Auf Mallorca herrscht Fieber – das Barceló-Fieber. Allein am ersten Wochenende nach der feierlichen Einweihung der Kapelle El Santisimo in der Kathedrale von Palma kamen mehr als 5000 Menschen in die Inselhauptstadt, um das viel besprochene Werk des Künstlers aus Felanitx, Miquel Barceló, zu sehen.
In etlichen Dörfern wurden Sonderfahrten für Senioren und Schüler nach Palma organisiert. Mallorca ist zur Zeit vornehmlich von Kunstexperten bewohnt. Nicht umsonst haben fast alle hiesigen Medien anlässlich der Einweihung Sonderausgaben produziert.
Doch die Auskleidung einer Kapelle mit Keramik, die Gestaltung der neuen, sehr ungewohnten Kirchenfenster in einer der wichtigsten gotischen Kirchen Europas wird weitere Kreise ziehen. Immerhin 150 Journalisten – auch aus Spanien und zahlreichen europäischen Ländern – waren zur Eröffnung akkreditiert. Sie wären vermutlich nicht ganz so zahlreich erschienen, hätten sich nicht die spanischen Könige, Don Juan Carlos und Doña Sofía die Ehre gegeben – sowohl bei der Messe und Weihe in der Kathedrale als auch bei der Einweihung der Skulptur des Architekten Santiago Calatrava im Museum für Moderne und Zeitgenössische Kunst Es Baluard. Immerhin tragen sie die Nachricht von der neuen Kunst auf Mallorca in alle Welt.
Barceló ist für die Insel ein Glücksfall. Die Tatsache, dass gerade er für die Gestaltung der Kapelle ausgewählt wurde, gibt den Mallorquinern das Gefühl, auf einen Künstler aus Mallorca stolz sein zu dürfen. Und sie empfinden eine berechtigte Genugtuung darüber, dass einer der Ihren zeitgenössische Kunst in ihr Gotteshaus eingebracht hat.
Gleichzeitig hat Miquel Barceló aber auch ein nicht zu unterschätzendes internationales Renommee: Der Künstler steht für Avantgarde, für Unangepasstheit, für Innovation. Und für sehr viel Kreativität. Er war documenta–Teilnehmer, wird in den großen Auktionshäusern hoch gehandelt, ist in internationalen Museen und Sammlungen zu finden. Und die Galerien reißen sich um ihn. Das macht ihn für Redakteure der Reiseseiten und Feuilletons großer spanischer und europäischer Zeitungen interessant.
Dabei wird ebenso die Skulptur von Santiago Calatrava erwähnt werden. Spricht man über Mallorca im Zusammenhang mit Kunst, ist das ein weiterer Schritt hin zum Qualitätstourismus, der sich damit künftig nicht allein durch Golf und Yachten oder durch den Wohlstand der Prominenz definiert. Palma – eine Stadt der Kunst? Die Frage muss mit JA beantwortet werden. Nicht umsonst wird die Messe Art Cologne im September auch in der Inselhauptstadt stattfinden.