Wie im Werbespot für die bekannte Kopfschmerztablette, die man – nach Besuch des Fitness-Studios (!) – doch bitte auch bei jeder anderen Art von Schmerz (Glieder? Muskelkater? Egal!) flugs einwerfen möge: Alltagsdoping ist unter uns. Das gilt auch für Diätprodukte und Appetitzügler, Vitamintabletten, Potenzmittel oder Energy-Drinks: Alle wollen an die Spitze, und das so schnell wie möglich – koste es, was es wolle.
Das Geschäft mit den käuflichen Beschleunigern boomt – gerade und leider wohl auch auf Mallorca – , auf der Strecke bleibt die Gesundheit. Probleme kaschieren, Leistung erhöhen: Die richtige Pille wird's schon richten. Nicht nur in China pushen Eltern die Durchhaltekraft des Nachwuchses mit Medikamenten, damit sie einen der begehrten Uni-Plätze abkriegen. Das Schlagwort auch in unserer Leistungsgesellschaft heißt „Machbarkeit”. Ob Muskeln oder schlanke Linie, Potenz oder Siegertreppchen. Die beiden wichtigsten Fragen zum ersehnten Ziel lauten: Wie schnell? Und: Was kostet's?
Der Weg ist das Ziel: Dieser alte Satz, der einmal Weisheit verkörperte, ist zur Farce degradiert, die Tour de France ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Keine Frage: Auch allen unsportlichen Menschen verlangt der Alltag viel ab, wer auf Dauer nicht mithält, dem droht das soziale Abseits. Und so werden es immer mehr, die das Hamsterrad des Wettbewerbs auf Touren bringen. Wer dabei nicht rausfallen will, der greift nicht zur Bremse – sondern zum künstlichen Beschleuniger.
Der vermeintliche Problemlöser Doping schafft eher neue: Die Deutsche Gesellschaft für Suchtgefahren rechnet heute mit 1'4 bis 1'9 Millionen Medikamentenabhängigen. In einer bayerischen Studie geben vier Prozent der Befragten zwischen zwölf und 24 Jahren an, regelmäßig Medikamente zu nehmen: gegen „Stress und Frust”. Anabolika, die offen in Studios gehandelt werden und hohe Risiken bergen, sind ein weiteres Signal. Ganz ohne Doping geht es wohl kaum noch, vom Kaffee bis zur Aspirin bei jedem Zipperlein. Nur: Der Weg aus der Abwärtsspirale beginnt beim Einzelnen. Und sei es bei der Frage, ob sie nun wirklich hilft: die Pille davor.