VON ALEXANDER
SEPASGOSARIAN
Spanien ist nicht nur die Wiege des Stierkampfes und der Tortilla.
Die Menschheit verdankt dem Königreich auch eine Erfindung, die wie
keine andere die Welt der häuslichen Hygiene revolutionierte: Vor
50 Jahren wurde in Aragonien der Wischmopp, spanisch „Fregona”,
erfunden.
Die Kombination aus Baumwollfransen am Besenstil samt einer
Vorrichtung zum Auswringen des Mopps direkt am Putzeimer war so
simpel wie bahnbrechend zugleich: Die Erfindung kam faktisch einer
Befreiung der Frau gleich. Denn mit der Fregona hatte das Scheuern
der Fußböden auf Knien bald ein Ende. Die Spanierinnen konnten sich
erheben und die Böden fortan im Stehen feucht wischen. Damit kamen
sie in der Urheimat der Machos auf Augenhöhe mit dem starken
Geschlecht, und im Zuge der sich immer stärker durchsetzenden
Gleichberechtigung drückten sie den Herren der Schöpfung am Ende
gar selbst Eimer und Wisch mopp in die Hand.
Das Reinigungsgerät ist somit ein Stück spanische Kultur– und
Sozialgeschichte. Seit 1957 verkaufte sich die Fregona „Made in
Spain” weltweit über 100 Millionen Mal. Als eines der
erfolgreichsten Indus trieprodukte der Nation (neben den Lollis von
Chupa-Chups) hat der wirre Wischer in Madrid und Barcelona museale
Ehrenplätze gefunden. Das Mopp-Set samt Eimer ist darüber hinaus
Teil der offiziellen Wanderausstellung „Spanish Design” im
Ausland.
Anlässlich des Jubiläums wird in aragonesischen Lokalzeitungen
ein Streit ausgetragen, wer der Erste war, der die Fregona aus dem
Putzeimer hob. Als Väter des Mopps kommen Manuel Jalón und/oder
Emilio Bellvis, mittlerweile verstorben, in Frage. Der
Flugzeugingenieur und der Mechaniker lernen sich 1956 auf dem
spanischen Luftwaffenstützpunkt Valenzuela kennen. Irgendwie kommen
sie auf die Idee, in die Lappen, mit denen die Hangars gewischt
werden, einen Holzstab zu stecken. In Bellvis' eigener
Autowerkstatt tüftelten sie weiter, entwickelten einen Eimer mit
zwei darüber angebrachten Klemmrollen. Zog man dort die
Wischfransen hindurch, troff das Wasser in den Eimer ab.
Jalón gründete 1958 in Saragossa die Firma Manufacturas Rodex,
Bellvis fungierte als Geschäftspartner. Heute zählt das Unternehmen
150 Mitarbeiter, seit Ende der 1980er Jahre gehört es zum
niederländischen Konzern für Gebrauchsgüter, Curver.
Die damalige Erfindung wies jedoch noch Kinderkrankheiten auf, die
Rollen brachen leicht ab. 1964 ließ Manuel Jalón ein neues System
patentieren. Es handelte sich um ein trichterförmiges Sieb, in dem
der Mopp um seine eigene Achse gedreht und auf diese Weise
ausgewrungen wird. Das System ist bis heute unverändert, nur die
Fransen werden mit Mikrofasern immer innovativer.
Ende 1984 läuft der Patentschutz aus, 1985 startet in Deutschland Wischmopp-Pionier Vileda mit einem eigenen Produkt. In wenigen Jahren wird der Markenname zur Bezeichnung für die franseligen Wischer schlechthin.
Doch schon vorher hatten deutsche Touristinnen in Spanien die Fregona entdeckt: In den 70er Jahren beobachtete Martha Kaaden auf Mallorca, wie reife spanische Damen mit la ckierten Fingernägeln und onduliertem Haar lässig den Wischer im Hauseingang über die Fliesen schwangen, ohne sich dabei die Hände nass zu machen. Der Mopp stieß leicht in jeden Winkel vor, und schon war die Arbeit erledigt, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Urlauberin Kaaden war beeindruckt. Auf einen solchen „Madama-Wedel” wollte sie nicht mehr verzichten. Beim Rückflug gingen Mopp und Abtropftrichter mit an Bord. So wurde die Fregona sogar zum Souvenir. j