr als nur um Sex. „Raus aus dem klassischen Rollenverhalten, raus aus der Routine.” Klar würden auch Vibratoren verkauft, aber meist bevorzugten die Kundinnen sinnlichere Produkte.

„Wir werden immer gastfreundlich und interessiert empfangen. Und wir verkaufen auch immer etwas.” Sollte ein Mindestumsatz von 350 Euro pro Präsentation nicht erreicht werden, müsse jedoch eine Unkostenpauschale von fünf Euro pro Teilnehmer erhoben werden.

Mehr Informationen und Kontaktaufnahme unter www.lamaletaroja.com

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