Mallorca - Die Bewohner von Andratx sind erneut nicht gut auf ihren Bürgermeister zu sprechen. Zumindest jene, die außerhalb der Ortskerne in den Urbanisationen wohnen. Schon wieder stinkt es in der Gemeinde gewaltig. Dieses Mal im wahrsten Sinne des Wortes.
„Vor gut einer Woche hat das Rathaus in einer Nacht– und-Nebel-Aktion alle Müllcontainer aus unserer Siedlung Puig de s'Espart entfernt. Wir müssen jetzt bis zum Sporthafen runterfahren, um unseren Abfall zu entsorgen. Wofür bezahlen wir eigentlich Müllgebühren?”, entzürnt sich Herbert Wolfram. Seit über 20 Jahren lebt er mit seiner Frau Corinna auf der Insel, aber so etwas sei ihm bisher noch nie untergekommen.
„Bislang standen die Müllcontainer in den Straßen und niemand hatte es richtig weit.” Jetzt befänden sich die nächstgelegenen Tonnen beim Club de Vela. „Wer kein Auto hat, oder nicht fahren kann, muss je nach Wohnlage bis zu 15 Minuten weit gehen, um seinen Abfall zu entsorgen. Und dann dieselbe Strecke bergauf zurück.” Manche bestellten sich extra für die Müllbeseitigung ein Taxi.
Dort, wo früher der Container stand, habe das Rathaus lediglich einen Zettel angebracht, auf dem der neue Standort angezeigt gewesen sei. Weitere Informationen oder ein erklärendes Anschreiben an die Betroffenen habe es nicht gegeben.
„Wir haben ja noch relativ Glück, aber es gibt zahlreiche gebrechliche Nachbarn, die nicht mit ihren Mülltüten unterm Arm zum Hafen runtergehen können.” Dementsprechend sehe es inzwischen auch in den Straßen aus. „Hier ist alles zugemüllt. Ratten huschen hin und her. Möwen zerfleddern laut kreischend die Abfälle.”
„Angeblich”, so Herbert Wolfram weiter, „fürchtet das Rathaus, dass die Müll– autos in den steilen Steigungen Schaden nehmen könnten.” Zumindest habe man dies als Grund angeführt, um die aufgebrachten Leute zu beschwichtigen.
Herbert Wolfram und seine Nachbarn sind nicht die einzigen deutschsprachigen Betroffenen. Auch aus den Urbanisationen La Mola und Cala Llamp gingen in der MM-Redaktion Beschwerden ein.
„Alles Unfug”, sagt der Pressesprecher der Gemeinde barsch. „Außerdem haben wir überhaupt keine Müllcontainer entfernt. Wir haben sie lediglich umgesetzt.” Die Rathaus-Experten, so Diego Feliu, hätten sich intensiv mit der Müllproblematik befasst, und entschieden, dass es für alle besser sei, die Container aus den Straßen der Urbanisationen zu verbannen und sie an den Zufahrten der Siedlungen zu postieren. „Beim Müll kann man es ohnehin niemandem recht machen. Der, der den Container vor der Haustüre hat, ist nie erfreut. Aber alle wollen einen gleich um die Ecke haben.” Durch das Nichtrespektieren der Füllzeiten sei es auch jahrelang zu Beschwerden gekommen. Vor allem im Sommer, wenn der morgens eingeworfene Müll den ganzen Tag vor sich hin stinke.
Mit der Zentralisierung der Container könnten diese auf die Bedürfnisse der Urbanisationen volumenmäßig besser abgestimmt sowie schneller und effizienter geleert werden. Außerdem habe man die alten Container durch 550 neue und zeitgemäße Behältnisse ersetzt.
Julia Kurth fände es deutlich bequemer, sich ihrer Mülltüten in Hausnähe zu entledigen. Aber die 24-Jährige betrachtet die neue Situation von der sportlich-pragmatischen Seite. „Jetzt gehe ich halt einfach mit meinem Hund und den Tüten Gassi.”