Die Entscheidung über den Gewinner der Fußballmeisterschaft hat in Spanien nationale Bedeutung. Zumindest dann, wenn sich Real Madrid und der FC Barcelona gegenüberstehen. Welcher der beiden zutiefts verfeindeten Klubs den Titel holt, entscheidet sich am Sonntag (17. Juni, 21 Uhr). Seit Tagen beherrscht das Fernduell die Schlagzeilen, das Land ist wie elektrisiert.
Auch unter den Mallorquinern lässt die Frage kaum jemanden kalt, ob die „Königlichen” zum ersten Mal seit 2003 wieder Meister werden, oder ob Barça in letzter Sekunde doch noch den Titel verteidigen kann. Nicht nur, weil die beiden Großklubs auch hier massenhaft Anhänger haben, sondern vor allem, weil ausgerechnet Real Mallorca die entscheidende Rolle spielt: Die Inselfußballer müssen in der Hauptstadt antreten und können Real Madrid die schon fest eingeplante Meisterfeier noch verpatzen.
Dass es um viel mehr geht, als nur um stinknormalen Fußball, war schon am vergangenen Spieltag nicht zu übersehen, als die Spieler von Real Madrid mit dem 2:2 in Saragossa in letzter Sekunde die Tabellenführung vor dem FC Barcelona retten konnten und anschließend über den Platz tollten, als sei ihnen der Titel schon nicht mehr zu nehmen.
Selbst Klubchef Ramón Calderón stieg von seinem Logensitz herab und hüpfte minutenlang jubelnd vor der Anhängerschar seines Klubs herum – was bei Real Mallorca gar nicht gut ankam.
Die vorgezogene Meisterfeier des Hauptstadtklubs dürfte Real Mallorca als Anreiz dienen, im Estadio Santiago Bernabeu die Punkte nicht ohne Gegenwehr herzugeben. Dass diese Motivation ausreicht, scheint man beim FC Barcelona jedoch zu bezweifeln. Die Katalanen können nach dem 2:2 am vergangenen Wochenende im Stadtduell gegen Espanyol Barcelona nur Meister werden, wenn Mallorca dem Konkurrenten Punkte abnimmt. Und so soll Barça den Inselkickern ein kaum auszuschlagendes Angebot gemacht haben: Laut Informationen der Sportzeitung „Marca” wollen die Katalanen zwei Millionen Euro als Prämie springen lassen, falls Real Mallorca ihnen zum Titel verhilft.
Zwar ließen die Dementis sowohl aus der katalanischen Hauptstadt als auch vom Inselklub nicht auf sich warten, allerdings ist es ein offenes Geheimnis, dass in der Endphase der spanischen Fußballsaison regelmäßig Geldkoffer die Besitzer wechseln. Barças argentinischer Angreifer Lionel Messi forderte denn auch ganz unverhohlen, sein Klub solle Mallorcas Kickern doch ein Angebot unterbreiten, damit diese sich noch einmal richtig reinhängen, obwohl es sportlich für sie um nichts mehr geht.
Real Mallorcas Präsident Vicenç Grande ist dem offenbar auch gar nicht abgeneigt: „Es sollte endlich mal geprüft werden, ob diese Prämien legal oder illegal sind”, ließ sich der erfolgreiche Bauunternehmer in dieser Woche zitieren. Die Frage nach der Rechtmäßigkeit ist allerdings längst beantwortet. Die Statuten des spanischen Fußballverbandes verbieten Geldzahlungen Dritter – auch wenn sie als Anreiz für besonders gute Leistungen dienen sollen.
Besonders prekär macht die Lage, dass am Ende möglicherweise keiner der beiden Großklubs jubelt, sondern der FC Sevilla der lachende Dritte ist. Die Andalusier hoffen als Außenseiter auf dem dritten Tabellenplatz auf Patzer der Konkurrenz.
Nur wenn sich tatsächlich der Klub mit dem deutschen Andreas Hinkel durchsetzen sollte, wird Palmas Innenstadt am Sonntagabend wohl nicht Schauplatz einer Meisterfeier. Denn „Sevillistas” gibt es auf Mallorca nur recht wenige. Sowohl Madrid als auch Barcelona dagegen gehören auf Mallorca zu den beliebtesten Klubs: Mit 21 Fanklubs haben die „Königlichen” die Nase auf der Insel knapp vor Barça (19).
Aber egal, wie es am Ende ausgeht, Sieg oder Niederlage, mit oder ohne Prämie – Real Mallorca wird sich den Zorn vieler Spanier zuziehen. Und so hätte Abwehrchef José Nunes auf den ganzen Rummel lieber verzichtet: „Das halbe Land wird sauer auf uns sein. Ich würde lieber gegen jemanden spielen, für den es um nichts mehr geht.”